Der Wüstensklave. J. D. Möckli

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Название Der Wüstensklave
Автор произведения J. D. Möckli
Жанр Языкознание
Серия Wüstensklave
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742741554



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ist Anfang Frühling in Izusan. Kai ist gerade dabei einer Kundin einen Ballen roten Seidenstoffes einzupacken, als sein alter Freund Yusaku Saburo in den kleinen Laden kommt.

      »Hallo, Yu. Ich bin gleich für dich da.« Kai winkt ihm kurz zu. »Bitteschön, Madame. Das wären dann dreißig Silbermünzen.« Freundlich lächelnd sieht er die ältere Dame an. Wieder eine dieser reichen Frauen, die gekonnt ignorieren, dass eine so rote Seide eher für die jüngere Generation geeignet ist.

      »Wie immer sind ihre Preise sehr stolz«, seufzt die Kundin theatralisch, nimmt aber trotzdem ihren Geldbeutel und zählt die Münzen ab. »Hier bitte, junger Mann.«

      Die Münzen unauffällig abzählend, legt Kai die Silbermünzen in seine Kasse. »Es war mir wie immer eine Freude.« Mit einem professionellen Lächeln übergibt er der Sklavin der Kundin den schweren Stoffballen. »Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag, Madame Hino.«

      Er begleitet die Kundin bis zur Tür, die er ihr mit einer leichten Verbeugung öffnet. »Auf Wiedersehen, Madame Hino.«

      Mit einem erleichterten Seufzen, dass er die anstrengende Kundin zufriedenstellen konnte, lehnt er sich schließlich an die geschlossene Tür.

      »Na, du Armer? Hat dich die alte Schachtel mal wieder sämtliche Nerven gekostet?« Yusaku sieht ihn grinsend an.

      »Dafür müsste ich noch Nerven haben.« Müde fährt sich Kai durch seine dunkelbraunen Haare. »Was führt dich denn zu mir? Brauchst du mal wieder Lederreste für deine Schmiede?« Er mustert seinen alten Freund fragend, während er einen großen Schluck Wasser aus der Glaskaraffe nimmt.

      »Nein. Mein Gehilfe ist abgehauen, darum brauche ich jetzt deine Hilfe.« Yusaku sieht seinen gerade mal einen Meter sechzig großen Freund bittend an.

      Erstaunt lässt Kai die Karaffe sinken. »Und wie soll ich dir helfen? Von Hufeisen und dem ganzen Zeug verstehe ich rein gar nichts.«

      »Darum bitte ich dich auch nicht. Ich dachte, dass ich mir für die Arbeit in der Schmiede einen Sklaven zulege.«

      Wenn Kai noch Wasser im Mund gehabt hätte, hätte Yusaku jetzt bestimmt eine Dusche bekommen. »Du willst was?«

      »Du hast mich schon richtig verstanden. Und wer weiß, vielleicht steigt mein Ansehen ja, wenn ich mir einen Sklaven zulege.«

      Darüber müssen beide lachen, auch wenn es eigentlich traurig ist.

      »Als ob dir das wichtig wäre«, meint Kai grinsend. Dann wird er aber wieder ernst: »Und wobei brauchst du jetzt meine Hilfe?« Leicht misstrauisch neigt er seinen Kopf zur Seite.

      »Na ja …« Verlegen fährt sich Yusaku durch seine blonden Haare. »Du bist doch so gut im Handeln und ich dachte, dass du mich eventuell am Samstag auf den Sklavenmarkt begleiten könntest.« Da er weiß, dass Kai nicht allzu viel von solchen Märkten hält, vermeidet er es, in die Richtung seines Freundes zu blicken.

      Der schüttelt seufzend mit dem Kopf. »Ach Yu. Ich habe doch von Sklaven genauso viel Ahnung wie du.«

      Überrascht sieht Yusaku auf. Den Tonfall kennt er nur zu gut: Er bedeutet, dass Kai ihm helfen wird.

      »Ich kann den Laden am Samstag ab Mittag Großvater überlassen. Ich komme dann zum Markt.«

      Dankbar strahlt Yusaku seinen ältesten und besten Freund an und ehe sich Kai versieht, wird er in eine schraubstockartige Umarmung gezogen. »Du bist der beste Freund, den ich mir nur wünschen kann.« Grinsend entlässt er den Kleineren aus seinem Griff. »Also, ich muss wieder los. Das Teufelsross vom Banker wartet noch auf seine neuen Schuhe. Wir sehen uns am Samstag. Grüß deinen Großvater von mir.« Winkend geht er zur Tür und reißt diese fast der nächsten Kundin aus der Hand.

      »Ja, mach ich. Wir sehen uns, Yu.« Amüsiert muss Kai über seinen kindsköpfigen Freund grinsen, ehe er wieder sein professionelles Lächeln aufsetzt und sich seiner neuen Kundin zuwendet.

      Die sieht sich gerade mit ihrer Sklavin im Laden um, wobei Letztere dies mit einem demütig gesenkten Blick tut.

      »Mademoiselle, womit kann ich Ihnen eine Freude bereiten?« Auch wenn Kai nur ein paar Worte Französisch beherrscht, benutzt er meistens diese Sprache. Besonders seine Kundinnen fühlen sich dann wie etwas Besseres und bezahlen interessanterweise auch gerne mal einen etwas höheren Preis.

      »Ich weiß nicht, ich suche einen Stoff, der zu mir passt. Was würden Sie mir denn empfehlen?«

      Nachdenklich mustert Kai die junge Dame vor sich. »Es kommt natürlich darauf an, was Sie ausgeben möchten und zu welchem Anlass Sie ein Kleid brauchen.«

      »Ich suche einen Stoff für meinen Geburtstag zur Volljährigkeit. Bezahlen kann ich maximal fünfzehn Silbermünzen.«

      Arrogant reckt sie ihr Kinn noch ein Stück weiter nach oben, was Kai innerlich die Augen verdrehen lässt. Anmerken lässt er sich aber nichts. »Dann kann ich Ihnen diesen wunderschön bestickten Baumwollstoff empfehlen. Er ist aus so dünnem Garn gewebt, dass ihn das ungeübte Auge auf den ersten Blick für Seide halten könnte. Allerdings müssen Sie ihn in die Hände einer erfahrenen Schneiderin geben, die das Muster auch perfekt für Ihr Kleid ausnutzen kann.« Er zeigt ihr den Ballen himmelblauen Stoffes, der mit einem hauchzarten weißen Muster bestickt ist. »Das Blau würde zudem Ihre Augen noch mehr zum Strahlen bringen«, preist er den Ballen weiter an.

      Kritisch beäugt und betastet die junge Dame den Stoff. »Und wie viel soll der Ballen kosten?«

      Jetzt hat er sie. Sobald die Damen nach dem Preis fragen, ist der Stoff so gut wie verkauft.

      »Normalerweise würde ich für den Ballen fünfzehn Silbermünzen verlangen, aber da Sie so eine reizende junge Dame sind und bestimmt ein ganz besonderes Kleid aus diesem Stoff zaubern werden, gebe ich ihn für gerademal dreizehn Silbermünzen her.« Lächelnd sieht er die Kundin an.

      »Na gut, ich nehme ihn«, meint sie, nachdem sie kurz mit sich gerungen hat.

      »Sie haben eine gute Wahl getroffen, Mademoiselle«, sagt Kai nun mit einem gespielten Lächeln.

      Mit geschickten Bewegungen rollt er den Ballen in Leinen ein, das ihm von der Weberei immer günstig verkauft wird, da es sich nur für einfache Sklavenkleidung oder eben zum Einwickeln edler Stoffe eignet.

      Immer noch lächelnd nimmt er die abgezählten Silbermünzen entgegen und legt sie einzeln in die Kasse. Dann gibt er der Sklavin den Stoffballen.

      »Es war mir eine Freude. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag, Mademoiselle.«

      Galant hält er den beiden die Tür auf, atmet jedoch erleichtert durch, als er diese wieder hinter sich schließt. Ihm sind die Kundinnen aus der Mittelschicht oder sogar aus der Unterschicht lieber, auch wenn er an sie nur einfache Leinen und Baumwollstoffe verkaufen kann.

      Die Sonne geht schon beinahe unter, als Kai endlich die Tür hinter der letzten Kundin abschließen kann. Müde reibt er sich den Nacken, während er zum Verkaufstresen geht. In diesem verwahrt er die Tageseinnahmen und das Wechselgeld in der verschließbaren Kasse. Der heutige Tag ist gut verlaufen, sodass es ihn mit Stolz erfüllt, als er die Kasse öffnet. Er ist gerade dabei die Münzen in einem roten Stoffbeutel zu verstauen, als sein Großvater Ren durch die Hintertür hereinkommt.

      »Hast du wieder die Pferde versorgt? Großvater, ich habe dir doch gesagt, dass ich das mache. Du hast den Heiler doch gehört! Du musst dich mit deinem Rücken schonen!« Missbilligend sieht Kai zu dem alten Mann, der ihn aber nur frech angrinst.

      »Ach Papperlapapp, der alte Quacksalber hat doch keine Ahnung. Außerdem habe ich die beiden nur gefüttert und ein wenig gestriegelt. Das Ausmisten überlasse ich gern dir. Du weißt ja, mein Rücken.«

      Die Augen verdrehend wendet sich Kai wieder den Einnahmen zu. Das ist wieder mal typisch für seinen Großvater. Einerseits macht er was er will und ignoriert die Anweisungen des Heilers, andererseits verweist er immer auf seinen Rücken, sobald es um die ungeliebten Arbeiten geht.

      Als er den