Die Affäre Mollenkopf. Irene Dorfner

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Название Die Affäre Mollenkopf
Автор произведения Irene Dorfner
Жанр Языкознание
Серия Leo Schwartz
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847671220



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Industrielaminat, bei dem vor allem zwischen den Fugen immer noch jede Menge Blutspuren, auch nach gründlicher Reinigung, gut nachweisbar sind. Mit Hilfe von Luminol ist das ein Kinderspiel. In unserem vorliegenden Fall wurde das Blut nur notdürftig aufgewischt, da scheint es jemand eilig gehabt zu haben. Die Blutspur führt vom Tresor nach dort hinten, und dann hier her, wo sich der größte Teil befindet. Die Spur kann man bis zur Hintertür verfolgen, allerdings ist dort unsere Arbeit noch nicht abgeschlossen. Ich dachte, es ist besser, Sie sofort zu rufen. Vor allem, nachdem der Besitzer Herr Mollenkopf uns darüber informiert hat, was aus dem Safe gestohlen wurde.“

      Viktoria blickte ihn fragend an.

      „Das ist nun wirklich nicht meine Arbeit! Sie sehen ja selbst, was wir hier alles noch zu tun haben. Ich darf Sie also bitten, Ihre Arbeit zu machen. Meinen Bericht bekommen Sie so schnell wie möglich,“ verwies er die Kriminalbeamten mit einer Handbewegung an eine Gruppe von fünf Personen, die nur wenige Meter entfernt zusammenstanden und sie beobachteten.

      „Viktoria Untermaier, Kriminalpolizei Mühldorf. Das sind die Kollegen Schwartz, Hiebler und Grössert. Sie sind der Inhaber?“

      „Herbert Mollenkopf, mein Name, mir gehört das Modehaus. Ich habe heute Morgen sofort bemerkt, dass etwas nicht stimmt. Die Hintertür war nur angelehnt. Ich habe umgehend nach dem Safe gesehen, der stand offen und war leer. Ich war total geschockt und habe die Polizei gerufen.“ Der sechzigjährige, untersetzte und sehr gepflegte Mann schwitzte stark und wischte sich fortwährend den Schweiß mit einem Stofftaschentuch von der Stirn. Alle bemerkten, dass das Taschentuch aus demselben Stoff war, wie die Krawatte. Herbert Mollenkopf hatte etwas Arrogantes, fast Unsympathisches an sich.

      „Was wurde gestohlen?“

      „Alles! Sehen Sie doch! Der Safe wurde aufgebrochen, alles ist weg. Das ist eine Katastrophe!“

      Herbert Mollenkopf war vollkommen aufgelöst und atmete schwer.

      „Wo können wir uns in Ruhe unterhalten?“ Mollenkopf ging voraus in ein Nebenzimmer, das sich als Aufenthaltsraum der Angestellten entpuppte. Der Raum war sehr klein und mit einem Tisch und drei Stühlen ausgestattet. An der Wand befand sich ein Waschbecken, neben dem in einem kleinen Schrank jede Menge Putzzeug untergebracht war. Auf dem Boden standen die Handtaschen der Angestellten, deren Jacken hingen über den Stühlen. Kein Fenster, keine Kaffeemaschine, kein Bild oder Dekoartikel. Hier machte es sicher keinen Spaß, Pause zu machen.

      Herbert Mollenkopf bemerkte Viktorias Blick.

      „Die Toilette ist im Treppenhaus. Nicht dass Sie glauben, das gäbe es bei uns nicht, das ist Vorschrift. Natürlich wäre es praktischer, wenn alles beieinander wäre, das ist leider nicht realisierbar. Das Gebäude ist sehr alt, schon seit über 100 Jahren im Familienbesitz und die Umbauarbeiten würden ein Vermögen verschlingen, ganz abgesehen von den Problemen mit dem Amt für Denkmalschutz.“

      Viktoria interessierte sich nicht für diese Details, deshalb war sie nicht hier.

      „Setzen wir uns. Was wurde nun genau gestohlen?“

      „Die Einnahmen der letzten Tage, rund 142.000 Euro. Eine Sammlung Goldmünzen im Wert von 20.000 Euro und der wertvolle Schmuck meiner Frau, dessen Wert ich noch nicht kenne. Während wir auf Sie und Ihre Kollegen gewartet haben, habe ich mich bereits mit der Versicherung in Verbindung gesetzt. Die genaue Aufstellung wurde mir noch für heute versprochen.“

      Das kam Viktoria sehr merkwürdig vor.

      „Sie sind versichert?“

      „Selbstverständlich! Fragen Sie mich nicht, wie hoch die Versicherungsprämie ist, die ich immer pünktlich bezahlt habe. Neben den Banken sind Versicherungen die größten Halsabschneider, die es gibt.“

      „Korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege. Bringt man Einnahmen nicht täglich auf die Bank? Und warum haben Sie Goldmünzen und Schmuck Ihrer Frau hier im Safe Ihres Geschäftes aufbewahrt?“

      „Ich handhabe das so und muss mich Ihnen gegenüber deshalb nicht rechtfertigen. Sie können die Bücher bezüglich der Einnahmen gerne prüfen, wenn Sie mir nicht glauben. Wir sind schon seit Generationen eines der besten Geschäfte am Platz und genießen hohes Ansehen. Meine Kunden sind keine Schnäppchenjäger, sondern gut situierte Personen aus der oberen Gesellschaftsschicht mit einem erlesenen Geschmack und natürlich mit einem Anspruch auf Qualität und Service. Außerdem handelt es sich um mein Geschäft und meinen Safe, da kann ich reinlegen, was ich möchte.“

      Ganz schön patzig, dieser Mollenkopf. Er war Kritik nicht gewohnt, das lag auf der Hand. Viktoria notierte die Angaben, wobei sie an diesen ihre Zweifel hatte.

      „Wir haben reichlich Blutspuren gefunden. Was können Sie mir darüber sagen?“

      „Blutspuren? War es das, was Sie sich vorhin so interessiert angesehen haben? Nein, bei uns gibt es keine Blutspuren und die hat es auch noch nie gegeben. Sie müssen sich irren, das ist nicht möglich.“

      Das wiederum klang für Viktoria sehr glaubhaft. Vielleicht wusste der Mann wirklich nichts davon.

      „Gab es in letzter Zeit irgendetwas Ungewöhnliches?“

      „Was meinen Sie damit?“

      „Sind Ihnen Kunden in oder vor dem Geschäft merkwürdig vorgekommen? Bekamen Sie ungewöhnliche Post oder irgendwelche dubiosen Anrufe?“

      „Nein, nichts dergleichen. Obwohl ich zugeben muss, dass ich mich nicht oft in dem Geschäftsraum aufhalte und mich um Kunden kümmere. Es sei denn, es sind ganz außergewöhnlich gute Kunden, da mache ich natürlich eine Ausnahme. Meistens bin ich in meinem Büro, hier im ersten Stock.“

      Viktoria hatte sich so etwas bereits gedacht, denn sie konnte sich diesen arroganten Mollenkopf nur sehr schwer als Verkäufer vorstellen.

      „Was ist hier noch in dem Haus untergebracht? Wohnen Sie auch hier?“

      „Aber nein, meine Frau und ich wohnen nicht hier. Wie bereits erwähnt ist das Haus schon sehr alt und wir haben uns deshalb vor knapp zwanzig Jahren ein Haus in Mühldorf gebaut, das wesentlich mehr Komfort und Bequemlichkeit bietet. Hier im Haus ist neben meinem Büro das meiner Sekretärin, das Lager, die Registratur und ein Raum mit Werbe- und Dekorationsmaterial untergebracht. Die anderen Räume stehen längst leer. Früher war Platz für drei Generationen. Hier lebten meine Eltern, Großeltern und meine Schwester, die leider schon verstorben ist, sowie natürlich meine Frau und ich. Aber die Zeiten haben sich nun mal geändert. Alle sind tot, nur meine Frau und ich leben noch.“

      Mollenkopf schien für einen Moment etwas wehmütig und die arrogante Fassade bröckelte, offenbar hatte er hier schöne Zeiten erlebt.

      „Was können Sie mir über Ihr Personal berichten? Ich habe vier Damen gesehen.“

      „Das ist zum einen Frau Heidi Schmidt. Sie ist meine Sekretärin und rechte Hand. Sie hat, wie ich, nichts mit dem Verkauf zu tun. Heidi arbeitet schon lange bei uns, genauer gesagt seit sechzehn Jahren. Sie ist sehr tüchtig, loyal und zuverlässig. Ich wüsste nicht, was ich ohne sie machen würde. Und dann haben wir noch die Käthe Hiendlmaier, sie ist am längsten in unserem Betrieb. Wir haben zusammen bei meinem seligen Herrn Vater gelernt und sie ist ebenfalls äußerst tüchtig und zuverlässig. Die Leitung der Geschäftsräume liegt im Grunde genommen in ihren Händen. Sie versteht es, mit Kunden umzugehen und sie genießt mein uneingeschränktes Vertrauen. Und dann ist da noch Petra Knabel. Sie ist die Jüngste in unserem Team, neunundzwanzig Jahre alt und erst seit eineinhalb Jahren bei uns. Mit ihr verstehe ich mich nicht immer gut. Ihre modernen Ansichten und ständigen Verbesserungsvorschläge nerven gewaltig.“

      Viktoria schrieb eifrig mit und wartete, doch Herbert Mollenkopf sah sie nur an.

      „Bis jetzt zähle ich drei Frauen, draußen standen aber vier?“

      „Jetzt verstehe ich, entschuldigen Sie bitte, wo war ich nur mit meinen Gedanken? Das Ganze nimmt mich doch ganz schön mit. Ich habe meine eigene Frau völlig vergessen.“

      „Was ist die Aufgabe Ihrer Frau?“

      „Sie