Название | SeelenFee - Buch Drei |
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Автор произведения | Axel Adamitzki |
Жанр | Языкознание |
Серия | SeelenFee |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753189260 |
»Nein, Bella, das will ich nicht. Lass uns lieber an heute und morgen denken. Wenn du möchtest.«
Bella lächelte kurz und kam einen Schritt näher. »Darf ich?«
Elektra nickte nur.
Und Bella fuhr kaum vernehmbar fort: »Du … du fehlst mir, Leeki. Du fehlst mir so entsetzlich. Ohne dich, nein, ohne uns möchte ich nicht sein. Ich liebe dich.«
Ich liebe dich. Diese drei Worte aus Bellas Mund. Sie ließen für den Moment alles vergessen.
»Komm her. Du fehlst mir doch auch.«
Und im Handumdrehen war Bella dann endlich neben ihr gewesen, und Elektra hatte die Bettdecke gehoben. »Komm ganz nah zu mir, aber vorsichtig.«
So lagen sie jetzt hier. Und bis auf die leisen und beinahe mantraartig wiederkehrenden Worte aus Bellas Mund – »Es tut mir leid, Leeki, es tut mir alles so furchtbar leid« – war es still. Selbst draußen war der Tag allmählich zur Ruhe gekommen.
Jählings nachdenklich geworden, blickte Elektra zur Zimmerdecke, die in der Zwischenzeit im Halbdunkel lag, während sie unaufhörlich ihre geliebte Bella streichelte.
Wie sehr hatte sie von diesem Moment geträumt, immer wieder. Wie sehr hatte sie auf diesen Moment gehofft und ihn sich ausgemalt. Immer und immer wieder. Wie viele schlaflose Nächte voller Tränen, voller Zweifel hatte sie hinter sich gebracht.
All das war vorbei. Bella lag endlich wieder neben ihr, aber …
Aber? Plötzlich schlich sich da tatsächlich ein Aber in ihre Gedanken.
Ein Aber, doch woher kam es?
Natürlich wollte sie nur noch an heute und morgen denken, dennoch spürte sie es deutlich, dieses vermaledeite Aber. Obwohl sie es nicht wahrhaben wollte, obwohl sie versuchte, es zu überhören, es abzuschütteln, ließ es sie nicht entkommen, kam es aus der Vergangenheit hervorgekrochen.
Wo war jetzt die Zuversicht, von der sie glaubte und hoffte, dass sie sie in sich trug, von der sie glaubte und hoffte, dass sie sich jedem Widerstand, auch einem einfachen Aber entgegenstellen würde?
Elektra wartete, doch da kam nichts. Waren all die Tränen umsonst geweint?
Nein, das wollte sie nicht. Und das durfte auch nicht sein.
Natürlich war sie dankbar für ihr neuerliches Glück, und ganz sicher war sie jetzt auch beseelt. Bella war wieder bei ihr, aber irgendwie nicht so, wie sie es erwartet, wie sie es sich ausgemalt hatte.
Irgendetwas hatte sich verändert – in ihr, mit ihr.
Ganz sicher wollte sie auf Bella nicht mehr verzichten, auch wollte sie Bella keine Vorwürfe machen, nicht heute und auch nicht später, denn sie, Elektra, war immer die Stärkere, die Erwachsene gewesen.
Doch war sie das wirklich?
Plötzlich, wie aus einem unbarmherzigen Dunkel heraus, stolperten ihr dann doch ein paar unliebsame Fragen durch den Kopf: Und beim nächsten Mal? Beim nächsten Streit? Was wird da sein? Wirst du wieder so unsagbar hilflos sein? Wirst du wieder nur deinem Schatten folgen? Wird sich alles wiederholen?
Halt! Schluss jetzt, all diese Gedanken sind blanker Unsinn.
»Nein, es wird ganz einfach kein nächstes Mal geben«, flüsterte sie vor sich hin.
Unbedarft hob Bella den Kopf und sah sie an. Und sie lächelte, schien von dem Kampf, der in Elektra tobte, nichts zu spüren.
Oder doch?
»Ja, das verspreche ich dir, Leeki, es wird kein nächstes Mal geben. Nie wieder werden wir uns trennen. Du bist mein Leben, Leeki.«
Ja, so war es, so ist es, so musste es sein, denn auch Bella war ihr Leben.
Und bald schon spürte sie, wie dieses Aber, dieser Widerstand, dieser Schatten, ihr Schatten, mehr und mehr an Kraft verlor, wie er gekränkt und mit hängenden Schultern seinen Platz weit hinten in ihren Gefühlen einnahm, wie er betroffen und schockiert den Kopf senkte.
Vorn lebte sie, Elektra. Leeki.
Endlich wieder.
Allein für Bella. Nur für Bella.
Was Elektra nicht spürte und auch nicht sah, war das weit geöffnete Gehör ihres Schattens, das selbst das kleinste Geräusch, das geringste Missfallen vernahm.
Er horchte und wartete.
29 – Sie musste ihn …
… beschützen. Weil er es allein nicht kann.
Ein Baby beschützte einen Mann, einen erwachsenen Mann, nein, mehr noch … den Vater. Weil er es allein nicht konnte.
Ist das nicht gänzlich absurd?
Und wie sie es tat: Diese schwarzen Augen und das Beben und am Ende das Aussehen einer Hundertjährigen, die alsdann ihre, Silvanas, Hilfe benötigte. Was für eine groteske Reihung von Unmöglichkeiten.
War das alles noch ein einfacher Traum gewesen? Oder war es am Ende einer realen Begebenheit entsprungen? Kein Traum, vergangene Wirklichkeit?
Das Aussehen einer Hundertjährigen. War das der versteckte Hinweis auf Rosas Fieber?
Und war Raymond tatsächlich mit Rosa hinter einem Deich am Meer gewesen? Hatte es dort diese Begegnung mit einer Frau in Weiß gegeben? Und war diese Frau am Ende Elektra gewesen?
Vielleicht, vielleicht war das alles so.
Und was war mit …?
Und endlich wagte sie sich auch an den letzten Teil, an den Teil, der gänzlich widersinnig schien: Georg und die Schatten.
Stumm lag Silvana in dem Bett im Schlafzimmer der Gästewohnung, und sie spürte, wie diese zwei Worte … die Schatten … etwas in ihr veränderten, etwas in ihr erwachen ließen. Die Schatten, lange nicht vernommen, kamen schleppend zurück. Und merkwürdigerweise erschreckte sie das nicht, mehr noch, sie ließen beinahe alles andere unwichtig werden. Zumindest für den Moment.
Und warum Georg? Warum war er es, der alles aufweckte?
Hatte Georg, dieser gänzlich fremde Mann, der mit wenigen Worten und Gesten bereits die Tochter in ihr geweckt hatte, sie so ergreifend beeindruckt? Oder gab es eine ganz andere Erklärung für all das Geträumte?
»Die Schatten, die du schon so lange kennst, sie sind dein Leben«, waren Worte, die sie wohl nie wieder vergessen würde, mehr noch, die ihr Kraft gaben, Kraft für ihr Leben – und die ihr Leben gänzlich verändern sollten.
Irgendwann in den nächsten Tagen würde sie das Gespräch mit Georg weiterführen müssen. Auch wenn er sie merkwürdig ansehen sollte.
Aber jetzt war eine andere Frage viel wichtiger: Wie geht es Rosa?
Eben schien es, als hätte sie das Fieber überwunden, was beinahe unmöglich war. Dennoch verwunderte Silvana das kaum noch, war doch an diesem Baby beinahe alles »unmöglich«.
Angestrengt horchte sie in die Stille. Und dann hörte sie ihn wieder und wieder, ihn, woran all ihre Hoffnung hing: Rosas leisen und regelmäßigen Atem. Sie schlief tief und fest.
Seit etwa zwei Stunden lag die kleine Prinzessin im Nebenzimmer wieder in ihrem Bettchen, auch das war Teil ihres Rituals … Dem Morgen begegnen wir im eigenen Bett.
»Ich lasse die Tür offen, meine Kleine. Ich bin nebenan, nah bei dir«, hatte Silvana noch gesagt, nachdem sie das Baby ein letztes Mal in der Nacht versorgt hatte. Und bald schon war Rosa in einen tiefen Schlaf gefallen. Das Fieber, wie und warum auch immer, schien tatsächlich überstanden. Dennoch … »Schlaf ist die beste Medizin«, war eine profane Weisheit nicht nur ihrer Mutter, die Silvana nun endlich immer ruhiger werden ließ. Für Minuten, nur für wenige Minuten.