Joseph Conrad: Das Ende vom Lied – Weihe – Hart of Darkness:. Joseph Conrad

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Название Joseph Conrad: Das Ende vom Lied – Weihe – Hart of Darkness:
Автор произведения Joseph Conrad
Жанр Документальная литература
Серия maritime gelbe Buchreihe
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783754176207



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Ende, dann eine andere, und er hatte seine dritte begonnen, bevor er ein Türchen entdeckt hatte, durch das er mit einiger Aussicht auf Erfolg durchschlüpfen konnte. Alles war so ungewöhnlich und geheimnisvoll; irgendetwas war in seiner nächsten Nähe vor sich gegangen, wie durch eine Kluft von dem Leben des Schiffes und seiner Arbeit getrennt, die beide dem Leben und der Arbeit auf anderen Küstendampfern dieser Klasse glichen.

      Dann machte er eines Tages seine Entdeckung.

      Er kam nach vielen Wochen scharfer Beobachtung und vielerlei Vermutungen ganz plötzlich darauf, wie einem oft blitzartig die langgesuchte Lösung des Rätsels einfällt. Allerdings nicht mit der gleichen, selbstverständlichen Sicherheit. Großer Gott im Himmel – konnte es das sein? Nachdem er einige Augenblicke wie vom Blitz gerührt dagestanden hatte, versuchte er die Erkenntnis mit Selbstverspottung abzuschütteln, als wäre sie das Ergebnis eines krankhaften Hanges zum Unglaublichen, Unerklärlichen, Unerhörten, zum Irrsinn!

       Diese blitzartige Erleuchtung war auf der vorhergehenden Reise während der Rückkehr erfolgt. Sie hatten eben eine Anlegestelle auf dem Festland, namens Pangu, verlassen und dampften gerade aus einer Bai hinaus. Im Osten versperrte ein massiges Vorgebirge die Aussicht, dessen Zacken und Risse von Büschen und dornigen Schlinggewächsen überwuchert waren. Der Wind begann in der Takelung zu pfeifen; die See längs der Küste, grün und über der Kimm wie leicht geschwollen, schien sich ein ums andere Mal in langsamem, dröhnendem Fall leewärts in den Schatten des Kaps zu ergießen. Vor den weiten Öffnungen schwammen die nächstliegenden Inselchen einer kleinen Gruppe in dem gelben Licht eines windigen Sonnenaufgangs. Weiter fort ragten die waldigen Gipfel anderer Inselchen, anderer Eilande reglos über die Wasser empor, die, von der Brise aufgerührt, durch die Engen tobten.

      Die gewöhnliche Route der „SOFALA“, sowohl für die Hin- wie für die Rückfahrt, führte ein paar Meilen weit an diesem klippenreichen Gebiet vorbei. Das Schiff folgte einer breiten Wasserstraße und ließ, eine nach der anderen, diese Krumen der Erdrinde hinter sich, die einem in wüstem Durcheinander auf Felsen und Bänken aufgefahrenen Geschwader von Hulken glichen.

      Oft brüteten die Windstillen der Küste, die langen toten Windstillen des Äquators, die reglosesten Windstillen, Tage und Wochen lang über der Inselgruppe, wie die Einkehrstimmung eines leidenschaftlichen Temperaments. An solchen Tagen verriet die leuchtende See mit keinem Anzeichen die Gefahren, die zu beiden Seiten an des Schiffes Rand lauerten. Alles lag still, wie niedergedrückt von der überwältigenden Macht des Lichts; und die ganze Gruppe, opalfarben im Sonnenschein – die Felsen, die Zinnen – die Spieren, die Burgruinen glichen; die Eilande, die an Bienenstöcke oder Maulwurfshügel erinnerten; die anderen in Form von Heuschobern oder efeuumwachsenen Türmen – sie alle spiegelten sich verkehrt in dem glatten Wasser, wie aus Ebenholz geschnitztes Spielzeug, das auf der silberigen Fläche eines Spiegels aufgestellt ist.

      Beim Einsetzen von stürmischem Wetter hüllte sich das Ganze sofort in den Gischt der Brechseen, der wie eine plötzlich entstandene Dampfwolke aufzischte; und in allen den schmalen Durchfahrten schien das klare Wasser richtig zu kochen. Die aufgerührte See zeigte durch einen wallenden Schaumgürtel die weitläufigen Grundfesten der Gruppe an; das unterseeische Trümmerfeld, das von der nahen Küste, die einmal herübergereicht hatte, übriggeblieben war und nun seine gefährlichen Ausläufer knapp unter Wasser bis weit in den Fahrweg hinein erstreckte und ringsum von mitunter meilenlangen Riffen starrte: todbringenden Riffen aus Schaum und Stein.

       An jenem Morgen während der vorhergehenden Reise, als die „SOFALA“ Pangu Bai frühzeitig verlassen hatte und Herrn Sternes Entdeckung wie eine unbegreiflich böse Blüte aus der Saat unwirklichen Misstrauens aufgehen sollte – an jenem Morgen also wehte kaum eine leichte Brise, doch auch diese hatte Gewalt genug, der See die Maske von dem ruhigen Gesicht zu reißen. Für Sterne, der gleichgültig zusah, war es wie eine Enthüllung gewesen, zum erstenmal die Gefahren durch die weißen Schaumflecke auf dem Wasser so deutlich angezeigt zu sehen, als wären sie auf der Karte eingetragen. Es kam ihm in den Sinn, dass dies das Wetter war, an dem ein Fremder am ehesten die Durchfahrt versuchen konnte: ein klarer Tag, eben windig genug, dass die See sich an jeder Klippe brach und so gleichsam das Fahrwasser zu beiden Seiten mit Bojen bezeichnete; während man sich bei Windstille nur auf den Kompass und die Schärfe der eigenen Augen verlassen konnte. Und doch hatten die aufeinanderfolgenden Kapitäne der „SOFALA“ das Schiff öfter als einmal bei Nacht durchführen müssen. Heutzutage konnte niemand es sich leisten, sechs oder sieben Stunden der Fahrzeit eines Dampfers zu opfern. Das konnte man nicht. Aber Gewohnheit ist ja alles, und mit der nötigen Vorsicht... Das Fahrwasser war breit und sicher genug; die Hauptsache war es, die Einfahrt im Dunklen richtig zu treffen – denn wer sich in das Gewirr von Brandung da drinnen verlor, der kam nie mit einem heilen Schiff heraus – wenn er überhaupt je herauskam.

      Das war Sternes letzte Gedankenreihe, unabhängig von der großen Entdeckung. Er hatte eben dem Zurren des Ankers zugesehen und war dann noch ein paar Augenblicke müßig vorn stehengeblieben. Der Kapitän war auf der Brücke auf Wache. Sterne hatte sich mit einem leichten Gähnen von der See abgewandt und mit den Schultern gegen den Fischdavit gelehnt.

      Dies waren recht eigentlich die letzten ruhigen Augenblicke, die er an Bord der „SOFALA“ durchleben sollte. Die ganze Zeit nachher sollte er unter dem quälenden Zwang eines Vorhabens und einer unerträglichen Verblüffung zu leiden haben. Keine Muße mehr, kein schweifender Gedanke; seine Entdeckung sollte ihn foltern, bis er sich manchmal wünschen würde, sie nie gemacht zu haben. Und doch, wenn seine Aussichten vorwärtszukommen auf der Entdeckung von irgendetwas beruhten, das ‚nicht in Ordnung’ war, so hätte er keinen größeren Glücksfall erhoffen können.

      * * *

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