Mord an Halloween. Denny van Heynen

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Название Mord an Halloween
Автор произведения Denny van Heynen
Жанр Языкознание
Серия Mord an Halloween
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753190983



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ist nicht dein Ernst, oder?“

      Ich nahm Cole´s Gesicht in meine Hände und küsste seine warmen, weichen Lippen.

      „Jeff, du hast mir vor einer Ewigkeit versprochen, dass wir öfter mal ausspannen und nicht mehr wie üblich von Fall zu Fall hetzen. Deshalb haben wir uns heute extra dienstfrei genommen. Jeff, das war deine Idee gewesen!“

      „Ja, ich weiß...“ gab ich kleinlaut und mit schlechtem Gewissen zu.

      Tatsächlich hatte ich ihm versprochen, mehr für ihn und weniger für die Arbeit da zu sein. Wir hatten sogar schon über Hochzeitspläne gesprochen, die aufgrund unseres Dienstes zurzeit auf Eis lagen und Cole hatte mir offenbart, dass er seit längerem einen Kinderwunsch hegte. Ich war jedoch noch nicht bereit dazu und unsere Arbeit hielt uns zu sehr in Atem, als dass wir einer Elternrolle hätten gerecht werden können. Damit war das Thema nicht vom Tisch, aber bis zu einem späteren Zeitpunkt ausgesetzt. Sich um ein Kind zu kümmern, war uns derzeit auch nicht möglich, weil wir beide zu sehr in unserem Beruf eingespannt waren. Doch das langweilige Wälzen von Akten oder Verhören von Verbrechern schweißte ein Paar nicht wirklich zusammen – vor diesem Hintergrund verstand ich Cole´s Wunsch nach einer eigenen Familie.

      Bale hatte uns im letzten Jahr eine Woche Urlaub geschenkt, als Dank dafür, dass wir und einige Kollegen das Archiv des Police Office mühsam digitalisiert hatten. Wir hatten uns Irland als Urlaubsziel ausgesucht und diesen Kurzurlaub im Nachbarland auch in vollen Zügen ausgekostet. Schon dort hatte ich ihm das Versprechen gegeben, mir künftig mehr Zeit mit ihm freizuschaufeln. Detective zu sein, war mein Traumberuf, aber meine Liebe zu Cole war mir mit der Zeit immer wichtiger geworden. Wichtiger, als ich es mir je hätte vorstellen können. Ihm war es nicht nur gelungen, mein Herz im Sturm zu erobern, sondern mich wieder für die kleinen, schönen Dinge, welche das Leben für jeden Menschen bereithielt, zu begeistern.

      Ich kroch von meiner Bettseite zu Cole hinüber und küsste ihn noch einmal intensiv.

      „Weißt du noch, als wir vergangenes Jahr auf einer saftigen Wiese in der Nähe von Noble Castle lagen? Das, was ich dir dort versprochen habe, werde ich auch halten. Aber wir müssen uns jetzt nun mal beide fertigmachen, einen Mord aufklären und die tatverdächtige Person hinter schwedische Gardinen bringen. Du weißt, dass Bale uns nicht anrufen würde, wenn er andere Leute hätte, die diese Arbeit zu seiner Zufriedenheit erledigen könnten.“

      Cole nickte brummend, bevor er aus dem Bett krabbelte. Dass wir an Halloween mal wieder arbeiten mussten, war anders betrachtet auch ein schönes Kompliment des Inspectors. Damit lobte er unsere hohe Aufklärungsquote und sorgte nebenbei dafür, dass wir mit noch größerem Elan bei der Sache waren. Cole und ich waren eben nicht nur beruflich perfekt aufeinander eingespielte Detectives, sondern auch privat ein harmonisches Paar.

      Kapitel 2: Die verstümmelte Leiche

      Mit meinem Dienstwagen fuhr ich Richtung Stadtmitte, Cole saß auf dem Nebensitz, von wo aus er unseren Vorgesetzten anrief, um zu erfahren, wo sich der genaue Tatort befand. Als er auflegte, erzählte er mir, dass wir zum Coregrother See fahren sollten, welcher ziemlich im Westen unserer kleinen Stadt lag. 1738 gegründet, hatten sich hier nach und nach viele Geschäfte niedergelassen. Die Kleinstadt unterlag dem Wandel der Zeit und musste sich regelmäßig verändern, weshalb es deren Bevölkerung an nichts fehlte. Vor über drei Jahren hatte am Highway ein veganer Imbiss eröffnet, welcher seit jeher gut frequentiert wurde. Cole hatte mich beim ersten Besuch in einer Dienstpause dorthin eingeladen, seitdem waren wir immer mal wieder darin anzutreffen.

      An diesem Tag, dem 31. Oktober, war viel los auf der Straße. Jede Menge Erwachsene besorgten die letzten Zutaten für ihr Halloween – Menü, während deren Kinder in die kleinen Läden zum Frühshoppen gingen. Entweder kauften sie sich etwas Süßes oder ein neues Kostüm, für das abendliche Umherziehen von Haus zu Haus. Es hatte fast den Anschein, dass es in dieser so friedlich wirkenden Stadt keine größeren Strafdelikte geben würde, doch Bale, mein Lebensgefährte und ich wurden jedes Mal wieder auf´s Neue eines Besseren belehrt. Allgemein war die kriminelle Energie ein Problem, welches es zu lösen galt – nicht nur in Coregroth.

      Nach guten dreißig Minuten waren wir am See angekommen. Ich parkte den Wagen auf dem sandigen Weg und stieg nach Cole aus. Er begrüßte den auf uns wartenden Inspector mit einem Handschlag, während ich mir die Umgebung ansah. Weil es ziemlich frisch war, zog ich den Reißverschluss meines Mantels ein Stück höher. Es war viel zu kalt, um im See schwimmen zu gehen – trotzdem lag an dessen Ufer eine männliche Leiche. Um sie herum war ein Bereich von wenigen Metern mit Ästen und einem gelben Flatterband abgesperrt worden.

      Schon wieder ein Mord an Halloween, ging es mir seufzend durch den Kopf.

      Halloween war nicht ereignisreicher als andere Tage und dennoch gab es immer wieder Fälle, die mir vor Augen führten, welche Monster in dieser Welt lebten. Cole und ich hatten schon viele Menschen, die Straftaten begingen, hinter Gitter gebracht, leider gab es aber noch genug Menschen, die mit unserem englischen Gesetz in Konflikt gerieten.

      Ich trat einige Schritte durch den nassen Sand, um mir das Opfer genauer ansehen zu können. Es wirkte noch ziemlich jung und war etwa in meinem Alter. Die dunkelroten Haare des Mannes waren nass, was mir verriet, dass er sich vor seinem Tod im Wasser aufgehalten hatte. Seine körperbetonte Kleidung war fast überall gewaltsam aufgerissen worden. Blut und nackte Haut waren der Öffentlichkeit preisgegeben. Die Augen des Schlanken waren trüb. Da die Haut ansonsten normal aussah, vermutete ich, dass der Mann nicht im See, sondern an Land ermordet worden war. Hätte er sein Leben im Wasser gelassen, wären wir mit einer aufgeschwemmten Leiche konfrontiert worden – so viel wusste ich zumindest schon von Richard, einem befreundeten Gerichtsmediziner. Es gab nicht viele Wasserleichen, doch wenn Cole und ich vor einer standen, klärte uns der Grauhaarige stets über deren genaue Symptome auf. Nicht nur einmal wurde mir von Richard´s gnadenloser Berichterstattung übel, doch da musste ein Detective eben durch. Cole war noch zarter besaitet als ich, weswegen ich ihm bei extremen Fällen zusätzlich eine Stütze sein musste.

      Um eine präzise Fallakte zu führen, mussten wir die Details bei einem Leichenfund so detailliert wie möglich beschreiben – auch im Hinblick auf eventuelle spätere Erkenntnisse. War die Leiche erst einmal unter der Erde oder verbrannt, konnten wir eine Menge Spuren und Hinweise vergessen. Es gab zwar die Möglichkeit einer Exhumierung, die wurde aber aufgrund des Geldes von der Stadt nicht gerne gesehen. Auch die Hinterbliebenen wehrten sich aus ethischen Gründen verständlicherweise oftmals dagegen. Selbst die Friedhöfe wollten einer Grabaushebung und dem damit von der Presse entfachten medialen Rummel am liebsten aus dem Weg gehen. Daher galt es, im Vorhinein möglichst sauber zu arbeiten, statt später aufwendige Nacharbeit leisten zu müssen.

      Bale kam zu mir und reichte mir ebenfalls die Hand.

      „Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, Mason und Ihnen sagen, dass ich es wiedergutmachen werde. Ihr Partner scheint mir bereits verziehen zu haben. Sie wissen, dass ich Sie nur aus Ihrer wohlverdienten Dienstruhe rufe, wenn der Fall brisant ist. Aber gerade jetzt an Halloween feiern wieder viele Ihrer Kollegen ihre Urlaubstage ab und da Sie und Morkride nicht weggefahren sind, war es mir persönlich lieber, Sie zu benachrichtigen.“

      Okay, nächstes Mal weiß ich es besser, dachte ich nebenbei und wollte mir merken, später eine digitale Notiz im nächsten Jahreskalender anzufertigen.

      „Wer ist der Tote?“ erkundigte ich mich.

      Einige Polizeikräfte standen um das Flatterband herum, die Leute von der Spurensicherung machten sich gerade an die Arbeit. Sie fotografierten das bisher namenlose Opfer, bevor sie zwei Männer vom örtlichen Beerdigungsinstitut durch die Absperrung ließen, die den leblosen Körper auf eine eiserne Bahre hievten und mit ihr in einem silbernen Leichenwagen verschwanden.

      „Der Mann hatte keine Papiere bei sich“ erklärte Bale.

      Sein Diensttelefon klingelte, weshalb der Endfünfziger sich von mir abwandte und einige Meter fortging.

      „Wer macht nur so etwas?“ sprach Cole leise. „Der Typ muss in deinem Alter sein. Wenn