was von begeistert und voller Neugier, was ich nur zu gut verstand. Und während sie so weitersprach, fiel mir ein, dass ein Steinschlag die Frontscheibe des Firmenwagens erwischt hatte und er ernsthaft eine neue Scheibe benötigte. „Marlene“, unterbrach ich ihren Redeschwall, „ich glaube, das lässt sich einrichten, dass du ihn kennenlernst“. Ich erzählte ihr den Vorfall. „Sag ihm morgen Bescheid, er möge mich bitte anrufen. An der Zentrale nach der Chefin fragen und mit mir einen Termin vereinbaren. Für seinen Wagentyp habe ich immer Scheiben hier. Falls er Zeit mitbringt, darf er gerne warten. Bei einer Tasse Kaffee und mir, der Beilage“, und lachte lauthals in den Hörer. „Das du ja nett zu ihm bist, ja“, sagte ich fordernd. „Abgemacht“, klang es wie aus einem Munde. Ich war aufgeregt, was sie mir über ihn berichten würde. Mit ihr hatte ich jetzt eine enge Vertraute. Wir haben uns bis heute verstanden, gegenseitig getröstet und uns grundsätzlich alle Wahrheiten anvertraut. Warum nicht auch jetzt. Am darauffolgenden Tag holte ich in die Küche Kaffee. Beiläufig erzählte ich Herrn Kramer von meiner alten Schulfreundin Marlene, ihren Betrieben rund um zerbrochene Autoscheiben und richtete ihm die Worte von ihr aus. Er war begeistert. „Dann geben sie mir doch die Telefonnummer und ich ordere heute einen Termin mit ihrer Marlene“, sagte Herr Kramer. Ich schrieb ihm die Rufnummer auf einen Zettel und klebte diesen auf seinen Schreibtisch. Zurück an meinem Arbeitsplatz rief ich sie sofort an und weihte sie umgehend ein. Nachdem er Marlene angerufen hatte, gab sie mir das Datum durch. Meinetwegen legte sie den „Mal-sehen-wer-da-kommt-Termin“ vor dem Candle-Light-Dinner. Die Neugierde war groß, wie sie ihn denn findet. Ihr Urteil war mir wichtig. Kaum drei Tage später war er bei ihr im Unternehmen. Ich glaube, er war keine 100 Meter vom Firmenparkplatz entfernt, da klingelte bei mir das Telefon. „Ich bin´s, Marlene. Er ist soeben weggefahren. Das ist ja eine Sahneschnitte. Ein attraktives Original, ein richtiger Bär, unheimlich nett. Glückwunsch und enttäusche mich nicht. Ich lechze nach positiver Berichterstattung von dir. Und wenn du ihn am Ende eures Dinners nicht nimmst, dann melde dich bei mir. Ich nehme ihn“, plauderte sie direkt drauf los und lachte laut. Marlene hatte ihren Satz zu Ende gesprochen, da fuhr er schon auf unseren Parkplatz vor mein Büro. Herr Kramer stieg aus und lächelte mir durch das Fenster zu. „Ich muss Schluss machen, er kommt rein, bis später“, sagte ich kurz angebunden und hängte rasch den Hörer ein. Verlegenheit stieg auf. Die Bürotür öffnete sich und er lächelte mir zu mit den Worten: „Das hat alles perfekt geklappt. Freue mich auf uns. Dauert ja nicht mehr lange. Bis später.“ Jetzt wurde mir so warm ums Herz, dass ich ihm am liebsten um den Hals gefallen wäre. Die unzähligen Stunden bis zum ersehnten Candle-Tag vergingen so gar nicht. Das war naturgemäß vollkommener Blödsinn. Zeit vergeht immer gleich. Meine Gefühle aber kennen keine Uhr, Tage oder Wochen. Sie fordern stets ein sofort! Deshalb ist Zeit nicht gleich Zeit! Und dennoch zog es sich hin. Tag X war endlich da. Der spezielle Mittwoch mit dem doppelsinnigen Datum. Es war ein wolkenloser, warmer Frühlingstag und der Geburtstag meiner so geliebten Oma mütterlicherseits. Einer charakterfesten Persönlichkeit, mit einem großen Herz am richtigen Fleck. Acht Kinder an der Zahl, eines davon ist unsere Mutter. Sie hat das Wesen und das große Herz voller Liebe geerbt, wie alle anderen Geschwister. Bin stolz darauf, ein Kind meiner Eltern zu sein. Die Mutter-Gene werden, wie man weiß, weitergegeben. Herzensgute Gene sind mir vererbt worden. Leider behauptet das nicht jeder Mensch von sich. Bei manchen sammelt sich ein Haufen wenig beneidenswerter Gene an, je nach Mutter, Großmutter und Schwiegermutter! Aber das ist nicht mein Thema. Zurück zum Alltag. Die Büroarbeit erledigte sich an Tag X extrem leicht. Kein Wunder, gedanklich bei Oma und dem langersehnten Candle-Light-Dinner, Herrn Kramer. Ich fieberte dem Feierabend entgegen! Duschen, Haare föhnen, und die berühmte Frage: „Oh Gott! Was ziehe ich denn an?“ Das sich immer wiederholende Frauenchaos brach herein. Kleiderschrank voll, aber nichts ist das Richtige! Ich erinnere mich wie heute: Getragen habe ich den grauen Minirock (Mini bis kurz über dem Knie!), das weinrote enge Seidenshirt, darüber eine transparente weiße, seidene ärmellose Weste mit angedeuteten, hellgrauen Rosen, und meine passenden grauen Schuhe. Ich überlegte kurz, ob es nicht zu gewagt aussah, aber der Rock hatte eine nicht verfängliche Länge und somit beschloss ich, mit diesem Outfit zum Dinner zu flanieren. Meine Kinder hatte ich ins Bett zum Vorlesen mit ihrem Vater verabschiedet und das „Geschäftsessen“ angekündigt. Kein Problem. Mein Mann und ich hatten im April des Jahrs beschlossen, dass wir ab dem Zeitpunkt eine Art WG leben werden, weil ich an einem Sonntagmittag auf die Frage: „Liebst du mich?“, nach langen Gesprächen über unsere Beziehung und Ehe, nur zur Antwort bekam: Nein! Seine Aussage gestattete mir jetzt, anders zu planen. Meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Der erste Entschluss war, alles auf uns zukommen zu lassen. Entweder entzündet sich wieder die Glut der Ehe, oder der Weg führt voneinander weg. Wie auch immer. Bei der Heirat hatten wir gemeinsame Ziele, Liebe gelebt. Alles war möglich. Ist ein Feuer einmal erloschen, wird es schwer. Wir lebten WG, die Glut war kalt. Und weil ich jetzt keine Rücksicht mehr nehmen musste, war ich frei, eigene Entscheidungen zu treffen und selbstbestimmte Pläne umzusetzen. Ich übernahm die Verantwortung für mein Restleben. Immer in den Planungen miteingeschlossen, die Kinder. Die Einladung von Herrn Kramer war angenommen, kein schlechtes Gewissen meldete sich. Es hatte absolut null Platz! Die Kids bekamen ihren „gute Nacht Kuss“ von der froh gelaunten Mutti und ab ins Auto, Dach auf, Musik von Eros angedreht, und ab zum Dinner. Candle-Light, ich komme!!! In mir war ein irres Glücksgefühl. Ein Gemisch aus Aufregung, Unbeschwertheit, Schmetterlinge, die erste Verliebtheit, aber ebenso ein wenig Unbehagen, Unsicherheit ob der Geschehnisse, die da kommen werden. Frau macht so etwas ja nicht alle Tage und das letzte Mal war fast 23 Jahre her, mit dem jetzigen Ehegatten. Was ich merkte, war, dass sich meine Seele zum ersten Mal, nach ewig langer Zeit, in Hochstimmung wälzte. Sie war glücklich und frei. Und das Beste daran: Sie war vollständig, bei jedem Gedanken an Herrn Kramer. Wir trafen uns, wie gesagt, nach Feierabend. Er hatte ein abseits liegendes, romantisches Restaurant ausgesucht, gelegen zwischen zwei kleinen Vororten unserer Stadt. Ausgemacht war, dass wir uns vorab im nahegelegenen Industriegebiet treffen und gemeinsam dort hinfahren. Meiner Ungeduld geschuldet, und weil ich ein überaus pünktlicher Mensch bis, parkte ich längst am verabredeten Ort. Wartete schon eine knappe ½ Stunde auf dem Seitenstreifen des Parkplatzes auf der Hauptstraße Orts auswärts, da erreichte mich eine SMS. Es war eine Nachricht von Herrn Kramer. Er entschuldigte sich schriftlich und teilte mit, dass der vorhergehende Termin sich leider etwas länger hingezogen hatte. Mobiltelefone sind eine tolle Erfindung. Erleichtert dachte ich nur: „Geschäft hat Vorrang!“ Weiter stand geschrieben: Er wäre aber schon im Auto auf dem Weg zum Treffpunkt. Wieder fiel mir ein Stein vom Herzen. Mein Blick in den Rückspiegel verriet mir seine Ankunft. Von Weitem erkannte ich seinen Wagen. Endlich, mit Lichthupe grüßend, kam er angefahren, hielt direkt hinter mir. Die Nervosität stieg enorm, die Knie wurden weich. Mein Gedanke und die Befürchtung, er würde kneifen, waren wie weggeblasen. Wir fuhren los. Auf der ganzen Fahrt dorthin schaute ich immerzu in den Rückspiegel. Eros sang aus dem Lautsprecher und ich stimmte laut mit ein. Wir steuerten auf den Restaurantparkplatz, parkten, stiegen aus und begrüßten uns mit Handschlag. Es war auf beiden Seiten ein feuchter Händedruck und das lag nicht am Wetter. „Guten Abend Frau Sehberger. Sie sehen umwerfend aus“, sagte er zur Begrüßung. Sein sanfter Blick zog mir tief unter die Haut. „Guten Abend Herr Kramer. Vielen Dank für das Kompliment. Schön Sie zu sehen“, erwiderte ich. Thomas sah zum Anbeißen aus. Er trug seine blaue Jeans, ein weißes Hemd und ein schwarzes Sakko, alles neu. Sein Parfüm roch äußerst verführerisch. Ich erkenne ihn selbst heute mit geschlossen Augen. Arm in Arm schlenderten wir zum Restaurant. Gentle like hielt er mir beim Betreten des Lokals die Türe auf. Ein Ober geleitete uns zum reservierten Tisch für zwei. Der Raum war blumig geschmückt. Rosen auf jedem Esstisch, Kerzenschein und gedämpftes Licht. Wir saßen alleine im großen Nebenraum und hatten eine naturbelassene Aussicht, direkt auf den gegenüberliegenden Wald. Erst später habe ich erfahren, dass er das genauso arrangiert hatte. Er hegte das Bedürfnis, mit mir alleine zu sein. Nach den ersten Gläsern Champagner zur Begrüßung legte sich ein wenig die anfängliche Aufregung. Der Alkohol löste die Zunge und wir sprachen schon rasch über viele Themata, die uns auf dem Herzen lagen. Wir suchten uns das Menü und den Wein aus und bestellten erstaunlicherweise fast das Gleiche. Aber warum wunderte mich das nicht? Wir lachten herzhaft. Klar gab es den berühmten Champagner ein weiteres Mal vorweg. Das beruhigte die restliche Nervosität auf beiden Seiten. Dieses zweite Glas des vorzüglichen Getränks nutze er, um Brüderschaft zu trinken, und bot mir, mit folgenden Worten, das DU an. „Liebste Frau Sehberger.