Newtons Irrtum. Matthias Härtel

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Название Newtons Irrtum
Автор произведения Matthias Härtel
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783754915615



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immer meinte:

      „Ihr müsst es gerade anders herum machen, gerade verkehrt herum!“

      Und das genaue Gegenteil von Zug ist ja wohl Druck, oder?

      Also kein Zug/Sog in das Innere der Erde hinein, sondern ein von außen kommender Druck, der auf die Erdoberfläche eben Druck ausübt!

      Was dann bedeuten würde, dass ein Apfel nicht auf die Erde fällt, sondern auf die Erde gedrückt wird. Klingt vielleicht im ersten Augenblick etwas eigenartig, nur, warum eigentlich nicht?

      Mit meinen Überlegungen so weit gekommen, machte ich mich wieder einmal auf die Suche danach, ob nicht schon einmal jemand auf diese Idee gekommen ist und siehe da, ausgerechnet in der engsten Umgebung Newtons wurde ich fündig!

      Es handelt sich hierbei um den Genfer Physiker und Mathematiker Nicolas Fatio de Duillier, der, bevor es zum Bruch kam, ein intimer Freund von Newton war. Er bewunderte Newton für seine von ihm aufgestellte Gravitationsgesetze und seine Gravitationstheorie, kam jedoch sehr bald zu ganz anderen Ansichten und veröffentlichte seine Gravitationsdrucktheorie bereits um 1690 herum in dem Werk „ De la Cause de la Pesanteur“ (Über die Ursache der Schwere), worauf hin es zum Bruch mit Newton kam, ja sogar kommen musste, denn de Duillier besaß die Frechheit gerade das Gegenteil von Newton zu behaupten.

      Also Druck, statt Sog/Zug!

      Die von de Duillier veröffentlichte Theorie zur Gravitation stieß, wie man sich wohl vorstellen kann, nicht gerade auf Begeisterung in der damaligen Gelehrtenwelt, da sie ja der von Newton so großartig postulierten Theorie eklatant widersprach.

      De Duillier geriet kurz in Vergessenheit, bis der ebenfalls aus Genf stammende Physiker Georges-Louis Le Sage in den beiden Werken „Essai de Chymie Mechanique“ (1758) und „Lucrèce Newtonien" (1784) die Drucktheorie wieder auferstehen ließ, wobei man davon ausgehen kann, dass sich le Sage mit seiner Drucktheorie, die als die „Le-Sage-Theorie der Gravitation“ in die Physikgeschichte einging, stark an de Duillier orientierte.

      Und wie kam nun Le Sage auf seine Theorie? Nun sehen wir uns hierzu ganz einfach seine eigene Erklärung einmal an.

      »Als ich eines Tages eine Kutsche beobachtete, kam mir die Erkenntnis: Die Kutsche wird nicht etwa von dem Pferd gezogen, sondern das Pferd drückt gegen das Geschirr um seine Brust. Der scheinbare Zug ist in Wirklichkeit ein Druck! «

      Seine Veröffentlichung stieß ebenfalls auf den harschen Widerstand der Gelehrten und es entbrannte kurzzeitig ein heftiger Streit.

      Einer der heftigsten Kritiker der Drucktheorie war der berühmte Mathematiker, Physiker und Astronom Pierre Simon de Laplace (1749-1827), der drei Gründe hervorbrachte, warum die Drucktheorie nicht stichhaltig sein könne.

      1) müsste entsprechend der Drucktheorie, die Materie aus Leerräumen bestehen, was Laplace als völligen Unsinn bezeichnete

      2) müssten die unsichtbaren Teilchen nach Laplace eigenen Berechnungen bedeutend schneller als das Licht sein, was er ebenfalls einfach ablehnte

      3) und schließlich, man mag es kaum glauben, gefiel ihm ganz einfach die Theorie nicht

      Voller Freude und Dankbarkeit schloss sich die Gelehrtenwelt der Meinung von Laplace an und hatte somit ein Problem weniger zu verzeichnen!

      Le Sage ist es trotzdem zu verdanken, dass die Drucktheorie auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, aber er konnte eben auch nicht verhindern, dass die durchaus beachtliche Theorie alsbald wieder in einen Dornröschenschlaf versank, aus dem sie erst wieder im 19. Jahrhundert erwachte, als sich ausgerechnet der berühmte Gelehrte William Thomson, der spätere Lord Kelvin, im Jahre 1873 wieder damit beschäftigte.

      Kaum aber das sich Lord Kelvin damit beschäftigte und erste Erkenntnisse veröffentlichte, wurde er auch schon von dem damals wohl bedeutendstem englischen Physiker James Clerk Maxwell auf das Schärfste attackiert.

      Maxwell erhob als Einwand, dass durch die Absorption der unsichtbaren Teilchen, alle Körper (Planeten) sich entweder sehr schnell aufheizen oder aber an Gewicht zunehmen müssten.

      Was laut Maxwell bedeuten würde, dass die Körper (Planeten) entweder so heiß werden würden, dass sie verdampfen würden oder dass die Körper so schwer werden würden, dass sie instabil und dadurch ihre Planetenbahnen verlassen würden.

      Diesen Einwänden des berühmten Physikers hatte Lord Kelvin nichts entgegenzusetzen, so dass er - leider - seine Arbeiten zur Druck-Theorie fortan nicht mehr weiterverfolgte.

      Aber es gab auch noch andere Forscher die nun aufmerksam wurden und unverdrossen daran gingen, zu klären, was dran ist an dieser Drucktheorie.

      Einer dieser Idealisten war der vollkommen unbekannte italienische Physiker Quirino Majorana (1871-1957), der zu dieser Theorie in den 1920er Jahren folgende Überlegungen anstellte:

      „Wenn die Gravitation durch die teilweise Abschirmung von diesen unsichtbaren Teilchen wirklich entsteht, so müsste eigentlich eine Masse, die vollständig von anderen Massen umgeben ist, nachweisbar an Gewicht verlieren?“

      Nachdem Majorana seinen Gedankengang einmal getätigt hatte, begab er sich nun daran, seinen Gedankengang mittels eines Experimentes zu überprüfen, wobei er natürlich nicht wenig Rückschläge zu verzeichnen hatte, bis er es innerhalb einer zehnjährigen Forschungsarbeit dann endlich vollbrachte.

      Er umgab hierzu eine Testmasse erst einmal vollständig mit einem Mantel von 100 Kilogramm Quecksilber und diesen dann noch einmal mit einem Mantel von 1000 Kilogramm Blei. In den fortwährend erfolgenden Messungen stellte er dann tatsächlich eine signifikante Gewichtsabnahme der Testmasse fest, was eigentlich nur bedeuten konnte, dass die Druckgravitationstheorie richtig sein musste.

      Als der damals relativ unbekannte Physiker Majorana seine Testergebnisse veröffentlichte, waren es sofort wieder ein paar berühmte Gelehrte, wie zum Beispiel die beiden Astronomen Henry Norris Russel und Arthur Eddington, die die Ergebnisse des Idealisten Majorana rundheraus ablehnten, ohne das sie allerdings irgendwelche plausiblen Gründe dafür angeben konnten, warum sie diese Ergebnisse ablehnten.

      Man lehnte wohl nur ab, da man sich Newton und der inzwischen allgemein anerkannten These Einsteins über den gekrümmten Raum als definitiv letzte Erklärung für die Ursache der Schwerkraft verbunden fühlte?

      Hier darf ich auch kurz die Frage aufwerfen, wie sich denn in einem leeren Raum, denn der Weltraum ist ja leer, etwas krümmen soll und vor allem, wie soll hieraus auch noch eine Kraft entstehen?

      Aber zu unserem Freund Einstein werden wir noch etwas später kommen, so dass ich hier nun viel lieber endlich einmal kurz angerissen die Grundzüge der Drucktheorie erläutern möchte:

      De Duillier und Le Sage stellten sich einen Raum vor, der weitgehend isotrop von einem aus diversen Teilchen bestehenden Strahlungsfeld ausgefüllt ist. Diese bewegen sich mit konstanter, sehr hoher Geschwindigkeit geradlinig in alle möglichen Richtungen.

      Trifft nun ein Teilchen auf einen Körper, überträgt es einen Impuls auf ihn, so dass er durch dieses ständige Bombardement einer enormen Druckwirkung ausgesetzt ist. Für einen isolierten Körper A wird der Schub aus allen Richtungen gleich ausfallen. Ist jedoch ein zweiter Körper B vorhanden, wirkt dieser wie ein Schirm, d.h. aus Richtung B wird A von weniger Teilchen getroffen als von der anderen Seite, wobei das Gleiche auch umgekehrt gilt. Man könnte sagen, A und B verschatten einander (was auch die richtige Betrachtungsweise ist) und die beiden Körper werden in den (Kern)Schatten des anderen gestoßen.

      Die Idee ist eigentlich sehr einfach und dadurch, meiner Meinung nach, eben auch gut nachvollziehbar, denn und nun noch einmal vereinfacht:

      Zwei Körper (Planeten) ziehen sich gegenseitig nicht an, sondern sie werden zueinander hin gedrückt. Die Ursache hierfür sind nach De Duillier unsichtbare Teilchen, die überall im Weltraum vorhanden sind und sich ständig bewegen.

      Wenn sich zwei Körper (Planeten) nahe genug