Käpt'n Sansibo — Die Canneloni und die verbotene Insel. Micha Luka

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Название Käpt'n Sansibo — Die Canneloni und die verbotene Insel
Автор произведения Micha Luka
Жанр Книги для детей: прочее
Серия Käpt'n Sansibo
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783754171271



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nach wie vor im Schneidersitz da und nickten vor sich hin, als wüssten sie genau, worum es ging. Sie hatten allerdings keine Ahnung, worum es ging. Der Junge stand zwischen ihnen und ließ sich von Nichts und Niemandem einschüchtern. Sansibo merkte das und es gefiel ihm.

      »Was wollen Sie denn herausfinden?«, fragte der Junge.

      »Na, zum Beispiel deinen Namen«, rief Sansibo.

      »Toby«, sagte der Junge, »ich bin Toby.«

      »Also gut, Toby, dann lass mal hören, was du so Wichtiges herausfinden musst.« Toby sah ihn ruhig an.

      »Ich musste erst wissen, ob Sie auch die richtigen Augen haben.« Er deutete mit beiden Händen auf die beiden Matrosen, die rechts und links von ihm saßen.

      »Die beiden haben sie nämlich, auch wenn jeder nur eines hat.« Sansibo schaute ihn verblüfft an.

      »Und? Was hast du rausgefunden?« Toby nickte ernsthaft.

      »Ihre Augen würden meiner Urgroßmutter Sania bestimmt gefallen. Sie sind genauso, wie sie sie beschrieben hat.«

      »Deine Urgroßmutter?« Wieder nickte Toby.

      »Aber die kannte mich doch gar nicht.«

      »Aber sie wusste, wie Augen aussehen müssen, damit man ihnen vertrauen kann.«

      »Und du glaubst, meinen kann man vertrauen?« Toby grinste ein wenig.

      »Genau. Und deswegen kann ich auf der Canneloni bleiben.« Für einen Moment verschlug es Sansibo die Sprache.

      »Jo«, sagte Bullerjan stattdessen.

      »Jo«, sagte Kullerjan im gleichen Tonfall. Der Käpt’n kraulte indessen nachdenklich seinen roten Bart und schüttelte dann den Kopf.

      »Moment mal Junge, nicht so schnell. So einfach geht das nicht. Da musst du erst mal mich fragen. Und davor musst du vor allem deine Eltern fragen.«

      »Das geht nicht.«

      »Wieso?«

      »Die sind beide tot.«

      »Oh, das tut mir leid. Na, dann fragen wir eben deine Großeltern.«

      »Das geht nicht.«

      »Sind die etwa auch tot?« Toby nickte.

      »Alle vier. Aber schon lange.«

      »Hm hm, wer hat denn auf dich aufgepasst?«

      »Meine Urgroßmutter Sania. Aber die ist auf ihren Baum geklettert.« Sansibo kratzte sich verwundert am Kopf.

      »Die ist auf ihren Baum geklettert? Deine Urgroßmutter? Und warum?«

      »Um besser in die andere Welt zu kommen. Das machen die alten Leute in Mangalore so. Wenn sie merken, dass sie sterben werden, klettern sie auf ihren Baum, um besser in die andere Welt zu kommen. Das ist der schönste Weg dahin, hat meine Urgroßmutter gesagt.« Kullerjan und Bullerjan sagten kein Wort und schauten Toby nur an. Sansibo musste sich räuspern.

      »Dann hast du also niemanden mehr?« Toby schüttelte den Kopf und lächelte.

      »Warst du denn schon mal auf so einem Schiff? Hast du schon mal ein Meer überquert?« Toby nickte eifrig und zählte auf:

      »Ich bin nach Australien und Neuseeland gefahren, zu den Fidschiinseln, ums Kap der guten Hoffnung, um Kap Hoorn und durch die Nordwestpassage.« Als er das hörte musste Käpt’n Sansibo sich auch hinsetzen.

      »Aber dafür bist du doch noch gar nicht alt genug.«

      »Wieso? Ich kann lesen, seit ich fünf Jahre war.«

      »Lesen?«

      »Sag ich doch. Käpt’n Cook, Käpt’n Ahab, die Schatzinsel …«

      »Heißt das, du hast diese ganzen Reisen nicht selbst gemacht, sondern hast nur darüber gelesen?«

      »Ja, aber das macht ja keinen Unterschied. Ich bin auf allen Weltmeeren gewesen in meinen Büchern.« Toby strahlte den Käpt’n an. Der legte eine Hand über die Augen und schüttelte den Kopf. Kullerjan und Bullerjan schüttelten auch die Köpfe.

      »Is nich dasselbe, Toby.«

      »Gar nie nich. So’n ordentlicher Sturm mit zwölf Meter hohen Wellen …«

      »Da wirst du nich nass von, in deinen Büchern.«

      »Und seekrank wirst du auch nich von.« Toby schaute sie ernst an.

      »Ihr habt ja keine Ahnung. Ich war mit Käpt’n Flint auf der Schatzinsel, ich hab Moby Dick in die Augen gesehen, ich war mit James Cook bei den Maori auf Neuseeland …«

      »Ja, ja, ja, und wahrscheinlich hast du auch Eisbären gejagt und mit Eskimos ein Iglu gebaut, als durch die Nordwestpassage gesegelt bist«, unterbrach ihn Käpt’n Sansibo. Toby verstummte und senkte den Blick. Sansibo schnaufte unwillig in seinen roten Vollbart.

      »Es geht nicht, Toby. Meine Mannschaft ist komplett. Ich kann keinen Schiffsjungen gebrauchen. Das wäre viel zu gefährlich.«

      »Aber ich will ja gar nicht Schiffsjunge sein«, sagte Toby trotzig. »Was Sie brauchen, ist einer, der die Rätsel löst.«

      »Was für Rätsel denn?«. Toby begann hin- und herzugehen. So konnte er besser nachdenken. Er wusste, dass es jetzt darauf ankam. Wenn er es nicht schaffte, auf der Canneloni zu bleiben, würde er nie aus Mangalore fortkommen. Und das war sein sehnlichster Wunsch jetzt, wo er ganz allein war.

      »Na, zum Beispiel, ob es besser ist, links oder rechts um einen Eisberg zu segeln …«

      »Das heißt Backbord und Steuerbord«, brummte Sansibo und kniff die Augen zusammen. Er war gespannt, was dieses Bürschchen noch so alles erzählen würde. Toby legte einen Finger an die Nase.

      »Ich will mir jetzt nicht irgendwas ausdenken. Ist es nicht vielleicht besser, wenn Sie mir ein Rätsel stellen?«, fragte er mit klopfendem Herzen. Sansibo musste nicht lange überlegen.

      »Also gut, Toby, hör gut zu. Wir brauchen acht Säcke Kurkuma. Ich kann sie nicht bezahlen. Ich will sie nicht stehlen und ich muss sie so schnell wie möglich nach Sansibar bringen. Außerdem kann ich kein Bengali und ich kenne niemanden hier. Ist die Aufgabe schwer genug für dich?« Toby stand an der Reling und blinzelte in die Nachmittagssonne. Die Regenwolken waren verschwunden. Er drehte sich zu Käpt’n Sansibo um und grinste ihn an.

      »Das ist ganz leicht, Käpt’n. Soll ich sagen, wie?«

      »Du wirst es wohl kaum für dich behalten wollen. Aber wir gehen besser in meine Kajüte und machen die Tür zu. Und ihr beiden passt auf, dass sich niemand auf die Canneloni schleicht.«

      »Aye, Käpt’n, keiner darf schleichen«, rief Kullerjan und sprang auf die Füße.

      »Aye Käpt’n, wir verscheuchen die Schleicher«, rief Bullerjan und sprang auf die Beine. Sie marschierten an Deck hin- und her und ließen den Kai nicht aus den Augen.

      »Also, nun lass mal hören, was dir im Kopf herumspukt«, sagte Sansibo, als Toby sich ihm gegenüber an den großen Kartentisch gesetzt hatte.

      »Können Sie gut im Kopf rechnen?«, fragte der Junge.

      »Und ob ich das kann. Als Käpt’n muss ich navigieren können und dazu gehört das Kopfrechnen.«

      »Dann mache ich jetzt ein Experiment mit Ihnen.« Toby legte los und ein wenig später starrte Käpt’n Sansibo Toby an.

      »Wie hast du das gemacht? Wie konntest du das wissen? Da steckt doch irgendein Trick dahinter.« Toby erklärte es ihm und auch den Rest seines Planes.

      »Und du meinst tatsächlich, dass das funktioniert?« Toby nickte.

      »Ich kenne Adschid. Er ist davon überzeugt, dass niemand besser im Kopf rechnen kann als er. Außerdem wettet er für sein Leben gern.«

      »Aber ich hab ja nichts, was ich einsetzen