Название | Mord im Weinberg |
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Автор произведения | Christine Zilinski |
Жанр | Языкознание |
Серия | Charlotte Bienert Reihe |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783752933055 |
„Oh wow, das sieht ja lecker aus“, sagte Charlotte lächelnd, als sie einen Schritt beiseitetrat, um ihn hereinzulassen. „Ja, nicht nur das“, grinste Johannes, während sein Blick sie kurz anzüglich streifte und er dann an ihr vorbei lief. Charlottes Lächeln fror ein. Sie atmete einmal durch und lief Johannes hinterher, nachdem sie die Tür geschlossen hatte. Er steuerte mit seinen Platten auf die Küche zu. Max, Sanne und Christoph ergriffen kurzerhand die Flucht aus dem kleinen Räumchen, damit Johannes sich mit seiner Ladung breitmachen konnte. Max betrat jedoch sofort wieder die Küche und warf einen Blick auf die Köstlichkeiten, die sich unter der Klarsichtfolie stapelten. „Boah lecker, Melonen-Parmaschinken-Schiffchen, Tomate-Mozzarella, Käse-Trauben, Brotsticks… uuuuh, ist das Datteldip?“ Max wollte an der Ecke eines Tabletts die Folie abknibbeln, aber Johannes schlug nach seiner Hand. „Untersteh dich. Die rühren wir nicht an, bevor die Gäste da sind.“ Max funkelte ihn an. „Hallo? Wenn wir schon beim Aufbau helfen, dann haben wir uns ja wenigstens eine kleine Belohnung verdient!“ Johannes erwiderte den Blick ungerührt und sah über Max‘ Kopf hinweg zu Charlotte. „Was meinst du, Schatz?“ Charlotte verspürte unwillkürlich ein Ziehen im Bauch, wie jedes Mal, wenn er sie so nannte. Es fühlte sich auch nach einigen Wochen Beziehung immer noch ungewohnt an. Dennoch beschwor sie ein Lächeln herauf und sagte in beschwingtem Tonfall: „Ach, ein paar Häppchen könnt ihr euch ruhig gönnen, ist ja genug da.“ Charlotte bemerkte Johannes‘ beleidigten Gesichtsausdruck und hörte, wie Max leise triumphierend die Folie von einem der Tabletts löste.
Seit ein paar Monaten war die Dachgeschosswohnung Charlottes neues Zuhause und lag direkt über der Wohnung ihres Chefs. Richling, ihr Vorgesetzter, hatte ihr die Bleibe angeboten, als Charlotte unvorhergesehen in Wohnungsnot geraten war. Sie musste damals aus der 2er-WG ausziehen, in der sie bislang mit ihrer Schwester gelebt hatte. Grund dafür war die Verlobung von Sanne und Christoph, die sich unversehens auf Wohnungssuche begeben hatten. Kurz darauf hatte das Paar auch schon eine neue Bleibe gefunden – und die Schwestern-WG musste sich zwangsläufig auflösen. Da kam das Wohnungsangebot von Richling zum richtigen Zeitpunkt. Allerdings war Charlottes Chef nicht der Altruist vor dem Herrn. Vielmehr hatte er Charlotte zu einem Deal genötigt, wenn sie die Wohnung haben wollte. Einerseits sollte sie an den Wochenenden morgens mit Richlings Hund Dostojewski Gassi gehen. So konnte er – im Gegensatz zu ihr – getrost ausschlafen. Andererseits – und das war die liebste Disziplin des ehemaligen Boulevardjournalisten – sollte Charlotte Schlagzeilen machen. Konkret hieß das, sie sollte weiter in einem Fall ermitteln, in den sie vergangenen Sommer verwickelt worden war. Damals war vor ihren Augen auf dem Stuttgarter Kongress der Hauptredner tot zusammengebrochen – und Charlotte war mit einem Mal ins Visier des Mörders geraten. Der Redner war nämlich vergiftet worden. Als Charlotte Drohnachrichten erhielt, die Finger vom Fall zu lassen, wollte sie genau das tun – doch hier kam Richling ins Spiel: Als er von Charlottes prekärer Wohnsituation erfuhr, bot er ihr seine leerstehende Dachwohnung an. Aber nur, wenn sie trotz der Drohnachrichten eine Geschichte über den Mord schrieb. Richling war Chefredakteur der lokalen Zeitung Weinstadt Woche, und Charlotte war als Redakteurin bei ihm angestellt. Aus Angst, bald obdachlos zu sein, hatte sie daher zähneknirschend eingewilligt.
Jetzt wollte Charlotte ihr eigenes kleines Reich endlich gebührend einweihen. ‚Naja, genaugenommen war das ja Johannes‘ Idee mit der Feier‘, dachte sie. ‚So kurz vor meinem Geburtstag hätte es meinetwegen nicht sein müssen.‘ Bei dem Gedanken schlich sich ein nagender Zweifel in ihr Bewusstsein. Ein Gefühl, das sie in letzter Zeit häufiger hatte. Schnell versuchte sie, den inneren Zwiespalt zu schlichten. ‚Gut, er hat ja vorgeschlagen, Geburtstag und Einweihungsparty zusammenzulegen.‘ Doch das hatte Charlotte nicht gewollt. Schließlich sollte ihr dreißigster Geburtstag für sich alleine stehen. Max kam zu ihr herüberspaziert, in einer Hand ein Melonen-Schiffchen, in der anderen einen Tomaten-Mozzarella-Spieß. Kauend hielt er ihr beide Häppchen hin. Sie entschied sich für die Melone. Kaum schob sie sich den saftig-süßen Snack in den Mund, ging es ihr besser, und Max legte einen Arm um seine beste Freundin, während er sich den anderen Spieß einverleibte. Kauend sagte er: „Das ist aber sehr generös von dir… wenn schon dein Süßer uns die Freuden des Essens missgönnt.“ Giftig kam es von der anderen Raumseite von Johannes: „Ach, halt die Klappe.“ Charlotte zog die Augenbrauen hoch. Es passte ihr gar nicht, wie Johannes sich aufführte. Max schien ihre Anspannung zu spüren und rüttelte sie sanft an ihrer Schulter. „Hey, mach dich mal locker, du solltest den Tag heute genießen“, raunte er ihr zu. Daraufhin atmete Charlotte einmal tief durch. ‚Ach, wahrscheinlich ist Johannes nur gestresst, weil er will, dass es eine tolle Einweihungsparty wird‘, sagte sie sich schließlich.
Kapitel 2
Bis zum Eintreffen der Gäste verteilten Sanne und Christoph bunte Lichtgirlanden an den Deckenbalken, während Max und Johannes überraschend friedlich eine Cocktailbar errichteten. So verging die Zeit wie im Flug, und um kurz nach 19 Uhr klingelte es an der Gegensprechanlage. Charlottes Herzschlag beschleunigte sofort. Schließlich kannte sie nur einen Teil der eingeladenen Personen und wusste nicht, wer als erstes vor der Tür stehen würde. Sie blies Luft durch ihre Backen und setzte ein Lächeln auf, als sie den Hörer der Gegensprechanlage abnahm: „Ja, hallo?“ Blechern schepperte es ihr entgegen: „Sebastian und Cleo. Jetzt lass uns schon rein, wir stehen uns hier die Beine in den Bauch“, polterte er, obwohl sie erst wenige Sekunden warteten. Charlotte schnalzte mit der Zunge und drückte auf den Summer, während sie zeitgleich die Wohnungstüre öffnete. Ihr sportlicher Kollege aus der Redaktion spurtete bereits die Stufen zu ihrer Türe hoch. Hinter ihm kam jemand auf hohen Absätzen die Treppen hoch. Sebastian grinste und hielt Charlotte eine Rotweinflasche entgegen, die eine rote Schleife um den Hals trug. „Da, zum Einzug“, erklärte Sebastian überflüssigerweise und trat einen Schritt beiseite, damit seine Freundin ebenfalls eintreten konnte.
Charlotte kannte die Frau, die nun im Türrahmen erschien, bislang nur aus Sebastians Erzählungen. Sie musste zugeben, dass sie schon gespannt auf Cleo war. Wie mochte eine Frau wohl sein, die es schon seit einem halben Jahr mit einem sexistischen Macho aushielt? Charlotte wusste nicht genau, was sie erwartet hatte. ‚Wahrscheinlich ein schlecht blondiertes Etwas mit künstlicher Bräune und Gel-Nägeln, der das Aussehen ihres Freundes wichtiger ist als sein Charakter.‘ Doch Charlotte hatte sich getäuscht. Die Frau, die vor ihr stand, sah überhaupt nicht künstlich aus. Vielmehr sah Cleo aus wie ein Engel. Sie hatte natürlich weißblonde Haare, eine porentiefreine Gesichtshaut mit ebenmäßigem Teint, eine zartgliedrige Gestalt und ein bezauberndes Lächeln. Schüchtern hielt sie Charlotte ihre Hand zur Begrüßung hin. „Hi, ich bin die Cleo. Ich hab schon viel von dir gehört.“ Charlotte ergriff die Elfen-Hand und schüttelte sie leicht. Dabei schoss ihr nur ein Gedanke durch den Kopf: ‚Oh Gott, gegen die sehe ich ja aus wie ein Sack Kartoffeln.‘ Laut erwiderte sie: „Ich hoffe nur Gutes. Sebastian und ich haben ja so unsere Kollegendispute, gell?“, fragte sie, und warf Sebastian ein schiefes Grinsen zu.
Das war leicht untertrieben. Immerhin hatten beide einen handfesten Zwischenfall miteinander: Sebastian war zu einer Zeit, in der er auf mehr als Kollegialität gehofft hatte, Charlotte gegenüber handgreiflich geworden. Richling hatte davon Wind bekommen und Sebastian zur Strafe versetzt – aus der Aktuelles-Rubrik in die Sport-Rubrik. Richling hatte gewusst, dass er Sebastian damit etwas wegnahm, was ihm viel bedeutete. Und Sebastian hatte Charlotte diese Strafversetzung