Geliebter Prinz. Billy Remie

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Название Geliebter Prinz
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Legenden aus Nohva 1
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738073348



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es, seine Familie vor dem König zu blamieren.

      Allerdings würde sich Desiderius dieses Mal eine ordentliche Standpauke anhören müssen, wenn er sich danebenbenahm, denn bei diesem Treffen ging es um etwas, dass seiner Familie enorm wichtig war. Seine jüngere Halbschwester sollte mit dem ältesten Sohn des Königs verlobt werden. Dem Kronprinzen. Das würde seine Schwester zur zukünftigen Königin machen.

      Doch das konnte noch eine ganze Weile dauern. Denn Luzianer sahen zwar wie Menschen aus, doch sie lebten um einiges länger. Jahrhunderte, um genau zu sein. Es war nicht ungewöhnlich, wenn ein Luzianer tausend Sommer alt wurde. Es war auch nicht ungewöhnlich, dass sie ab einem bestimmten Alter nicht mehr alterten. Jedenfalls nicht äußerlich. Viele Legenden rankten sich um das hohe Alter und die ewige Jugend des robusten Völkchens. Eine Legende besagte, sie haben vom Jungbrunnen getrunken. Eine andere ließ glauben, sie wären alle Halbgötter.

      Desiderius vermutete, dass die Geschichte mit dem Wasser aus dem Jungbrunnen wohl am ehesten der Wahrheit entsprach. Denn es gab da etwas, das sie stark und gesund hielt. Eine Quelle der Jugend, doch um Wasser handelte es sich dabei ganz sicher nicht.

      »Möchtest du noch einen Schluck, mein Hübscher?«, säuselte eine rauchige Frauenstimme.

      Ein Fingernagel kratzte lockend über seinen Nacken.

      Aufsehend legte Desiderius den Rücken gegen die Lehne seines Stuhls, die unter dem Gewicht seiner wendigen Muskelmasse ein protestierendes Geräusch von sich gab.

      Sofort und gegen seinen Willen, schmiegten sich die weiblichen Rundungen einer blassen Dirne mit hellbraunen Haarlocken an seine Seite. Sie setzte sich ungebeten halb auf sein Bein und streckte ihm ihre beachtlichen Brüste entgegen, die aus ihrem halbgeöffneten Mieder quollen und viele Abdrücke von dreckigen Fingern aufwiesen.

      Desiderius wäre froh gewesen, wenn sie sich die Mühe gemacht hätte, sich wenigstens zu waschen, bevor sie ihm ein eindeutiges Angebot unterbreitete. Aber so oder so war sie nicht das, was er wollte, weshalb er sie genervt von seinem Schoß drängte und sich wieder auf die Tischkante lehnte.

      Er wollte, dass ihn die Dirnen in Ruhe ließen, wegen ihnen war er nicht hier.

      Die füllige Frau stockte kurz verwundert, fasste sich aber schnell wieder und wollte zum nächsten möglichen Kunden weiterziehen.

      »Ah, ah! Moment!«, hielt Desiderius sie auf.

      Sie drehte sich erwartungsvoll zu ihm um. »Nun doch?«

      Mit einer eindeutigen Geste tippte er auf den Rand des leeren Bechers und forderte: »Auffüllen!«

      Sie verzog missgelaunt ihre schönen, vollen Lippen. Welch Schande, dass dieser füllige Mund einem Weib gehörte. Solch weiche Lippen ließen stets sein Blut heiß kochen.

      Während sie roten Wein aus ihrem Krug in seinen geleerten Becher füllte, fragte sie geschäftig: »Könnt Ihr denn zahlen, werter Herr?«

      Desiderius schnaubte verachtend. »Ich bin so viel ein werter Herr wie du eine anständige Dame bist.«

      Sie bedachte ihn mit einem warnenden Blick, schien jedoch nicht beleidigt.

      Er lächelte sie an und schlug ihr ein Geschäft vor: »Was hältst du davon, wenn du mir für den Rest des Abends meine Schulden erlässt, und ich für dich im Gegenzug ein Geschäft mit meinen Freunden vereinbare?« Mit einem Kopfnicken deutete er auf seinen Nebenmann, der bereits eine Dirne auf seinem Schoß sitzen hatte und ausgelassen feierte.

      Die Dirne überlegte. »Er scheint schon bedient.«

      »Nicht ihn.« Desiderius schüttelte den Kopf. »Ich sprach von den fünf Männern neben ihm.«

      Ihre Augen schweiften den langen Tisch entlang und betrachteten die heruntergekommenen, rauen Mistkerle, die Desiderius eine Zeitlang Kameraden genannt hatte. Sie saßen auf den Bänken, tranken und grölten. Sie hatten an diesem Tag etwas zu feiern und waren in ausgesprochen ausgelassener Stimmung.

      »Sie haben gerade große Beute gemacht, sie teilen sie sicher gerne mit dir, wenn du mit ihnen teilst, was du zum Verkauf anbietest«, schlug Desiderius vor und musterte auffällig ihren leicht bekleideten Körper.

      Die Dirne überlegte noch, als Desiderius’ Nebenmann, der das Gespräch mitbekommen haben musste, sich rüber lehnte und einen Beutel Taler auf den Tisch schmiss. »Bring meinem Freund einfach ein Fass Wein, einen Becher und einen hübschen Burschen. Der Abend geht auf mich.«

      Schmunzelnd sah Desiderius seinen Kameraden an. Er war ein Mensch im mittleren Alter, hatte einen dunklen und buschigen Bart, gelocktes, langes Haar und höchstens noch zwei Zähne in seinem Mund. Schwarze Zähne. Aber er war ein überaus treuer Freund.

      »Ich danke dir, Tiff.«

      Tiff klopfte Desiderius auf die Schulter. »Ohne dich hätten wir die Karawane nicht überfallen können. Es war nett, deinen Anteil uns zu überlassen, also kann ich wenigstens den Abend für dich bezahlen.«

      Desiderius nahm die Geste mit einem dankbaren Nicken seines Hauptes an.

      Er hatte keinen Anspruch auf einen Anteil gehabt, weil er nur den Plan ausgetüftelt, aber nicht mit ihnen gekämpft hatte. Es war ihm nicht richtig erschienen, einen Anteil der Beute anzunehmen, weil er nicht dafür Seite an Seite mit ihnen sein Leben riskiert hatte.

      Nachdem Tiff sich wieder seiner blonden Dirne widmete, griff Desiderius nach dem Beutel mit den Silbertalern. Er nahm eine Handvoll heraus und legte sie in die Hand der Dirne, die darauf wartete, dass ihr jemand sagte, was sie nun zu tun hatte.

      »Das Fass mit dem Wein genügt, Teuerste«, erklärte Desiderius. »Fürs Erste.«

      Sie machte sich davon, um seinen Wunsch zu erfüllen.

      Seufzend lehnte er sich wieder zurück und ließ seinen Blick durch die Räumlichkeiten schweifen. Kerzen und Fackeln flackerten. Das Licht der züngelnden Flammen wurde von den goldenen Stoffen, die überall herumlagen, zurückgeworfen. Die halbnackten Körper, die sich in dem Bordell um Desiderius herumtummelten, schimmerten durch das Leuchten der Stoffe wie bronzefarbene Statuen. Der Schweiß, der an blasser und dunkler Haut herablief, vermischte sich mit den Düften der Getränke und kitzelte Desiderius in der Nase.

      Er betrachtete zum ersten Mal an diesem Abend, obwohl er schon einige Stunden hier zusammen mit seinen Kameraden saß, das zahlreiche Angebot. Es gab weibliche und – wie es an den Küsten üblich war – auch männliche Dirnen. Hübsche, junge Männer.

      Die violetten Küsten waren der einzige Ort in ganz Nohva, in denen die Leidenschaft zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren toleriert wurde. Die Abtrünnigen, wie das gemeine Volk in Nohva die Küstenbewohner schimpfte, machten mit ihrer Toleranz ein großes Geschäft. Frauen und Männer aus ganz Nohva kamen her und zahlten einen überteuerten Preis, um einmal das Lager mit dem gleichen Geschlecht teilen zu dürfen. Außerhalb der Küste musste man mit derartigen Vorlieben vorsichtig sein, denn wenn diese Vorliebe öffentlich wurde, ließen die Menschen Köpfe rollen.

      Desiderius wusste aber dank seiner vielen Reisen, das nicht jedes Volk derart versteift war. Es kam auf die Religion an. Die Menschen in den Ebenen und im Gebirge waren zu besessen von den Predigten ihrer Priester, um sich auf einen erweiterten Horizont einzulassen.

      Doch bei dem Waldvolk, das weder richtig Mensch noch Luzianer zu sein schien, war es üblich, dass auch gleichgeschlechtliche Verbindungen getroffen wurden.

      Desiderius hatte einst einige Monate, nachdem er bei einem verpatzten Überfall auf eine Vorratslieferung der Gebirgsarmee verletzt wurde, bei zwei Frauen aus dem Waldvolk gelebt. Er hatte nie eine tiefere Verbindung zweier Menschen erlebt.

      Aber das einfache und friedliche Leben der Waldbewohner war nichts für ihn. Auch wenn er ihre Kultur liebte und sich dort hatte frei ausleben dürfen, ohne Angst zu haben, dass sein Kopf deshalb von seinen Schultern geschlagen wurde, musste Desiderius weiterziehen. Er brauchte Abenteuer, Reisen und die Gefahr im Nacken. Er konnte gar nicht mehr anders leben.

      Obwohl die Familie seines Vaters die höchste Adelsfamilie