Gärten des Jahres 2022. Dieter Kosslick

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Название Gärten des Jahres 2022
Автор произведения Dieter Kosslick
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783766725998



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zu erzeugen.

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       Schattenplatz zum Träumen, während ein sanfter Hauch die feinen Blätter des Bambus rascheln lässt.

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       Der schmale Rasenteppich bietet dem Auge einen Ruhepol und hält die staudenreiche Pflanzung optisch zusammen.

      Belagsflächen, geschweige denn Bodenversiegelung, sind dagegen auf ein Minimum reduziert (es gibt zwei kleine Terrassen, hausnahe Laufwege sowie einen kleinen Schattensitzplatz). Nach und nach entstand sein Reich der Stauden in reiner Handarbeit, ganz ohne vorgefertigten Pflanzplan. „Kopf- und Handarbeit verliefen parallel, die Entscheidungen konnten reifen, wurden durch Überlegung und intuitiv-emotional getroffen“, erzählt der studierte Landespfleger.

      Die lang gestreckte Form des Hanggartens – nur ca. 13 m breit, dafür aber 64 Meter lang – empfand Jörg Lonsdorf als Geschenk: „Der Garten neigt sich dem Betrachter zu, so kann man die lange Blickachse interessant kulissenartig gliedern.“ Diese zentrale Sichtachse betont ein langer Rasenweg, der sich vom Haus den Hang hinauf schwingt. Damit der weite Blick auch wirken kann, ist das Raumkonzept fließend angelegt, was dem schmalen Grundstück Großzügigkeit verleiht; gliedernde Gartenzimmer gibt es nicht. Den Weg legte er nach den Trampelpfaden an, die er in der teils verwilderten Fläche vorfand, und dies möglichst platzsparend: „Er ist so flächenreduziert wie funktional möglich, um viel Platz für die Fülle der Natur zu haben.“ Die Blickachse wird immer wieder von Gehölzen oder Bambus verstellt, um Spannung zu erzeugen und die menschliche Neugier zu wecken, die jede Ecke und jeden Winkel des Gartens erkunden will. Gleichzeitig bietet der schmale Rasenteppich dem Auge einen Ruhepol und hält die staudenreiche Pflanzung optisch zusammen. Das Rückgrat des Gartens bilden außerdem klassische Buchsbäume und ein straff aufrecht geschnittener Wacholder (Juniperus communis), Immergrüne, die dem Garten auch im Winter Struktur und Orientierung geben.

      Mit diesen Orientierungspunkten kontrastiert eine artenreiche, teils wild anmutende Staudenpflanzung – Ergebnis der Experimentierlust des Pflanzenliebhabers und daher in stetem Wandel begriffen. Stück für Stück bepflanzte Jörg Lonsdorf in Handarbeit die Bereiche rechts und links des Weges – nach dem Prinzip „right plant, right place“ – ein Motto, das der englischen Gartenlady Beth Chatto zugeschrieben wird. „Also habe ich die von der Wirkung und vom Standort her passenden Pflanzen ausgewählt und bin dabei meinem Spiel- und Experimentiertrieb gefolgt, immer mit einem die Ästhetik prüfenden Blick“, berichtet der Gartenplaner.

      Doch wie aufwändig ist die Pflege eines solchen Staudenreichs? Zeitmangel ist doch eine weitverbreitete Krankheit in unserer Gesellschaft und Pflege fordert nun mal das wertvollste von uns, was wir haben: Zeit. Jörg Lonsdorf hat sich von der Vorstellung verabschiedet, dass der Garten jedes Jahr gleich aussehen muss, er lässt Dynamik zu, greift an anderer Stelle aber wieder gezielt ein. „Manche Ecke, die man früher Staudenbeet genannt hätte, vermittelt inzwischen eher den Eindruck einer Wiese. Es fällt mir der Ausspruch eines Gartenarchitekten ein, der mich schon im Alter von zehn Jahren beeindruckt hat: ‚Kultiviert verwildert.‘ Ja, das mag ich! Struktur trifft auf Chaos und Lebensfreude. Nun bin ich 51 und endlich da angekommen, nachdem ich als junger Gärtner immer alles perfekt gepflegt haben wollte“, sagt Jörg Lonsdorf. Wie es wohl weitergehen wird mit seinem lebendigen, dynamischen Garten? Eins ist sicher – nichts bleibt, wie es ist.

      LAGE DES GARTENS

      Bonn, Nordrhein-Westfalen

      GRÖSSE DES GARTENS

      730 m2

      (ohne Haus) bzw.

      830 m2

      (mit Haus)

      PLANUNGSBÜRO

      Jörg Lonsdorf - Die Gartenenthusiasten

      AUSFÜHRUNG

      Jörg Lonsdorf - Die Gartenenthusiasten

      FOTOGRAFIE

      Sabrina Rothe

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      „Mit der Zeit ist der Garten wilder geworden, doch das Grundkonzept mit den optischen Ruhepolen erlaubt dies, ohne dass reines Chaos entsteht.“

      JÖRG LONSDORF

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       PLAN

       1Wohnhaus

       2Rasenweg

       3Schattensitzplatz

       4Pflegewege durch die Bepflanzung

       5Bank am Endpunkt der Sichtachse

      Cordula Hamann – Gärten und mehr

      Nachhaltigkeit im Garten leben

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       Von der Terrasse und dem Wintergarten blickt man direkt auf den Teich mit seiner artenreichen Uferbepflanzung.

      Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit sind keine Erfindungen der jüngsten Zeit – das Thema war schon vor 30 Jahren aktuell. Damals gab es bereits Vertreter der „grünen Zunft“, die erlebnisreiche Gärten gestalteten und dabei gleichzeitig ökologisch sinnvolle Ideen umsetzten.

       Laudatio

      Dieser Garten ist ein herausragendes Beispiel für ruhige und ökologisch wertvolle Erlebnisräume. Haus und Garten verzahnen sich hier zu einer besonderen Einheit. Während sich der Innenraum über den Wintergarten transparent zum Garten öffnet, ergänzt der Teichgarten mit einer raumweitenden Wirkung. Die Wasserfläche öffnet den engen Raum, spiegelt den Himmel zwischen den schattengebenden Gehölzen und macht den wasserreichen Garten klimatisch wertvoll und tierökologisch erlebnisreich. In diesem staudenreichen und mit klaren Blattkontrasten gestalteten Garten findet man ländliches Lebensgefühl mitten in der Stadt. In angemessener Weise wurde der ursprüngliche Gehölzbestand eingebunden, regionale Materialien verwendet und die Nachhaltigkeit über Regenwasserversickerung in Pflasterfugen und Dachbegrünung abgerundet. Insgesamt ist hier ein charakteristisches Gartenbild entstanden, das spannende Raumgliederungen zwischen Abstand und Nähe schafft, Sichtbezüge und „Umwege“ bietet, abwechslungsreich ist und zudem noch eine entspannte Ruhe ausstrahlt. Dieser besondere Garten gehört zu Recht zu den Gärten des Jahres 2022. Ganz herzlichen Glückwunsch!

      Prof. Dr. Swantje Duthweiler

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       Da Haus und Grundstück direkt unterhalb des Weser-Deiches liegen, bot sich das Thema „Wasser“ mit seiner typischen Vegetation an.

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       Nachhaltige Ideen – und das bereits vor 30 Jahren: der Teich ist ausschließlich mit Lehm abgedichtet, das Dach der Garage begrünt