Название | Sodom und Gomorrha |
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Автор произведения | Elvira Alt |
Жанр | Языкознание |
Серия | Detektei Indiskret |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742736741 |
Und weiter hetzte Sascha mit Regina und Viktoria durch die Gegend, gab ihnen keine Gelegenheit nach Luft zu schnappen.
„Warum rennen wir eigentlich“, keuchte Regina. „Warum diese Hast?“
„Eine Überraschung“, zwang Sascha seine Stimme zur Fröhlichkeit. „Ihr werdet schon sehen.“
Sascha wagte einen weiteren Blick nach hinten. Momentan waren Julia und Simon außer Sicht. Vor ihnen lag ein Labyrinth. Sie rannten hinein. „Wer zuerst den Ausgang findet, bekommt eine Belohnung!“
„Sascha! Können wir uns nicht einen Augenblick ausruhen? Ich bin völlig fertig“, jammerte Regina.
Er sah sie entgeistert an. „Eine Pause? Das würde doch die ganze Überraschung kaputtmachen. Los, los, Beeilung!“
Regina nahm Viktoria beim Arm und schleppte sie hinter sich her. Sascha rannte voraus. Die Kleine keuchte auch mächtig und rang nach Luft.
„Können wir nicht endlich stehenbleiben?“, bettelte Viktoria. Langsam wurde sie zickig.
„Nein, wir sind ja gleich da!“
Sie hatten den Ausgang erreicht. Sascha blickte hastig in die Runde. Julia und Simon waren nirgends zu sehen.
„Wohin schleppst Du uns eigentlich?“ Reginas wurde energisch.
„Ihr werdet schon sehen“. Saschas Stimme verriet aufsteigende Hysterie. „Mir nach!“ Er drängte sie in Richtung Ausgang.
„Gehen wir schon wieder Papa“, beschwerte sich Viktoria. „Wir sind doch gerade erst gekommen.“
„Wir gehen woandershin, wo es viel besser ist.“
Er sah zurück. Da waren sie wieder! Julia und Simon.
Einen Augenblick später befanden sie sich auf dem Parkplatz und er rannte auf seinen Wagen zu.
„So hab ich Dich noch nie erlebt“, sagte Regina ärgerlich.
„So war ich auch noch nie“, gab Sascha der Wahrheit die Ehre. Er startete den Motor noch bevor alle Türen geschlossen waren. Sascha raste vom Parkplatz, als sei der Teufel hinter ihm her. Sein dunkles, strähniges Haar klebte an seiner Stirn.
„Sascha?!“, sagte Regina bekümmert.
Er tätschelte ihre Hand und sah sie mit seinem berüchtigten Killer-Lächeln an. Mit gespreizten Fingern fuhr er sich durch das zerzauste Haar.
„Jetzt könnt Ihr Euch ausruhen. Und als besondere Überraschung gehen wir jetzt Hamburger essen und Du bekommst eine Kindertüte.“
Es war schwül an diesem Nachmittag. Die Wolken waren vorbeigezogen, ohne ihr Versprechen von Regen und Abkühlung einzulösen aber es hatte den Anschein, als ob sich das Wetter bald ändern würde.
Sascha ließ seinen Blick müßig aus dem Wohnzimmerfenster schweifen, der Fernseher lief und dann glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. Ein Wagen kam mit quietschenden Reifen vor seinem Haus zum Stehen. Darin saßen Julia und Simon.
Regina machte im ersten Stock immer noch ihren Mittagsschlaf – dachte er.
Sascha rannte nach draußen. Er musste sie aufhalten. In diesem Moment hätte er zum Mörder werden können. Sie stieg aus dem Fahrzeug, gefolgt von ihrem Sohn. Simon hängte sich an Sascha, seinen Vater, umarmte ihn.
„Ich will zu Deiner Frau!“
„Nein!“ Seine Augen funkelten gefährlich. Sascha tippte sich mit dem Zeigefinger an seine Stirn.
Julia sah ihn grimmig an. „Wie willst Du mich aufhalten? Sehe ich sie nicht heute, sehe ich sie morgen.“
Sascha saß in der Falle. Er hatte schon eine Antwort auf den Lippen, dann senkte er den Kopf.
Der Himmel war jetzt wieder dicht mit dunklen Regenwolken verhangen. Erste Tropfen fielen vom Firmament.
Viktoria
Regina schlief nicht. Sie streckte sich gähnend und rieb sich die Augen. Der Regen fiel gleichmäßig, es ging kaum Wind. Der laute Streit, zwischen ihrem Mann und einer ihr unbekannten Frau, hatte sie aufgeweckt.
„Wir wollen uns nicht zanken, das bringt uns doch nicht weiter ...“
Regina stand am Fenster und beobachtete, durch die Gardinen, die Szene und hörte interessiert zu. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt diesem Kind - und der besorgten Miene ihres Mannes, der vor Wut zu platzen schien. Er versuchte sein Gesicht mit seinen Händen gegen den Regen zu schützen, der auf ihn, Julia und Simon, niederprasselte. Sie vermied es, die fremde Frau anzusehen. Stille. Sekunden verstrichen. Nur der Regen, der aufs Dach fiel, war zu hören und das Plätschern des Wassers, das von der Dachrinne in eine große Regentonne hineinlief.
… die letzten Wochen ihrer Schwangerschaft waren problematisch. Sie hatte alles versucht, um ihre Übelkeit zu unterdrücken, die jeden Morgen von ihrem Körper Besitz ergriff und den Großteil des Tages über anhielt. Selige Zeit der Schwangerschaft! Galle im Mund und stundenlanges Würgen über der Kloschüssel.
Sie entband ihre Tochter mittels Kaiserschnitt – ein Sohn wäre Sascha lieber gewesen.
„Wir haben ein kleines Mädchen“, freute sich Sascha tränenerstickt, als er endlich zu seiner Frau durfte. Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Und Temperament hat sie“, meinte die Hebamme. „Schauen Sie mal.“
Regina drehte den Kopf und sah winzige Fäuste, die wild in der Luft herumfuchtelten, ein Gesichtchen, leuchtend rot vor Zorn. Und dunkle Haare, jede Menge dunkler Haare, die in feuchten Löckchen am Schädel klebten. Ergriffen sah sie zu, wie die Schwester den Säugling abtrocknete und in eine Decke hüllte, ihr das kleine Bündel in den Arm legte.
Regina brachte kein Wort hervor. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Als sie auf das vom Schreien ganz angeschwollene, hochrote Gesicht hinabblickte, begann das Baby sich zu winden, als wollte es sich unbedingt aus der Decke befreien. Aus den Armen seiner Mutter.
< Bist Du wirklich mein Baby? > Regina hatte sich vorgestellt, dass dies ein Augenblick sofortiger Vertrautheit sein würde, dass sie nur ihrem Neugeborenen in die Augen schauen müsste und die Seele darin erkannte. Aber da wollte sich kein derartiges Gefühl einstellen, als sie sich unbeholfen bemühte, das zappelnde Bündel zu besänftigen. Alles was sie sah, wenn sie ihre Tochter betrachtete, war ein wütendes kleines Wesen mit verquollenen Augen und geballten Fäustchen. Ein Wesen, das in lautes Protestgeheul ausbrach.
Regina überließ Viktoria wieder den kompetenten Händen der Hebamme, die tatsächlich etwas von ihrem Geschäft verstand.
Das Verhalten der Kleinen änderte sich auch nicht in den nächsten Tagen, als sie bereits wieder zu Hause war.
Das Baby schrie nur noch lauter und wand sich, als wollte es mit aller Gewalt aus den Armen seiner Mutter entfliehen. Das Schreien hörte nicht auf, wurde mit jedem neuen Anschwellen der Sirene nur lauter und fordernder. Sie spürte, wie das gierige Mündchen nach der Milchquelle zu suchen begann. Sie führte die hungrigen Lippen ihres Babys an ihre Brust und zuckte zusammen, als der zahnlose Kiefer zubiss. Ihre Brustwarzen wurden von dem kleinen Mündchen wie in einen Schraubstock eingezwängt. Die dargebotene Muttermilch konnte die Kleine nur kurze Zeit befriedigen, bald schon begann sie wieder zu zappeln. < Ich gebe mir wirklich Mühe, aber ich habe es allmählich satt, immer nach saurer Milch zu riechen >. So eifrig, wie Regina Viktoria auch auf dem Arm wiegend knuddelte und hätschelte, ihre Tochter wollte sich einfach nicht beruhigen. < Was mach ich falsch > fragte sie sich, während Regina den frustrierten Säugling betrachtete. > Warum stell ich mich so ungeschickt an? > Sie wiegte ihr Baby im Stehen immer bemüht, sie bei Laune zu halten, auch wenn ihr selbst fast der Kragen platzte. < Ich halt das nicht