Du kannst ihm nicht vertrauen.... Irene Dorfner

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Название Du kannst ihm nicht vertrauen...
Автор произведения Irene Dorfner
Жанр Языкознание
Серия Leo Schwartz
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752906271



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war Kathi nicht mehr wie vorher. Kurz darauf wurde sie achtzehn und ist einfach gegangen. Wie jeden Morgen hatte sie ihre Tasche genommen und war für immer weg. Sie hat mich im Stich gelassen, das werde ich ihr nie verzeihen.“ Er weinte jetzt.

      „Hast du eine Ahnung, wo sie seitdem lebte?“

      Elias schüttelte den Kopf. Ob Toni ihm glauben konnte?

      „Was ist deine Vermutung? Warum hat sich Kathi umgebracht?“

      „Ich habe keine Ahnung! Wir hatten kaum Kontakt.“

      „Auch nicht in der Schule?“

      „Wenn wir uns gesehen haben, ging sie mir aus dem Weg. Außerdem war sie nicht so oft in der Schule. Keine Ahnung, was sie gemacht hat. Sie hat vermutlich das Leben genossen, während ich hier festhänge. Aber nicht mehr lange, dann hat das hier endlich ein Ende.“

      „Was meinst du damit?“

      „Ich werde ausziehen und irgendwo ein neues Leben beginnen – ohne meine Eltern. Ich werde die Schule schmeißen und eine Lehre beginnen. Es gibt für Leute wie mich Hilfen vom Staat, ich habe mich erkundigt.“

      „Das ist richtig. Welche Pläne hast du?“

      „Ich würde sehr gerne Schreiner werden, was meinen Eltern nicht gefällt. Sie wollen einen Akademiker aus mir machen, mit dem sie dann angeben können. Und wissen Sie, warum sie das wollen? Weil sie selbst nichts aus ihrem Leben gemacht haben! Meine Mutter hat nie gearbeitet und mein Vater nimmt jeden Job an, den er kriegen kann. Hat er ihnen gesagt, dass er seit Monaten arbeitslos ist?“

      „Er sprach von einem Außendienstjob.“

      „Ja, das erzählt er jedem, weil er sich dafür schämt, dass er arbeitslos ist. Und das immer wieder. Ich kann Ihnen auch sagen, warum das so ist: Niemand kommt lange mit meinem Vater klar, weil er ein Arschloch ist! Ja, das ist er! Ein egoistischer Klugscheißer, der meint, jeden maßregeln zu müssen. Das lassen wir uns innerhalb der Familie gefallen, weil er hart durchgreift und die Macht hat, aber draußen macht das doch keiner lange mit! Er verarscht jeden, wenn er wieder einen seiner Jobs verloren hat. Jeden Tag trägt er Anzug und Krawatte, um den Eindruck zu erwecken, als würde er arbeiten. Dieser Trottel meint, dass sich alle für dumm verkaufen lassen!“

      Toni musste schlucken. Elias hatte es sehr schwer. Gerade Jungs in seinem Alter sollten das Leben genießen und unbeschwert durch Leben gehen. Aber wegen ihm war er nicht hier, sondern wegen seiner Schwester.

      „Du weißt gar nichts über deine Schwester, das uns helfen könnte?“

      „Halten Sie sich an Adrian Neuwirth und Bernd Schmidt. Die beiden haben die Kathi ständig geärgert.“

      „Und du hast ihr nicht geholfen?“

      „Was sollte ich denn gegen die beiden ausrichten? Die beiden haben jede Menge Freunde, die ihnen beistehen und alles toll finden, was sie machen. Ich konnte Kathi nicht helfen, sonst hätte es mich selbst getroffen.“

      „Als Bruder wäre es deine Pflicht gewesen, ihr zu helfen.“

      Nachdem die Tränen getrocknet waren, liefen sie jetzt wieder.

      „Denken Sie, dass weiß ich nicht? Ich mache mir die größten Vorwürfe! Aber jetzt ist es zu spät, die Kathi ist tot und kommt nie wieder.“

      Toni verstrickte Elias in ein Gespräch über Bands und ihre Musik, wodurch sich Elias wieder beruhigte. Erst, als sich Toni sicher war, dass er den Jungen allein lassen konnte, konnte er sich verabschieden.

      „Ich lass Dich jetzt allein. Hier ist meine Karte. Melde dich, wenn dir noch etwas einfällt. Auch wenn du behauptest, kein Handy zu haben, glaube ich dir das nicht. Du hast eins, oder?“

      „Ja, habe ich.“

      „Kann ich deine Nummer haben?“

      Elias gab ihm zähneknirschend die Nummer, die nur sehr wenig Leute kannten.

      „Vor drei Wochen ist mir etwas aufgefallen: Nach der Schule ist die Kathi in einen grünen Kombi gestiegen. Wem das Auto gehört, weiß ich nicht. Es hatte einen blauen Aufkleber auf der Seite. Das war ein Firmenaufkleber.“

      „Hast du einen Namen erkannt oder ein Logo?“

      „Nein, darauf habe ich nicht geachtet. Mehr weiß ich wirklich nicht.“

      Toni spürte, dass das nicht die Wahrheit war, aber er wollte den Jungen nicht weiter unter Druck setzen.

      „Melde dich, wenn dir noch etwas einfällt, okay? Ich bin Tag und Nacht erreichbar.“

      „Verraten Sie mich jetzt bei meinen Eltern?“

      „Nein, das werde ich nicht tun! Alles, was wir besprochen haben, bleibt unter uns, darauf gebe ich dir mein Wort.“

      In der Zwischenzeit quälte sich Diana durch das Gespräch mit den Eltern. Dann bekam sie einen Anruf von Leo, der ihr von dem Vorfall in der Schule erzählte.

      „Es gab einen unschönen Vorfall in der Schule, bei dem Ihre Tochter das Opfer war?“ wandte sie sich nach dem Telefonat an die Eltern.

      „Das war doch nichts“, wiegelte der Vater ab. „Ein dummer Streich.“

      „Soweit ich meinen Kollegen verstanden habe, wurde Ihre Tochter mit Fäkalien beschmiert. Außerdem soll es weitere Vorkommnisse gegen Ihre Tochter gegeben haben, die immer von denselben Jungs ausgingen. In meinen Augen ist das kein Streich, sondern Mobbing.“

      „Aber nein, das ist kein Mobbing. Das waren dumme Streiche, wie sie überall vorkommen.“

      „Wenn mich jemand als siebzehnjähriges Mädchen mit Fäkalien beschmiert hätte, wäre ich ausgerastet. Wiegeln Sie das nicht einfach als Streich ab, das ist gegenüber Ihrer Tochter nicht fair.“

      „Die Sache wurde geklärt. Die Eltern haben sich vorbildlich verhalten, vor allem Frau Doktor Schmidt-Niersmann. Deren Sohn hat sich bei unserer Tochter und auch bei uns entschuldigt - der Vorfall ist damit für uns vom Tisch.“

      „Für Sie möglicherweise, aber vielleicht war es das nicht für Ihre Tochter.“

      6.

      Als Simone Dombrecht von Kathis Tod hörte, wusste sie, was zu tun war. Sie beide waren nicht nur befreundet, sondern teilten dasselbe Schicksal, auch wenn es Kathi sehr viel schlechter getroffen hatte. Kathi war tot. Gestern hatte sie ihren Selbstmord angekündigt und schien erleichtert zu sein, dass sie alles hinter sich lassen konnte. Simone wollte sie noch davon abhalten, aber Kathi war fest entschlossen. Wie ruhig sie gewesen war. Diese Ruhe, die sie dabei ausstrahlte, war erschreckend gewesen.

      Wie ging es weiter? Jetzt, da Kathi tot war, bekam es Simone mit der Angst zu tun. Sie war jetzt allein und sie vermutete, dass jetzt sehr viel mehr von ihr verlangt werden würde. Das wollte sie nicht und geriet mehr und mehr in Panik. Sie hatte sich mit der Rektorin der Berufsschule unterhalten, aber Frau Thomas konnte ihr auch nicht mehr helfen. Simone war jetzt den anderen hilflos ausgeliefert. Es gab niemanden mehr, dem sie sich anvertrauen konnte, denn ihre einzige Bezugsperson war Kathi gewesen. Was sollte sie jetzt machen? Sie hatte nicht nur Angst, sondern fühlte sich alleingelassen. Es war Zeit, dem Ganzen ebenfalls ein Ende zu setzen, so wie es Kathi getan hatte. Niemand konnte sie von ihrem Vorhaben abhalten, da es für sie nur diese einzige Lösung gab. Je länger sie darüber nachdachte, desto ruhiger wurde sie. Ja, sie hatte bald ihre Ruhe und der Wahnsinn war dann auch für sie endlich vorbei.

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