Domino I. Mario Worm

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Название Domino I
Автор произведения Mario Worm
Жанр Языкознание
Серия Domino
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752905526



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jetzt kommt die Zeit, da ich meinen Willen durchsetzen werde! Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir ohnehin auf die lange Bahnfahrt verzichtet und wären mit dem Auto gefahren. Nun gut! Nicolas hielt Ausschau nach der nächsten Autovermietung. Fehlte noch, dass jetzt Bus fahren angesagt ist. Raus aus der Stadt, rauf auf die Autobahn, das Autobahndreieck Starnberg hinter sich lassend, erreichten sie nach einer guten halben Stunde die Stadt Starnberg, suchten die Bank, die Stubbe in seinem Brief benannt hatte und stellten fest, dass selbstverständlich an einem Sonnabendnachmittag niemand in der Kanzlei war. Also bis Montag! Wieder Autofahrt, bis sie schließlich ihr Ziel Berg am Starnberger See erreichten. Frau Holsten war das ganze Gegenteil von Miquel Sances, wesentlich älter und auch deutlich reservierter. Die Anwaltskanzlei hatte ihr das Kommen des Universalerben angekündigt und ihr die Gesamtsituation erläutert, doch schien das ganze weit weg. Als Kiefer nun in Begleitung vor ihr stand, musterte sie ihn argwöhnisch. Das war er also! Oh Gott, armes Deutschland. Stubbe, immer korrekt gekleidet, selbstsicheres Auftreten, eben eine Persönlichkeit, war das Gegenteil von diesem Exemplar in seinen abgetragenen Ost Jeans und Schuhen. »Können sie sich ausweisen?«, fragte sie kühl. »Selbstverständlich«, antwortete er freundlich und reicht ihr den Personalausweis der DDR, den sie mit übertriebener Aufmerksamkeit durchblätterte. Nach intensivem Studium händigt sie den beiden Jungen ein Schlüsselbund aus. »Soll ich mitkommen, um ihnen alles zu zeigen?« »Danke, aber ich möchte mir ein unvoreingenommenes Bild machen.« »Wie sie meinen. Das Haus befindet sich in der Wehrstraße 21, gleich hier die Straße rauf, bis zur nächsten Ecke, dann rechts, vielleicht fünfzig Meter, auf der linken Seite. An der Eingangstür befindet sich ein kleiner grauer Kasten mit einer Tastatur. Bevor sie aufschließen, geben sie den Code für die Alarmanlage ein. Steht hier auf dem Zettel. Wenn sie mich brauchen oder Fragen haben, hier ist meine Telefonnummer.« »Vielen Dank. Ich werde darauf zurückkommen.« Frau Holsten sieht den beiden nach und denkt sich kopfschüttelnd: »Nein, der passt nicht hierher. Hilfe, die Ossis kommen. Was hatte sich der Stubbe dabei gedacht? Na ja, für seine Verwandten kann man ja nichts! Armes Deutschland.« Thomas Kiefer kannte das Anwesen auf Mallorca nur von Fotos, die Miquel ihm mitgebracht hatte, dieses Anwesen, vor dem er geradestand, schien noch größer und luxuriöser zu sein. Eingebettet von viel Grün liegt das Haus mit den zwei Etagen, der Wendeltreppe, zwei Bädern, einen abgeteilten Keller, mit einer Art Waschküche, sowie die eingebaute Sauna. Die Einrichtung der Zimmer schien ebenso sporadisch wie einfach und zeugte nicht von Wohlstand seines verstorbenen Eigentümers, eher wirkten sie bescheiden und doch nicht geschmacklos. Die Jungs befanden sich gerade im Untergeschoss in einer Art Bibliothek oder auch Empfangssalon. Mit einem: »Bow, eh!«, ließ sich Reimann in einen der beiden übergroßen Sessel fallen. »Ich möchte nicht wissen, was das hier wert ist!«, stellt er fest und weiß, dass das gelogen ist. Insgeheim stellt er sich schon die Schlagzeile vor: »Ostdeutscher im neu erworbenen Reichtum!« Doch Thomas scheint unbeeindruckt, oder tat er nur so? Nicolas bohrt. »Scheint ein besonderer Typ gewesen zu sein, dein Großvater.« »Mag sein. Ich hätte ihn aber lieber zu Lebzeiten gekannt. Warum, gottverflucht hat er sich nie gemeldet?« »Ich denke das kriegen wir auch noch raus. Es muss doch Leute geben, die ihn näher gekannt haben. Und irgendwie bist du ja auch entstanden. Warten wir es ab, was sich in dem Bankschließfach befindet.« Thomas schien auch eher auf dieses Resultat gespannt zu sein, als auf das ganze drum herum. »Da werden wir ja wohl bis Montag warten müssen«, resümiert er. »Eines scheint jedenfalls sicher, dein Opa war ein Gourmet, ein ausgeprägter Genießer.« Fragend sah Kiefer seinen Freund an. »Wie kommst du darauf?« »Na du warst doch auch in dem Weinkeller.« »Hab aber keine Ahnung davon.« Reimann lächelte mild: »Aber ich. Glaube mir, da waren ein paar sehr gute Tröpfchen dabei.« »Worauf du achtest!« »So bin ich eben. Hast du das italienische Restaurant, vorn an der Ecke gesehen? Komm, lass uns Muscheln essen gehen. Ich lade dich ein. Wollte schon immer mit einem Millionär essen gehen!« »Ich esse doch keine Muscheln«, schüttelt Kiefer den Kopf. »Also erstens gibt es da ja auch noch andere Sachen und zweitens kannst du ja mal von meinen probieren. Weißt du wenigstens, was dir entgeht. Ich hab jedenfalls Hunger. Lass uns gehen!« Das Ambiente des Italieners entsprach der höheren Preisklasse, die Speisen, vom Kellner mit leicht gespielter Freundlichkeit serviert, schmeckten vorzüglich, auch wenn sich Thomas tapfer weigerte, von den Miesmuscheln in Rotweinsauce zu probieren. Am frühen Abend füllte sich das Restaurant allmählich und obwohl sich die beiden in einer kleinen Nische am Ende des Gastraumes platziert hatten, kam es Kiefer so vor, als wären alle Blicke der übrigen Gäste ganz allein nur auf ihn gerichtet. Er fühlte sich beobachtet. Was auch nicht allzu verwunderlich war, kannte in diesem Ort scheinbar jeder jeden. Und sie waren nun eben mal neu hier. Außerdem hatte sicherlich auch der Buschfunk von Frau Holsten sehr gut funktioniert.

      Nach dem Essen entschlossen sie sich noch zu einem kleinen Verdauungsspaziergang. Sie trotteten an der Uferpromenade, der Seestraße entlang, rauchten und genossen den ersten wirklich warmen Frühlingsabend. »Na, wie sieht’s aus? »Anbaden?« Nicolas sah seinen Freund ungläubig an. »Ist nicht dein Ernst. Hast du aufsteigende Hitze?« »Warum, ist doch schön warm.« »Nicht mit mir. Ich warte noch. Bei den Wassertemperaturen friere ich mir doch den Arsch ab. Aber tue dir keinen Zwang an!« Kiefer lacht: »Du alte Mimose, Warmduscher! Aber beruhige dich, war nur ein Spaß.« »Dir traue ich in solchen Sachen alles zu.« Kiefer wird ernst: »Hast du eigentlich vorhin bemerkt, wie die uns alle angestarrt haben?« »Wer?« »Na vorhin, beim Italiener. Ich hatte das Gefühl unter ständiger Beobachtung zu stehen.« Reimann lacht und sagt ironisch: »He Alter, wir sind hier im tiefsten Westen! Deine Stasi gibt‘s hier nicht, die haben wir schön bei euch im Osten gelassen. Nonsens. Einbildung ist auch eine Art von Bildung.« »Mag sein. Mir kam es halt so vor.« Thomas zeigt mit der Hand zum Horizont: »Aber ist doch geil, der Sonnenuntergang, oder?« Im knalligen Rotgold versank der Feuerball im Starnberger See und spiegelte seine restlichen Strahlen im Wasser. »Hm«, Reimann schien nicht so beeindruckt, hegte eher andere Gedanken. »Was hältst du davon, wenn wir zurück gehen, eine gute Flasche Wein öffnen und auf das Wohl deines Opas anstoßen?« Thomas grinste: »Ich hab mich schon gefragt, wie lange es dauern würde, bis du diese Frage stellst!« Die beiden machten sich auf den Weg und bemerkten nicht das abgestellte Auto am Straßenrand. Sie sahen auch nicht den Fahrer, der einen Fotoapparat in den Händen hielt, und sie hörten auch nicht das pausenlose Klicken.

      Nach der zweiten Flasche bemerkte Kiefer den Beginn eines Rausches und als sich Nicolas, dem es anscheinend nichts ausmachte, anschickte den letzten Tropfen aus der Flasche in sein Glas zu schütten, winkte er nur müde ab: »Ich hab genug. Das Zeug mag ja gut sein, mir ist das einfach zu sauer. Wenn du möchtest, hol dir noch eine Flasche, aber lass mich raus!« »Herb. Man nennt das herb und nicht sauer«, verbesserte ihn Reimann und stellte fest: »Ein guter Wein muss herb sein, das verhindert den schweren Kopf am nächsten Tag.« »Wegen meiner auch das. Trotzdem hab ich genug. Aber wie gesagt, Nico, tue dir keinen Zwang an.« »Ich kann ja mal schauen, ob ich was lieblicheres finde«, beruhigte Reimann sein Gewissen und stieg zum wiederholten Mal in den Keller, während sein Freund den Fernseher einschaltete. Als Nicolas nach einer Viertelstunde immer noch nicht zurück war, machte sich Thomas Gedanken: »Das kann doch nicht so lange dauern, eine Flasche Wein auszusuchen. Der wird doch nicht im Suff die Treppe runtergesegelt sein?« Gerade wollte er sich vom Sessel erheben, um nachzuschauen, als plötzlich Reimann, ohne eine Flasche Wein, dafür aber mit einem aschfahlen Gesicht vor ihm stand. »Los komm mit!« »Was ist denn? War die richtige Sorte nicht dabei?« »Du wirst Augen machen! Komm! Ich habe was entdeckt.« Auf dem Weg in den Keller erstattete Reimann Bericht: »Ich nehme eine Flasche nach der anderen aus dem Regal und sehe plötzlich dahinter eine Tür. Habe ich also die restlichen Flaschen ausgeräumt und bin rein in den Raum. Und nun pass auf!« Kiefer sah die Flaschen auf dem Kellerboden und die Tür in der Wand. »Los, geh rein!« Das matte Licht der Kellerlampe beleuchtet nur schwach den Raum und Thomas erkannte nur schemenhaft die Umrisse der hier gebunkerten Gegenstände. Schauer jagten über seinen Rücken und ließen ihn schlagartig wieder nüchtern werden. Verwirrt versuchte er zu begreifen, was Reimann auf den Punkt bringt: »Also, entweder war dein Opa ein Big Nazi oder ein fanatischer Sammler von nationalsozialistischen Devotionalien.«

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