Der Wüstensklave. J. D. Möckli

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Название Der Wüstensklave
Автор произведения J. D. Möckli
Жанр Языкознание
Серия Der Wüstensklave
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752915969



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bewusst offen stehen lassend, hängt er die Netze in die Boxen. »Na, der Hunger ist ja wirklich extrem groß.« Kopfschüttelnd beobachtet Jamon Rocky und Blacky, die das Heu in den Boxen ignorieren und lieber verspielt durch den Schnee traben und sich genüsslich wälzen. »Immerhin kann ich jetzt in aller Ruhe ausmisten.«

      Irgendwann wird es auch den beiden Pferden zu langweilig und der Hunger größer als der Schneespaß. Sie traben zurück in ihre Boxen und fangen an zu fressen.

      Seufzend betrachtet sich Jamon nun den Hinterhof und holt die Schneeschaufel.

      Je länger er den Schnee zusammenschiebt, desto wärmer wird ihm, sodass er nach einiger Zeit sogar die Knöpfe seiner Jacke öffnet.

      Erleichtert stellt er nach getaner Arbeit fest, dass er noch keine Asche streuen muss.

      Mit der Putzkiste geht Jamon zurück zu den Pferden und beginnt sie zu striegeln, als er plötzlich eine gereizte Frauenstimme hört:

      »Wer hat denn hier das Tor mit Seilen versperrt? Das geht ja mal gar nicht! Also nein auch!« Fluchend hängt Naoko die Seile aus und lässt sie achtlos auf den Boden fallen, ehe sie sich in dem frisch geräumten Hinterhof umsieht. Gefolgt von ihrer schwer bepackten Sklavin steuert sie zielstrebig die Hintertür an und stößt sie, ohne anzuklopfen, auf. »Herr Mutsuo? Kai? Ich bringe die bestellten Leinenballen«, ruft sie laut, während sie mit ihren nassen Schuhen und dem mit Schnee bedeckten Mantel einfach durch den frisch geputzten Flur geht.

      Auf halbem Weg kommt ihr Ren aus der Küche entgegen. »Guten Morgen, Frau Fuku. Sie hätten uns die Stoffballen doch nicht selbst bringen müssen. Kai wollte heute Nachmittag bei Ihnen vorbeischauen.«

      »Guten Morgen, Herr Mutsuo. Ach, ich habe sowieso gerade in der Gegend zu tun. Da macht es ja keine Umstände, die Ballen gleich mitzubringen. Außerdem wollte ich mir mal diese neuen Stoffe ansehen, die inzwischen in der Stadt in aller Munde sind.« Sie sieht den alten Mann lächelnd an, runzelt aber unwillkürlich die Stirn, als sie ein empörtes Schnauben hört.

      »Miss, wir haben den Boden frisch geputzt. Ist es etwa zu viel verlangt, dass Sie sich die Schuhe zumindest abklopfen, wenn Sie sie schon nicht ausziehen?« Tadelnd sieht Jamon Naoko an, als er auf sie zu geht.

      Trotz des Sklavenhalsbandes ist seine Ausstrahlung eindeutig, was sie unwillkürlich einen Schritt zurücktreten lässt, ehe sie sich wieder fängt. »Sei nicht so frech, Sklave. Dann putzt du den Boden eben noch mal. Das ist schließlich deine Arbeit«, weist sie Jamon spitz zurecht und blickt dann zum alten Mutsuo. »Sie sollten ihren Sklaven besser erziehen. Er ist viel zu respektlos und muss dringend lernen, sein freches Mundwerk im Zaum zu halten.«

      Nur mit Mühe kann sich Ren ein breites Grinsen verkneifen. »Tut mir leid, aber Yari hat im Prinzip recht. Außerdem ist es meine Aufgabe, den Boden hier zu putzen. Er ist für den Stall zuständig und hilft Kai im Laden. Sie haben also jetzt mir zusätzliche Arbeit aufgehalst, Frau Fuku.«

      Empört schnappt Naoko nach Luft. »Wie auch immer. Sie können ja dem Sklaven die Aufgabe geben, dass er den Boden putzt. Das ist ja schließlich nicht mein Problem.« Ohne Ren und Jamon noch weiter zu beachten, wendet sie sich um und stolziert in Richtung Laden – gefolgt von ihrer Sklavin, die den Blick demütig gesenkt hält; dennoch können die beiden Männer das amüsierte und eindeutig schadenfreudige Grinsen sehen.

      Als die beiden Frauen verschwunden sind, blickt Ren kopfschüttelnd zu Jamon. »Reiß dich das nächste Mal bitte etwas mehr zusammen. Die Fuku ist zum Glück relativ harmlos, aber wir wollen unser Glück doch nicht zu sehr herausfordern.«

      Knurrend verschränkt Jamon die Arme. »Warum sollte ich? Ihr bricht doch kein Zacken aus der Krone, wenn sie sich die Schuhe auszieht oder sie und den Mantel zumindest vom Schnee befreit.«

      »Ach, Jamon, die war schon immer so, also ärgere dich nicht zu sehr über sie.«

      Von dem Gespräch bekommt Naoko zum Glück nichts mit, weil sie versonnen Kai beobachtet, während dieser eine Kundin bedient. Als sie endlich allein im Laden sind, räuspert sie sich und tritt lächelnd auf Kai zu. »Kai, mein Lieber, wir haben uns ja ewig nicht mehr gesehen. Wie geht es dir denn?«

      Das Lächeln erwidernd reicht Kai ihr die Hand. »Hallo, Naoko. Es ist bestimmt vier Wochen her, dass ich bei dir gewesen bin, um neues Leinen zu bestellen. Aber sag mal, was verschlägt dich denn hierher? Wir hatten doch damals ausgemacht, dass ich heute zu dir komme und die Leinenballen abhole.«

      Mit einer Handbewegung befiehlt Naoko ihrer Sklavin, dass sie die Ballen auf den Tresen legen soll, während sie sich weiter auf Kai konzentriert. »Ach, ich war gerade in der Gegend und es macht ja keine Mühe, die Ballen gleich mitzubringen. Außerdem wollte ich mir deine neuen Stoffe mal ansehen, die du aus Edo mitgebracht hast. Vielleicht kann ich sie ja nachweben.«

      Kai blickt zu der Sklavin, die offensichtlich erschöpft ist und sich jetzt unauffällig in die Nähe des Ofens stellt. »Verstehe, dann zeige ich dir doch am besten gleich einen der Ballen, den ich gerade wieder wegräumen wollte«, schlägt er vor.

      Sofort richtet Naoko ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Stoff, den Kai ihr zeigt, und untersucht ihn gründlich. »Das ist wirklich eine sehr gute Arbeit. Da war ein wahrer Meister am Werk.« Mit leuchtenden Augen streichelt sie das feine Tuch.

      Den Moment nutzt Kai, um der durchgefrorenen Sklavin unauffällig einen Becher von seinem noch warmen Tee zu geben. »Hier, trink. Das wärmt dich auch ein wenig von innen«, flüstert er ihr zu und stellt sich dann wieder neben Naoko. »Oh ja, ich bin auch wirklich froh, dass ich ihn auf dem Markt entdeckt habe. Allerdings ist es wohl schwer, ihn gut zu verarbeiten. Aja meinte, dass sie wohl eine der wenigen ist, die mit dem Stoff klarkommen«, erzählt er freundlich, aber auch leicht distanziert.

      »Das glaube ich ihr sofort. Aber jetzt mal etwas anderes: Hast du dich endlich dazu entschieden, zu heiraten? So langsam wird es nämlich Zeit, dass du unter die Haube kommst und für einen Nachfolger sorgst.« Mit einem vielsagenden Blick sieht sie Kai an.

      Der seufzt jedoch nur und schüttelt den Kopf. »Naoko, was soll das? Du weißt doch genau, dass ich mich nicht für dich interessiere. Du bist eine nette Frau, aber schlag dir das aus dem Kopf. Das habe ich dir schon damals in der Schule gesagt.«

      »Aber Kai … Wir würden doch wunderbar zusammenpassen, schon allein wegen unseren Geschäften. Ich webe die Stoffe und du verkaufst sie und wenn wir heiraten würden, dann würde es direkt in der Familie bleiben.«

      »Naoko! Ich habe Nein gesagt. Ich bin nicht interessiert.« Nun nicht mehr ganz so freundlich, sondern eindeutig genervt, greift Kai in die Kasse, nimmt die bereits fertig abgezählten vierzig Silbermünzen heraus und reicht sie ihr. »Hier, deine Bezahlung. Ich danke dir, dass du die Ballen vorbeigebracht hast.«

      Nun eindeutig verstimmt, nimmt Naoko die Münzen und steckt sie in ihren Beutel. »Danke. Dann würde ich sagen, bis zum nächsten Mal.« Mit einer energischen Handbewegung befiehlt sie ihrer Sklavin, ihr die Tür zu öffnen, und stolziert ohne ein weiteres Wort aus dem Laden. Dass sie dabei beinahe einen Kunden über den Haufen rennt, ist ihr egal.

      Tief durchatmend, um sich wieder ein wenig zu beruhigen, tritt Kai auf den Kunden zu und begrüßt ihn freundlich, während Jamon unauffällig durch die Verbindungstür reinkommt und ein paar Holzscheite neben dem Ofen in den Korb legt. Kurz nicken sie sich zu, ehe Jamon die schweren Leinenballen nimmt und ins Lager trägt, wo er sie auf den Schreibtisch legt.

      Kopfschüttelnd streckt Jamon den Rücken durch, als Ren reinkommt und breit grinst. »So wie ich das mitbekommen habe, hat die Fuku von Kai mal wieder eine Abfuhr bekommen.«

      Stirnrunzelnd wickelt Jamon die Leinenballen aus. »Wie meinst du das? Ist sie etwa hinter ihm her?«, fragt er und sieht hoch. »Ach ja, könntest du mir sagen, in welches der Fächer diese Ballen kommen müssen?«

      »Die kommen in dieses Fach hier und ja, sie ist schon seit der achten Klasse hinter Kai her und genauso lange weist er sie auch ab. Aber sie hat sich einfach in den Kopf gesetzt, dass sie als Weberin und er als Stoffhändler perfekt zusammenpassen würden, und soviel ich weiß, versucht sie ihn jedes Mal, wenn sie