Dämonentreue. Dagny Kraas

Читать онлайн.
Название Dämonentreue
Автор произведения Dagny Kraas
Жанр Языкознание
Серия Dämonentreue
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752921366



Скачать книгу

Llegar ist fest entschlossen, den Goldsuchern um jeden Preis Schutz zu bieten, da sie ihm wertvolle Steuereinnahmen sichern. Ich fürchte, er würde dafür auch Dämonen zur Strecke bringen.«

      »Und?« fragte Cridan noch einmal, hob die Schultern und schob sich einen weiteren Bissen in den Mund.

      Er lächelte scheinbar unbeeindruckt und fügte dann provokant, gepaart mit einem Blick voll abwartender Berechnung, hinzu: »Was schert dich das?«

      »Ich bin der König aller T‘han T‘hau«, entgegnete Mar‘Tian im gleichen Tonfall. »Nicht nur ihr gewählter Herrscher. Es ist die Bestimmung meines Bluts, über allen Dämonen zu stehen als ihr König.«

      Cridan runzelte ganz leicht die Stirn.

      »Und?« fragte er ein drittes Mal, jetzt eindeutig spöttisch. »Du kennst diese Dämonen dort nicht.«

      Béo sah ihn verwirrt an. Sie begriff ganz offensichtlich nicht, was er bezweckte.

      Mar‘Tian lachte leise.

      »Ich kenne auch die Einwohner von Nerding nicht«, erwiderte er, »und doch würde ich ihnen zu Hilfe eilen, wenn sie diese bräuchten. Ein Volk zu beherrschen bringt auch Pflichten mit sich, und die Pflicht, es zu beschützen, ist die oberste und wichtigste eines jeden Herrschers. Und deshalb werdet ihr Llegars Bitte folgen und nach Initim gehen. Oder besser: nach Korat.«

      »Wir?« fragten Cridan und Béo wie aus einem Munde.

      Mar‘Tian nickte.

      »Ihr beide, zusammen mit einem Hofstaat, wie er sich für eine Königin gehört, sowie ausgewählten Männern aus meinen und Tikos Reihen.«

      »Und warum ich?« fragte Béo erstaunt und kam damit Cridan zuvor.

      Mar‘Tian sah sie ernst an.

      »Aus mehreren Gründen«, antwortete er. »Ich würde selbst gehen, aber ich bin derzeit nicht abkömmlich hier auf Gantuigh. Der Frieden ist kaum ein Jahr alt, und um ihn weiter voranzutreiben, braucht es Tiko und mich. Keiner von uns beiden wird in der nächsten Zeit die Insel verlassen können. Zu wichtig ist die Rolle, die wir spielen, wenn wir T‘han T‘hau und Menschen wirklich wieder vereinen wollen.«

      Er machte eine Pause und sah seine Frau mit leicht schräg gelegtem Kopf an.

      »Warum du? Das will ich dir sagen: Zum einen gibt es dir eine Gelegenheit, zu Tiko zu reiten und Ajula wiederzusehen. Du warst schon viel zu lange nicht mehr dort. Zum anderen brauche ich jemanden, der diplomatisch geschickter ist als ich, um mit Llegar zu verhandeln, aber trotzdem über eine so hohe Stellung verfügt, dass sich Initims König nicht zurückgesetzt fühlt. Zum dritten, und das ist der eigentliche Grund, kann ich es nicht mehr ertragen, deine Langeweile mit ansehen zu müssen! Glaube doch nicht, ich würde es nicht merken«, unterbrach er ihren Redeansatz unwirsch. »Ich weiß, du unterrichtest die Kinder in L‘hunival im Lesen und Schreiben, aber sonst hast du keine Aufgabe – und L‘hunival hat nicht so viele Kinder, dass es dich lange genug beschäftigen würde! Du langweilst dich. Ich sehe es dir an, jeden Abend, wenn ich unsere Gemächer betrete; ich höre es, wenn du mir von deinem Tag erzählst und nach meinem fragst; ich spüre es, wenn du neben mir liegst! Es wird Zeit, dass du mal wieder hier heraus kommst und etwas anderes tust! Und wo wüsste ich dich wohl besser aufgehoben als bei dem mächtigsten Dämon aller Zeiten?«

      Er wies mit einem Kopfnicken auf Cridan.

      Béo schien vor lauter Überraschung für einen Moment sprachlos.

      »Und was sollen wir in Initim?« fragte sie dann.

      »Mein Volk nach Hause holen«, erwiderte Mar‘Tian knapp. »Llegar war sehr deutlich in seiner Nachricht. Er bittet, oder besser: Er fordert von mir, diese Angelegenheit zu klären, ansonsten wird er es nach seinem eigenen Gutdünken tun. Ich werde ihm noch heute einen Brief senden, in dem ich ihm die Lage erkläre, und ihr bringt die T‘han T‘hau, so es denn welche gibt, zurück nach Gantuigh, damit Llegar zufrieden ist. Ich lege keinen Wert auf Streitigkeiten mit einem anderen Reich. Ganz und gar nicht. Wir haben genug damit zu tun, unsere innere Stabilität wiederzufinden, da will ich keinen Ärger von außerhalb. Wenn das bedeutet, dass ich meine Frau über das Meer schicken muss, um eine Handvoll versprengter T‘han T‘hau zur Vernunft zu bringen, dann sei es eben so.«

      »Eine große Aufgabe für dich, meine Königin«, nickte Cridan anerkennend. »Ich fühle mich geehrt, dich begleiten zu dürfen.«

      »Begleiten?«

      Mar‘Tian lachte trocken auf.

      »Du irrst dich, Cridan, wenn du glaubst, dass du sie lediglich begleiten sollst! Um ehrlich zu sein, brauche ich Béo zwar, um mit Llegar zu verhandeln – sie hat ein Händchen dafür, mit halsstarrigen Machthabern umzugehen, aber was die T‘han T‘hau angeht, so wird das deine Aufgabe sein, mein Freund.«

      Cridan atmete hörbar ein. »Meine?«

      »Deine«, nickte Mar‘Tian. »Ich brauche einen Dämon, um Dämonen zu überzeugen, und im schlimmsten Fall einen Kämpfer, der meinen Anspruch durchsetzen kann.«

      »Aber ich trage das königliche Erbe nicht«, wandte Cridan ein.

      Mar‘Tian machte eine wegwerfende Geste.

      »Das brauchst du nicht. Ich habe mir eure Gesetze erklären lassen, und glaube mir, ich habe gründlich nachgefragt. Es ist durchaus legitim, einen Kämpfer ohne Zugehörigkeit zur königlichen Blutlinie zu wählen, wenn es aus der Situation heraus nicht anders zu lösen ist und ohne die Lösung dieser Frage eine konkrete Gefahr besteht. Llegars Androhung ist eine konkrete Gefahr. Also kannst du als mein Stellvertreter auftreten, mit allen Rechten, die ich auch selbst hätte, wäre ich anwesend.«

      Cridan kannte die Gesetze der T‘han T‘hau besser als jeder andere, doch er hatte so seine Zweifel. Mar‘Tian hatte Recht: Wenn tatsächlich T‘han T‘hau auf Korat lebten, die sich nach den alten Gesetzen richteten, würden sie ihn als Stellvertreter Mar‘Tians akzeptieren und ihm zum König der T‘han T‘hau folgen. Wie es allerdings aussehen mochte, wenn sie ihre eigenen Gesetze hatten und wie diese dann lauten würden, wagte er nicht einmal zu ahnen.

      »Und wie kommen wir nach Initim?« fragte Béo aufgeregt und unterbrach damit Cridans Gedanken.

      »Mit der Herz von Gantuigh«, erwiderte Mar‘Tian. »Sie liegt im Hafen von Q‘ada und wartet schon auf euch.«

      »Oh«, entfuhr es Béo. »Und unter wessen Kommando werden wir fahren?«

      »Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt«, nickte Mar‘Tian nachdenklich. »Wenn ich mich recht erinnere, hat Tiko diesbezüglich einmal etwas erwähnt. Vor dem Krieg besaß er zwei Schiffe, richtig?«

      Er sah Cridan an. Dieser nickte.

      »Die Falkenflug und die Wellenstolz. Die Herz von Gantuigh ist nach ihrem Vorbild gebaut, soweit ich weiß.«

      »Es ist nicht nur das«, sagte Mar‘Tian, »nicht wahr? Wenn es stimmt, was Marud‘shat mir erzählt hat, fuhr die Wellenstolz unter Tikos Kommando, und die Falkenflug unter deinem.«

      Er hielt kurz inne, bevor er weitersprach: »Cridan – ich will, dass du die Herz von Gantuigh segelst.«

      Cridan traute seinen Ohren nicht.

      »Ich soll…?« Überraschung und unbändige Freude wallten in ihm auf, so heftig, dass er das Lächeln, das sich auf seinem Gesicht ausbreitete, nicht mehr unterdrücken konnte.

      »Entschuldigt mich für einen Moment«, bat er.

      Mar‘Tian hob belustigt eine Braue.

      »Geh nur«, sagte er mit einer auffordernden Geste und freundlichem Spott in der Stimme. »Aber vergiss nicht zurückzukommen, wenn du dem Gefühlsüberschwang, den ich zu erkennen glaube, genug Luft gemacht hast, um deinen Gesichtsausdruck wieder in die reglose Ungerührtheit zu verwandeln, die ich so sehr an dir bewundere.«

      Cridan spürte Béos verdutzten