Mahamudra Tantra. Geshe Kelsang Gyatso

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Название Mahamudra Tantra
Автор произведения Geshe Kelsang Gyatso
Жанр Философия
Серия
Издательство Философия
Год выпуска 0
isbn 9783752999648



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Zentralkanals in einem Bogen hinauf zum Scheitel des Kopfes. Vom Scheitel des Kopfes bis zum Nabel sind diese drei Kanäle gerade und verlaufen dicht nebeneinander. Der Verlauf des linken Kanals unterhalb des Nabels führt in einer Biegung nach rechts und trennt sich damit leicht vom Zentralkanal. An der Spitze des Geschlechtsorgans trifft er wieder mit dem Zentralkanal zusammen. Hier dient er dazu, Sperma, Blut und Urin zu halten oder loszulassen.

      Der Verlauf des rechten Kanals unterhalb des Nabels führt in einer Biegung nach links und endet an der Spitze des Darmausganges, wo er dazu dient, Kot usw. zu halten oder freizulassen.

      Der rechte Kanal und der linke Kanal winden sich an verschiedenen Stellen um den Zentralkanal und bilden dadurch die so genannten Kanalknoten. Die vier Stellen, wo diese Knoten entstehen, sind von unten nach oben das Nabel-Kanalrad, das Herz-Kanalrad, das Hals-Kanalrad und das Scheitel-Kanalrad. An all diesen Stellen außer auf der Höhe des Herzens gibt es einen zweifachen Knoten, der durch eine Windung des rechten Kanals und eine Windung des linken Kanals gebildet wird. Während der linke und der rechte Kanal zu diesen Stellen aufsteigen, winden sie sich dort in einer Schlinge um den Zentralkanal, indem sie sich vorne kreuzen und sich um ihn herumwinden; von dort aus gehen sie weiter nach oben zum nächsten Knoten. Auf der Höhe des Herzens geschieht dasselbe, außer dass sich hier ein sechsfacher Knoten befindet, der durch eine dreifache überlappende Schlinge der beiden flankierenden Kanäle gebildet wird. Die Kanäle sind die Bahnen, durch die die inneren Winde und Tropfen fließen. Zu Anfang genügt es, einfach mit der Beschreibung und Visualisierung der drei Kanäle vertraut zu werden. Eine ausführlichere Erklärung der Kanäle kann in Anhang II gefunden werden.

      Es gibt zwei Arten von Tropfen im Körper: weiße Tropfen und rote Tropfen. Die erstgenannten sind die reine Essenz der weißen Samenflüssigkeit oder des Spermas und die letzteren sind die reine Essenz des Blutes. Beide haben sowohl grobe wie subtile Formen. Die weißen und roten Tropfen, die außerhalb des zentralen Kanals fließen, sind grobe Tropfen. Der zentrale Kanal beinhaltet sowohl grobe wie auch subtile Tropfen.

      Der hauptsächliche Sitz des weißen Tropfens, der auch als „weißer Bodhichitta“ bekannt ist, ist das Scheitel-Kanalrad. Von hier nimmt die weiße Samenflüssigkeit ihren Ursprung. Der hauptsächliche Sitz des roten Tropfens, der auch als „roter Bodhichitta“ bekannt ist, ist das Nabel-Kanalrad. Von hier nimmt das Blut seinen Ursprung. Der rote Tropfen beim Nabel ist auch die Grundlage für die Wärme des Körpers und die Grundlage für die Erlangung der Realisationen des inneren Feuers oder Tummo. Wenn die Tropfen schmelzen und durch die Kanäle fließen, lassen sie eine Erfahrung der Glückseligkeit entstehen.

      Wie zuvor erklärt gibt es beim Herz-Chakra einen sechsfachen Knoten, der durch drei Windungen des rechten und linken Kanals gebildet wird und den Zentralkanal zusammenschnürt. Dieser Knoten ist am schwierigsten zu lösen, aber wenn er gelöst wird, erlangen wir große Kraft. Da der Zentralkanal beim Herzen durch diesen sechsfachen Knoten zusammengeschnürt wird, ist er blockiert wie das Innere eines Bambusrohres. Mitten in diesem Knoten innerhalb des Zentralkanals gibt es einen kleinen Hohlraum, und innerhalb dieses Hohlraumes gibt es einen Tropfen, welcher der «unzerstörbare Tropfen» genannt wird. Er hat etwa die Größe einer kleinen Erbse, deren obere Hälfte weiß und deren untere Hälfte rot ist. Die Substanz der weißen Hälfte ist die sehr klare Essenz von Sperma und die Substanz der roten Hälfte ist die sehr klare Essenz von Blut. Dieser Tropfen, der sehr rein und subtil ist, ist die eigentliche Essenz aller Tropfen. Alle anderen gewöhnlichen weißen und roten Tropfen, die sich in unserem ganzen Körper befinden, stammen ursprünglich von diesem Tropfen.

      Der unzerstörbare Tropfen ist wie eine kleine Erbse, die in zwei Hälften geteilt, leicht ausgehöhlt und dann wieder zusammengefügt wurde. Er wird der „unzerstörbare Tropfen“ genannt, weil seine zwei Hälften sich bis zum Tod nie trennen. Wenn wir sterben, lösen sich alle inneren Winde in den unzerstörbaren Tropfen auf und dies verursacht die Öffnung des Tropfens. So wie sich die zwei Hälften trennen, verlässt unser Bewusstsein sofort unseren Körper und geht zum nächsten Leben weiter.

06_Dharmavajra

      DER UNZERSTÖRBARE WIND UND GEIST

      Die Natur des unzerstörbaren Windes ist ein sehr subtiler „innerer Wind“. Innere Winde sind Energie-Winde, die durch die Kanäle des Körpers fließen. Sie sind viel subtiler als äußere Winde. Sie sind assoziiert mit und dienen als Träger für verschiedene Geistesarten. Ohne diese Winde könnte sich unser Geist nicht von einem Objekt zu einem anderen bewegen. Es heißt, dass innere Winde wie jemand sind, der blind ist, aber Beine besitzt, da sie nichts wahrnehmen können, aber sich dennoch von einem Ort zum anderen fortbewegen können. Geistesarten sind wie jemand, der Augen, aber keine Beine hat, weil Geistesarten sehen können, sich aber ohne ihre Träger, die inneren Winde, nicht bewegen können. Weil Geistesarten immer von den mit ihnen assoziierten Winden getragen werden, können sie sowohl sehen als auch sich bewegen.

      Die inneren Winde, die durch die linken und rechten Kanäle fließen, sind unrein und schädlich, weil sie als Träger für die Geistesarten des Festhaltens am Selbst, der Selbst-Wertschätzung und anderer Verblendungen dienen. Wir müssen große Anstrengungen unternehmen, um diese inneren Winde in den zentralen Kanal zu bringen und sie dort aufzulösen, damit wir die Entstehung dieser Verblendungen verhindern können.

      Für gewöhnliche Wesen treten die inneren Winde nur während des Todesprozesses und des Schlafens in den Zentralkanal ein, verweilen dort und lösen sich auf. Zu diesen Zeiten manifestiert sich der unzerstörbare Wind und Geist, aber gewöhnliche Wesen können dies nicht erkennen, weil ihr Gedächtnis und ihre Achtsamkeit zu dieser Zeit nicht funktionieren können. Tantrische Praktizierende der Vollendungsstufe können zu jeder Zeit durch die Meditation über die Kanäle, Winde und Tropfen bewirken, dass ihre inneren Winde in den Zentralkanal eintreten, dort verweilen und sich auflösen. Sie können deshalb die fünf Stufen des Tantras der Vollendungsstufe erreichen: (1) die anfängliche Realisation der spontanen großen Glückseligkeit (isolierter Körper und isolierte Rede der Vollendungsstufe), (2) endgültiges beispiel-klares Licht, (3) illusorischer Körper, (4) sinn-klares Licht, (5) die Vereinigung von sinnklarem Licht und dem reinen illusorischen Körper. Nach der fünften Stufe werden Praktizierende die eigentliche Erleuchtung innerhalb weniger Monate erlangen.

      Es gibt fünf Ursprungs- und fünf Zweigwinde. Die Ursprungswinde sind:

      1. Der lebenserhaltende Wind

      2. Der abwärts-entleerende Wind

      3. Der aufwärts-strömende Wind

      4. Der gleichmäßig-verweilende Wind

      5. Der durchdringende Wind

      Die fünf Zweigwinde sind:

      1. Der sich bewegende Wind

      2. Der sich intensiv-bewegende Wind

      3. Der sich vollkommen-bewegende Wind

      4. Der sich stark-bewegende Wind

      5. Der sich definitiv-bewegende Wind

      Eine ausführliche Erklärung der inneren Winde kann in Anhang III gefunden werden.

      Der unzerstörbare Wind ist der sehr subtile Wind, der mit dem sehr subtilen Geist assoziiert ist und als dessen Träger dient. Er wird der „ständig verweilende Körper“ genannt, weil wir diesen Körper beständig Leben für Leben gehabt haben. Obwohl unser Geist der Selbst-Wertschätzung glaubt, dass unser gegenwärtiger Körper unser eigener Körper sei und diesen Körper schätzt, ist unser gegenwärtiger Körper in Wirklichkeit ein Teil der Körper anderer, weil er ein Teil der Körper unserer Eltern ist. Unser Ich oder Selbst, welches unserem gegenwärtigen Körper zugeschrieben wird, wird am Ende des Todesprozesses sterben, während