Das Bildnis des Dorian Gray. Oscar Wilde

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Название Das Bildnis des Dorian Gray
Автор произведения Oscar Wilde
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752916331



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      Oscar Wilde

      Das Bildnis des Dorian Gray

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Vorbekenntnis

       Erstes Kapitel

       Zweites Kapitel

       Drittes Kapitel

       Viertes Kapitel

       Fünftes Kapitel

       Sechstes Kapitel

       Siebentes Kapitel

       Achtes Kapitel

       Neuntes Kapitel

       Zehntes Kapitel

       Elftes Kapitel

       Zwölftes Kapitel

       Dreizehntes Kapitel

       Vierzehntes Kapitel

       Fünfzehntes Kapitel

       Sechzehntes Kapitel

       Siebzehntes Kapitel

       Achtzehntes Kapitel

       Neunzehntes Kapitel

       Zwanzigstes Kapitel

       Impressum neobooks

      Vorbekenntnis

      Der Künstler ist der Schöpfer schöner Dinge.

      Kunst zu offenbaren und den Künstler zu verbergen, ist die Aufgabe der Kunst.

      Ein Kritiker ist, wer seinen Eindruck von schönen Dingen in eine andere Form oder in einen anderen Stoff zu übertragen vermag.

      Die höchste wie die niederste Form der Kritik ist eine Art Autobiographie.

      Wer in schönen Dingen einen häßlichen Sinn findet, ist verderbt, ohne anmutig zu sein. Das ist ein Fehler.

      Wer in schönen Dingen einen schönen Sinn findet, hat Kultur. Er berechtigt zu Hoffnungen.

      Das sind die Auserwählten, für die schöne Dinge lediglich Schönheit bedeuten.

      Ein moralisches oder unmoralisches Buch gibt's überhaupt nicht. Bücher sind gut oder schlecht geschrieben. Sonst nichts.

      Die Abneigung des neunzehnten Jahrhunderts gegen den Realismus ist die Wut Calibans, der sein eigenes Gesicht im Spiegel erblickt.

      Die Abneigung des neunzehnten Jahrhunderts gegen die Romantik ist die Wut Calibans, der sein eigenes Gesicht im Spiegel nicht sieht.

      Das sittliche Dasein des Menschen liefert dem Künstler einen Teil des Stoffgebietes, aber die Sittlichkeit der Kunst besteht im vollkommenen Gebrauch eines unvollkommenen Mittels.

      Kein Künstler empfindet das Verlangen, etwas zu beweisen. Selbst Wahrheiten können bewiesen werden.

      Kein Künstler hat ethische Neigungen. Eine ethische Neigung beim Künstler ist eine unverzeihliche Manieriertheit des Stils.

      Kein Künstler ist an sich krankhaft. Der Künstler kann alles aussprechen.

      Gedanken und Sprache sind für den Künstler Werkzeuge einer Kunst.

      Laster und Tugend sind für den Künstler Stoffe einer Kunst.

      Was die Form betrifft, so ist die Kunst des Musikers die Urform aller Künste. Was das Gefühl betrifft, so ist der Beruf des Schauspielers diese Urform.

      Alle Kunst ist gleichzeitig Oberfläche und Symbol.

      Wer unter der Oberfläche schürft, tut es auf eigene Gefahr.

      Wer das Symbol herausdeutet, tut es auf eigene Gefahr.

      In Wahrheit wird der Betrachter und nicht das Leben abgespiegelt.

      Meinungsunterschiede über ein Kunstwerk beweisen seine Neuheit, Vielfältigkeit und Lebenskraft.

      Sind die Kritiker uneinig, so ist der Künstler einig mit sich selbst.

      Man kann einem Menschen verzeihen, daß er etwas Nützliches schafft, solang er es nicht bewundert. Die einzige Entschuldigung für den, der etwas Nutzloses schuf, besteht darin, daß es äußerst bewundert wird.

      Alle Kunst ist völlig nutzlos.

      Erstes Kapitel

      Das Atelier schwamm in einem starken Rosendufte, und wenn der leichte Sommerwind die Bäume im Garten wiegte, so floß durch die offene Tür der schwere Geruch des Flieders herein oder der zartere Duft des Rotdorns.

      Aus der Ecke seines Diwans mit persischen Satteltaschen, auf dem Lord Henry Wotton lag und wie gewöhnlich unzählige Zigaretten rauchte, konnte er gerade noch den Schimmer der honigsüßen und honigfarbigen Blüten eines Goldregenstrauches wahrnehmen, dessen zitternde Zweige nur seufzend die Last einer so flammenden Schönheit zu tragen schienen, und dann und wann huschten die phantastischen Schatten vorbeifliegender Vögel über die langen bastseidenen Vorhänge, die vor das große Fenster gezogen waren. Das gab einen Augenblick lang eine Art japanischer Stimmung und ließ den Lord an die bleichen, nephritgelben Maler der Stadt Tokio denken, die mit Hilfe einer Kunst, die notwendigerweise erstarrt genannt werden muß, das Gefühl von Schnelligkeit und Bewegung hervorzubringen suchen. Das tiefe Gesumme der Bienen, die ihren zweifelnden Flug durch das hohe, ungemähte Gras nahmen oder mit eintöniger Zähigkeit um die bestaubten Goldtrichter des wuchernden Geißblattes kreisten, ließ die Stille noch drückender scheinen. Das dumpfe Brausen Londons murrte dazu wie die Baßtöne einer fernen Orgel.

      In der Mitte des Gemaches stand auf einer hoch aufgestellten Staffelei das lebensgroße Bildnis eines außerordentlich schönen Jünglings, und ihm gegenüber, ein paar Schritte entfernt, saß sein Schöpfer, der Maler Basil Hallward, dessen plötzliches Verschwinden vor einigen Jahren bei der Menge so viel Aufsehen gemacht und zu so vielen seltsamen Vermutungen Anlaß gegeben hatte.