Название | Die Pferdelords 08 - Das Volk der Lederschwingen |
---|---|
Автор произведения | Michael Schenk |
Жанр | Языкознание |
Серия | Die Pferdelords |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783750222465 |
noch dazu im Winter, wird keiner eingehen wollen.«
»Einen vorbeugenden Schlag gegen das Reich der Finsternis zu tun ist
auch eine Form der Verteidigung«, beharrte ta Enderos. »Weit besser als
abzuwarten, bis die Bestien wieder zu uns kommen.«
»Mag sein. Aber ein Krieg im Winter? Nicht nur die Orks würden frieren.
Auch müssten wir uns mehrere Zehntage durch Feindesland schlagen, bevor
wir Cantarim erreichen. Und wenn wir seine Mauern sehen, haben wir sie
noch lange nicht genommen.«
»In der Eiseskälte des Winters werden die Orks nicht besonders eifrig
umherstreifen. Sie werden die Wärme suchen. Wenn unsere Streitmacht den
Weg sorgsam erkundet und sich verborgen hält, dann können wir die Bestien
überraschen.«
»Warum kommt Ihr mit solchen Gedanken zu mir?«, knurrte Bulldemut
unschlüssig. »Es wäre eine Sache des Königs. Eures und unseres Königs.
Solche Dinge entscheidet nicht ein Pferdefürst. Nicht einmal der Rat der
Pferdefürsten. Ihr solltet auf dem Tisch würfeln und nicht in der hohlen
Hand.«
»Eure Stimme findet sicher Gehör beim Rat der Pferdefürsten und auch
beim König des Pferdevolkes.«
»Streicht mir keinen Honig in den Bart, ta Enderos.« Bulldemut blickte auf
die Karte und schüttelte unbewusst den Kopf. »Warum kommt Ihr damit
ausgerechnet zu mir? Warum in die Ostmark? Nein, sagt es nicht, ich kann es
mir denken.« Bulldemut ließ seine Hand auf die Karte klatschen. »Der Weg
von Süden aus wäre zu weit. Für Euren Plan bleibt nur eine Möglichkeit. Der
Marsch durch die Weißen Sümpfe und über den Pass von Merdoret. Reizvoll,
aber undurchführbar. Es gibt nur einen schmalen Pfad. Mann muss hinter
Mann marschieren. Könnt Ihr Euch ausmalen, was hier ein Rückzug bedeuten
würde? Auf der anderen Seite der Sümpfe würde sich alles stauen, von den
Orks bedrängt. Es würde ein sehr einseitiges Schlachten werden. Und wir«,
sagte er leise, »wir könnten von Merdonan aus zusehen.«
Ta Enderos versuchte seine aufkommende Enttäuschung zu verbergen.
»Wenn ich meinem König mitteilen könnte, dass das Pferdevolk sich
beteiligt, wird er zustimmen. Und Euer König würde es wohl auch, wenn er
erführe, dass mein König …«
»Ihr treibt ein gefährliches Spiel, Hochgeborener ta Enderos. Ihr versucht,
den einen gegen den anderen auszuwürfeln. Ist das die Art, in der man im
Reich Alnoa miteinander umgeht? Auch wenn Eure Absicht ehrbar ist, so
schätze ich die Weise nicht, mit der Ihr versucht, mich und den König zu
überlisten, Hochgeborener. Ja, Cantarim wäre fürwahr ein schmackhafter
Happen, doch an diesem Bissen können wir nur zu leicht ersticken.«
Der Gardekommandeur seufzte leise. »Es wäre nicht recht, mit Euch
darüber in Streit zu geraten, Hoher Lord Bulldemut. Es ist schon spät.
Vielleicht sollten wir eine Nacht darüber ruhen und unsere Gedanken
ordnen.«
Bulldemut schürzte die Lippen und nickte dann. »Man wird Euch Euer
Quartier zeigen. Morgen können wir dann über die Pferde sprechen.«
»So mag es sein.«
Ta Enderos empfand das bittere Gefühl der Niederlage. Auch wenn er
nicht erwartet hatte, dass Bulldemut seinem Plan gleich zustimmte, so hatte er
doch auf mehr Interesse gehofft. Der Pferdefürst sollte zu den verwegensten
Pferdelords gehören, und wenn der schon zögerte, so würden die anderen ta
Enderos’ Idee erst recht nicht folgen.
In dieser Nacht fand der Kommandeur der alnoischen Garde lange keine
Ruhe. Seine Gedanken kreisten um das Reich von Alnoa, das immer
schwächer wurde, und um die gleichfalls schwache Hoffnung, dem Feind
zuvorzukommen. Doch schließlich sank der besorgte Alnoer doch noch in den
Schlaf.
Er erwachte, als jemand unsanft gegen die Tür seiner Kammer polterte.
Benommen schüttelte er den Schlaf ab und schwang die Beine von der
Bettstatt. »Ich bin wach«, knurrte er missmutig. »Tretet ruhig ein.«
Es war der Erste Schwertmann Mor, der die Tür öffnete und ta Enderos
einen knappen Salut erwies. »Pferdefürst Bulldemut bittet Euch zu sich.«
Der Alnoer blickte zu der schießschartenartigen Öffnung der Kammer
hinüber. Die Nacht begann gerade erst der Morgendämmerung zu weichen.
Fröstelnd zog er die Schultern hoch. »Schön, sagt ihm, dass ich komme.«
Mor lächelte hintergründig und reichte ta Enderos einen schweren
Umhang. »Nehmt, Hochgeborener. Ihr werdet ihn brauchen. Der Hohe Lord
ist oben. Auf der Plattform der alten Ostwache. Nehmt eine Brennsteinlampe
mit, der Weg dorthin ist dunkel.«
Der Weg war nicht nur dunkel, sondern auch lang. 1654 steinerne Stufen
führten im Inneren des Turms auf die Plattform hinauf. Die Stufen waren
ausgetreten und mühsam zu erklimmen. Niemanden verlangte es danach, es
häufiger zu tun, und der Abstieg war nicht weniger schwer und gefahrvoll als
der Aufstieg. Schon mancher Mann war dabei zu Tode gestürzt.
Die Brennsteinlampe, die ta Enderos mit sich führte, bestand aus einem
zylindrischen Gefäß, auf dessen Boden der Brennstein brannte. Das warme
Licht drang aus breiten Schlitzen, erhellte die Stufen aber nur notdürftig. Ta
Enderos stieg sie langsam empor. Zum einen wegen der mangelhaften Sicht
und zum anderen, weil er einen solchen Treppenaufstieg nicht gewohnt war.
Im Reich Alnoa hätte man bei solcher Mühsal längst einen Windenaufzug
installiert, und der Alnoer verfluchte im Stillen den Pferdefürsten, der ihn zu
diesem Weg zwang. Doch bei einer Verschnaufpause musste er an
Bulldemuts Alter denken und daran, dass ihm der Aufstieg sicher noch weit
schwerer