Название | Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel |
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Автор произведения | Michael Schenk |
Жанр | Языкознание |
Серия | Die Pferdelords |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783750221918 |
darüber kochte, doch wie sich daraus die Kraft eines Antriebs gewinnen ließ,
konnten sie nicht nachvollziehen. Daher hatte man einige der
Brennsteinmänner der »Aivaar« verschont, die nun die Maschine bedienen
mussten.
Nunnes stammte aus Khalanaris in der südlichen Provinz Alnoas. Immer
schon war es seine Sehnsucht gewesen, eines Tages mit einem der stolzen
Schiffe der alnoischen Marine zur See zu fahren. Gegen den Widerstand
seiner Eltern, die einen großen Bauernhof bewirtschafteten, war er nach
Alneris, in die Stadt des Königs, gegangen und hatte sich dort als Seemann
verdingt. Das Königreich verfügte über eine ansehnliche Flotte, die im
inneren Hafen der Weißen Stadt vor Anker lag, und es bestand immer Bedarf
an Matrosen, um die Schiffe zu bemannen. Von Zeit zu Zeit gab es Unfälle an
Bord, und schon der schlecht verheilte Bruch eines Armes oder Beines
machte einen Mann untauglich für den Dienst zur See. Anderen war dieser
Dienst zuwider, denn nur selten fuhr man aus, und die Arbeit beschränkte sich
oft darauf, die Schiffe sauber und bereit zu halten, weshalb die Männer lieber
an Land arbeiteten. Die Besatzungen hatten keinen besonders guten Ruf, denn
die Landtruppen verachteten sie, da sie nur selten in Kämpfe verwickelt
wurden. Auch Nunnes hatte oft die spöttischen Bemerkungen über sich
ergehen lassen müssen, mit denen man den Mannschaften begegnete.
»Ah, seht nur, die Besatzungen der Schiffe kommen an Land, es müssen
wohl Korsaren auf dem Fluss unterwegs sein.« Solchen Hohn hatte Nunnes
klaglos erduldet, denn er liebte die Schiffe und hatte immer den Moment
herbeigesehnt, an dem sie endlich auslaufen würden, um dem Feind zu
begegnen.
Wie die anderen hatte er gejubelt, als die »Aivaar« der »Shanvaar« aus
dem Hafen gefolgt war, um die Korsaren vom Fluss zu vertreiben. Er hatte
geglaubt, das mächtige Kanonenschiff werde leicht mit ihnen fertig, und noch
immer saß ihm der Schock in den Gliedern, dass er nun einer ihrer wenigen
Gefangenen war.
Hier unten, im Rumpf der »Aivaar«, machten sich die Bewegungen des
Schiffes noch weitaus unangenehmer bemerkbar. An Deck sah man die See,
sodass man sich auf die heranwogenden Wellen einstellen und sich rechtzeitig
einen Halt verschaffen konnte, aber unter Deck musste man die Stöße einfach
hinnehmen.
Vor wenigen Augenblicken war einer von Nunnes Leidensgefährten bei
einer heftigen Rollbewegung der »Aivaar« gegen den Brennsteinkessel
geschleudert worden. Nun schrie der Mann, dessen eine Körperseite schwer
verbrannt war, jämmerlich vor Schmerz und krümmte sich am Boden.
»Ihr verblödeten Landmänner«, brüllte einer der Korsaren, die unter Deck
Wache hielten, wütend. »Eine Hand für das Schiff und eine Hand für euch
selbst, so will es das Gesetz der See! Schafft den nutzlosen Fresser über
Bord!«
Nunnes hatte seinen Posten am langen Ventilhebel des Brennsteinkessels
verlassen, um sich um den Schwerverletzten zu kümmern, und sah den
Korsaren schockiert an. »Er lebt, und man kann ihm helfen.«
»Unsinn.« Der Korsar schüttelte den Kopf, kam näher und trat dem
Verletzten in die Seite. »Er kann den fauchenden Kessel nicht mehr füttern
und ist deshalb nutzlos. Also, schafft ihn fort.«
Eher unbewusst schüttelte Nunnes den Kopf und schrie unwillkürlich auf,
als die Wache ihn brutal ohrfeigte. Der Schlag war so heftig, dass Nunnes
Augenbraue platzte und Blut über sein Gesicht tropfte.
»Ich sagte, ihr sollt den Fresser über Bord werfen«, stieß der Korsar
wütend hervor. Erneut legte die »Aivaar« über, und die Männer versuchten
instinktiv, sich Halt zu verschaffen. Plötzlich lachte der Mann auf. »Nun
macht schon, ihr Landmänner. Er ist unnützer Ballast. Je leichter dieses
seltsame Schiff wird, desto länger wird es schwimmen.«
Zwei andere Korsaren traten vor und stießen zwei der Gefangenen zu dem
Verletzten hinüber. »Packt ihn und dann raus mit ihm. Oder ihr geht
zusammen mit ihm über Bord.«
Der Verletzte wimmerte vor Schmerzen und Furcht, denn er begriff, dass
er keine Gnade finden würde. Trotz seiner erfolglosen Gegenwehr mussten
die beiden Alnoer ihren Kameraden packen und unter Bewachung aufs Deck
bringen.
Nunnes spürte das Blut, das über die linke Hälfte seines Gesichtes rann,
aber er machte sich nicht die Mühe, es abzuwischen. Von heißem Zorn erfüllt,
starrte er den Wortführer der Korsaren an.
»Was ist?«, brüllte der. »Füttere dieses fauchende Ungeheuer mit
Brennstein, oder ich mache dir Beine.«
Es war drückend heiß unter Deck. Unentwegt hatten sie Brennstein in den
gierigen Schlund des Kessels geschaufelt, und die Maschine lief mit höchster
Leistung, um die »Aivaar« durch den Sturm zu treiben. Nunnes und seine
Leidensgefährten wussten nicht, welchen Kurs die Korsaren genommen
hatten, aber im Augenblick interessierten sie sich nur dafür, am Leben zu
bleiben. Folgsam hoben sie frischen Brennstein aus den Lagerbuchten, die
sich entlang der Maschine an den Bordwänden erstreckten, und schoben ihn
mit den Ladeschaufeln in die offene Feueröffnung des Kessels.
Über dem Fauchen des Kesselfeuers war das Stampfen zu hören, mit dem
die massigen Kolben das Schaufelrad im Heck des Schiffes antrieben. Immer
wieder ließ der hohe Dampfdruck den Ventilhebel nach oben springen, und
ein durchdringendes Pfeifen und Zischen ertönte, wenn der Überdruck durch
die Öffnung unter dem Hebel entwich. Für Nunnes und seine Gefährten war
es eine gewisse Genugtuung, wenn die Korsaren bei diesem Geräusch noch
immer erschrocken zusammenzuckten.