Geheimauftrag für SAX (4): SPECTATOR II. Hymer Georgy

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Название Geheimauftrag für SAX (4): SPECTATOR II
Автор произведения Hymer Georgy
Жанр Языкознание
Серия Geheimauftrag für Sax
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738065527



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einen winzigen Moment lang etwas herunter, zielte dann aber sofort wieder auf Zbytečný´s Kopf. „Ist das alles?“, fragte er schmallippig.

      „Ja. Mehr weiß ich wirklich nicht. Lassen Sie mich bitte laufen!“

      „Warum sollte ich das tun. Du bist ein Mörder, und Irina wäre mit Sicherheit nicht dein erstes oder letztes Opfer gewesen.“

      Zbytečný erwiderte nichts. Es war die Wahrheit. Er hatte bereits einige weitere Menschen auf dem Gewissen, und nie war deshalb so etwas wie Reue über ihn gekommen, auch wenn er die Gesichter seiner Opfer manchmal in der Nacht erschreckend lebendig vor sich sah. Zum Auftragsmörder wurde niemand geboren, auch er nicht. Es waren die Umstände seines Lebens gewesen, die ihn dazu machten. Jedenfalls versuchte er, sich selbst damit zu beruhigen und Berechtigung für sein mörderisches Handeln zu finden. Er flehte, und in seinen Augen standen gar leichte Tränen.

      Sax schlug ihm unvermittelt mit der Waffe auf den Kopf, sodass er bewusstlos im Schlick des Seeufers zusammenbrach und liegen blieb. Der Agent entlud die Waffe und steckte sie ihm in den Gürtel, nachdem er seine eigenen Fingerabdrücke sorgsam abgewischt hatte, dann rief er über die Auskunft mit dem IPhone bei der nächsten Polizeidienststelle an. Mit Sicherheit würde Zbytečný kein gänzlich unbeschriebenes Blatt sein. Hauptsache, er war aus dem Verkehr gezogen.

      Der Agent machte sich eilig aus dem Staube. Erst wollte er mit dem Audi einfach über die Grenze nach Österreich gelangen, aber bereits von weitem erkannte er, dass der Übergang kurz hinter Mikulov heute offenbar besonders gut bewacht und scharf kontrolliert wurde. Eine kurze Schlange an wartenden Fahrzeugen bildete sich bereits unmittelbar davor auf der tschechischen Seite. Sax bezog das irrtümlich nicht unbedingt auf sich, aber kehrte trotzdem sicherheitshalber um. Er ließ den Wagen in der zuvor bereits durchfahrenen Ortschaft stehen. Den Umschlag mit Irinas Foto nahm er mit. Als vorerst letzte nachvollziehbare Spur erwarb er am Bahnhof eine Fahrkarte für den nächsten Regionalzug nach Břeclav.

      *

      Oberinspektor Blansko hatte die weitere Jagd nach den beiden Männern und der Frau von der Leitstelle aus verfolgt. An der nächsten Straßenecke von Irinas Wohnung aus waren sie von einer Verkehrskamera aufgenommen worden. Die Fahrtrichtung war Süden, und so veranlasste er, dass die Beamten an der Grenze nach Österreich informiert wurden. Dorthin würde Freysing nicht entkommen können.

      Der Verdacht, dass der deutsche Agent dorthin fahren wollte, bestätigte sich, als es etwa zwei Stunden später einen Anruf von der Polizeidienststelle in Pohořelice gab. Sie hatten selbst einen anonymen Anruf erhalten und wenig später einen Mann namens Zbytečný gefunden – bewusstlos, aber am Leben. Der Beschreibung nach wurde er nicht nur von Blansko gesucht, sondern stand ohnehin auf der Fahndungsliste. Freysing war offenbar in der Gegend gewesen, und wenig später fand die Polizei auch den Audi in Mikulov. Sie konnte ermitteln, dass der Gesuchte mit dem Zug weitergefahren war. Von der Frau hingegen fehlte jede Spur.

      Blansko befürchtete zunächst Schlimmes, aber aus irgendeinem Grunde schätzte er Freysing nicht wirklich als Mörder ein. Nicht ganz astrein, aber kein Mörder. Zbytečný hingegen war ohne Zweifel einer, und wenn Freysing diesen gefesselt der Polizei auf dem Präsentierteller servierte, konnte der Mann so falsch nicht sein. Trotzdem, er wollte nun sehr dringend erneut mit ihm sprechen. Aber wohin war er verschwunden?

      Bald fanden sie heraus, dass Freysing in Břeclav einen Leihwagen genommen hatte, aber in welcher Richtung er hiernach weiter fuhr, ließ sich so schnell nicht ermitteln. Die Spur schien kalt und die weitere Fahndung blieb ergebnislos.

      Die Deutsche Botschaft war involviert. Blansko wählte eine Nummer in Prag und ließ sich mit einem hohen Beamten im Außenministerium verbinden, den er persönlich von früher her gut kannte. Er war hin und her gerissen: Das Weitere überstieg womöglich seine Kompetenzen. Zwar war er keiner, den so etwas an Ermittlungen hinderte, aber nur ein wenig später schienen seine Vorgesetzten zu mauern, und er wurde mit anderen Fällen beschäftigt.

      Niemand wollte Probleme in dieser Angelegenheit. Alles wurde fein unter den diplomatischen Teppich gekehrt, und die Spione auf beiden Seiten durften weiterhin ihrer Arbeit nachgehen. Keine Berichte, keine Skandale. Das Leben konnte so einfach sein, und zwei Monate später wurde Oberinspektor Blansko einmal mehr für seine hervorragende Polizeiarbeit befördert. Ohnehin stand er kurz vor der Rente.

      Als Sax sehr viel später einmal davon erfuhr, musste er unwillkürlich breit grinsen.

      Das bewährte System hatte wieder einmal funktioniert.

      *

      Freysing befand sich jedoch, als Blansko noch mit Prag telefonierte, im Eurocity Vindobona auf dem Weg nach Wien. Er war in Brno eingestiegen, nachdem er am Flughafen sein Gepäck abgeholt hatte. Das Ticket kaufte er erst im Zug. Als er über die Videoüberwachung des Fernbahnhofes identifiziert wurde, hatte er gerade schon die Grenze nach Österreich passiert. Eine weitere Verfolgung fand nicht mehr statt.

      Brno war Geschichte, die Daten, die Holler besessen hatte, wohl verloren. Sax informierte die Zentrale so schnell wie möglich, noch während der Zugfahrt, von den letzten Vorkommnissen. Das Weitere lag nun nicht mehr in seinen Händen.

      In Prag kümmerte man sich bereits um die Sicherheit der Anlagen in der GNSS-Zentrale und versuchte, mehr über den Ex-Stasi-Mitarbeiter Dirschau heraus-zufinden, welcher wohl irgendwie mit der Sicherheitsfirma zu tun hatte und in deren Unterlagen als „Koslowski“ geführt wurde. Dieser war jedoch untergetaucht.

      Von Wien aus nahm Sax den Spätflieger nach München. Als er endlich kurz vor Mitternacht bei seinem Unterschleißheimer Häuschen ankam, das er zu jener Zeit dort noch privat unter dem Decknamen Gernot Flöter bewohnte, war er entspannt und ausgeruht. Er beschloss, an die Holler-Angelegenheit keine großen Gedanken mehr zu verschwenden.

      Viel mehr beschäftigte ihn hier schon die Einladung zur Hochzeit seiner alten Freundin Susanne mit einem ostdeutschen Wirtschaftsindustriellen, die in Kürze stattfinden sollte. Aber das war dann ein ganz anderer und spezieller Fall, der ihn über die gesamte nächste Zeit in Anspruch nehmen sollte.

      So geriet ihm das, was in der Tschechei geschehen war, erst einmal aus dem Sinn. Fall erledigt.

      *

      Ungefähr zwei Monate später, am 18. November 2014, nur wenige Tage nach jener von den Medien vielbeachteten Landung der ESA-Sonde Philae auf dem Kometen Tschurjumow-Gerassimenko im Rahmen der einigermaßen geglückten zehnjährigen Rosetta-Mission, explodierte eine VEGA-Rakete kurz nach dem Start vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou (Französisch Guayana), mit dem Satteliten „Spectator“ an Bord.

      Es schien zu der Zeit keinen Zusammenhang mit den beiden Morden in Brno, den weiteren inzwischen durch die zuständigen Dienststellen verfolgten Vorkommnissen in Prag, oder mit gar noch ferner zurück liegenden Ereignissen zu geben.

      Die Folge des teuren Zwischenfalls war eine umfangreiche Suchaktion im Westatlantik, nahe der karibischen See, an welcher sich mehrere Nationen beteiligten. Während die christliche Welt die Adventszeit erlebte, gelang es, erste Trümmerteile etwas mehr als 200 Seemeilen vor der Küste genauer zu orten und diese schließlich auch mittels eines äußerst speziellen Bergungsschiffes der DEMTAG aus Deutschland zu heben.

      ****

      Kapitel 2: Marschbefehl für eine Schattenmorelle

       Paris, Frankreich. Freitagabend, 5. Dezember 2014. Zweieinhalb Wochen nach dem „VEGA/Spectator“-Zwischenfall. Institut Beauté de Garance, Quartier du Petit-Montrouge. Marschbefehl für eine Schattenmorelle.

      Die bäuchlings auf der Massageliege ruhende Frau lag mit dem Kopf vom Fenster abgewandt. Ihr rotes, gegenwärtig etwas mehr als schulterlanges Haar trug sie aufgesteckt, es glänzte matt im hereinfallenden Licht der Nachmittagssonne. Sie war vollkommen entkleidet, lediglich ein quergelegtes weißes Frotteetuch bedeckte die