Название | Die Midgard-Saga - Hel |
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Автор произведения | Alexandra Bauer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Die Midgard-Saga |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738089882 |
Noch immer lächelte die Asin. „Ihr stört nicht.“ Sie bedachte die Statue mit einem wehmütigen Blick und seufzte. „Thor machte sich Vorwürfe wegen dem, was er Alwis antat. Aber er handelte so, wie es für unsere Tochter das Beste war. Es wäre Unrecht gewesen, ihm Thrud zu überlassen.“
Tom runzelte die Stirn. „Haben sich Alwis und Thrud denn nicht geliebt? Ich dachte, Thor hätte nur etwas gegen ihre Verlobung gehabt.“
Sif schüttelte den Kopf. „Nein. Über die Verlobung wurde im Thing entschieden. Alwis forderte Thrud dafür, dass er Asgard Waffen schmiedete. Die Mehrheit entschied, dass man sich auf den Handel einließ. Thrud war verzweifelt und Thor platzte vor Wut, als er von seiner Reise zurückkehrte. Er hätte solch einer Vereinbarung niemals zugestimmt.“
„Ziemlich schlau von Thor, Alwis stattdessen in einen Wettstreit zu verwickeln und diesen bis zum Sonnenaufgang hinauszuzögern“, merkte Thea an.
„So ist es. Aber was kümmert ihr euch um eine alte Steinstatue, während Hermodr zurück aus Niflheim gekommen ist?“
Juli riss die Augen auf. „Was? Hermodr ist zurück?“
Sif lächelte. „Er kam vor wenigen Minuten. Ich bin auf dem Weg zum Thingplatz. Kommt ihr mit? Ich denke, man wird euch dulden.“
„Wir kommen sowas von mit!“, rief Juli. Sie rannte los, die anderen hinterher. Von einem schlechten Gewissen gepackt, da sie Sif einfach stehen ließen, warf Thea einen Blick zur Göttin zurück, die ihnen ohne Gram folgte. Juli nahm gleich zwei Stufen auf einmal. Hier und da stolperte sie gefährlich. Thea und Tom hatten Mühe, Schritt zu halten, nur Baba Jaga lief die Treppen leichtfüßig hinab.
Eingehegt in einen Kreis aus Findlingen hockten die Asen im Schatten der Weltenesche zusammen. Wal-Freya saß neben Tyr, in gebührendem Abstand zu Frigg, die aufrecht und sehr würdevoll rechts von Odin Platz nahm. Fast alle hatten sich eingefunden, nur Heimdall fehlte noch, ebenso wie Saga und Ullr. Thrud saß ebenfalls im Kreis. Ihre blauen Augen leuchteten hell aus ihrem sonnengebräunten Gesicht. Sie sah aus, als wäre sie geradewegs von ihrem fliegenden Pferd gestiegen, doch Schild und Schwert fehlten. Anders als Wal-Freya trug sie eine Pluderhose. Ihr Kettenhemd blitzte unter einer blauen Tunika hervor. Thea suchte nach einer Ähnlichkeit zu Sif, aber Thrud kam eher nach ihrem Vater, rothaarig, stämmig und ein wenig mürrisch. Sif legte ihre Hände auf Baba Jagas Schulter, ging an Thea, Tom und Juli vorbei und nahm neben Thrud Platz.
Frohgemut wollte sich Juli ihr anschließen, doch Thea packte sie rasch am Arm und hielt sie zurück. Thea ahnte, dass sie mit ihrer Anwesenheit in eine sehr alte Tradition der Asen eingriffen und fürchtete, gegen irgendein Gesetz zu verstoßen. Verunsichert suchte Thea Wal-Freyas Blick. Diese sprach zu ihr, noch ehe es Thea tat.
„Gut gemacht, Thea! Wartet ab, bis ihr eingeladen werdet. Forseti wird euch sicher willkommen heißen, sobald alle da sind“, lobte sie.
„Was ist?“, stutzte Juli.
„Warte“, flüsterte Thea.
Nach und nach füllten sich die Plätze. Ullr traf zuerst ein. Er war groß und von imposanter Erscheinung. Über seinen breiten Schultern lag ein schwerer Umhang, seine blonden Haare waren zum größten Teil unter einer Fellmütze versteckt. Ein gestutzter Vollbart schmückte sein Gesicht. Er nickte Thea, Juli, Tom und Baba Jaga zu und fand sich gleich neben Tyr ein. Kurz nach ihm erschien Saga, eine schlanke Frau mit langen, schwarzen Haaren. Sie setzte sich zu Sigyn, Lokis Frau. Es war das erste Mal, dass Thea Sigyn aus der Nähe sah. Sie bewunderte die Asen dafür, dass sie der Göttin trotz des Verrats, den ihr Mann begangen hatte, respektvoll begegneten und sie nicht verstießen. Offensichtlich waren die Asen gut in der Lage, Lokis Taten von denen seiner Frau zu unterscheiden. Dennoch glaubte Thea, Verunsicherung in Sigyns Blick zu erkennen. Anders als alle anderen saß sie weniger aufrecht in der Runde und strich sich immer wieder eine Strähne hinter das Ohr, die sich aus ihrer Stirn löste. Als Heimdall auftauchte, lachte er beherzt und klopfte erst Tom, dann Juli und Thea auf die Schulter. Baba Jaga nickte er respektvoll zu.
„Natürlich treffe ich euch hier“, polterte er, betrat die Einhegung und nahm gezielt einen der freien Steine ein. Fünf Plätze blieben leer. Einer davon befand sich links neben Odin.
Kaum saß Heimdall, erhob sich Forseti. Er war ein überaus hübscher Mann, wie Thea fand. Er wirkte unglaublich jung, allenfalls Mitte zwanzig. Sein blondes langes Haar war so hell, dass es beinahe weiß erschien, ein schmaler Bart deutete sich entlang der Kinnlinie und um seinen Mund an. Er trug eine Pluderhose und eine Tunika mit goldverzierten Borten. Kaum hatte er sich erhoben, fiel sein Blick auf die Gruppe außerhalb des Thingplatzes.
„Wir haben Freunde anwesend, die, wie mir scheint, am Rat der Götter teilnehmen möchten. Wenn es keine Einwände gibt, würde ich sie zu uns bitten.“ Er wartete einen Augenblick. Da sich niemand äußerte, beschrieb er mit der Hand eine einladende Geste. Juli sprang in den Kreis und suchte sich einen freien Platz. Odin winkte Tom zu sich. Dieser nahm die Einladung dankend an und setzte sich neben den obersten der Götter.
Baba Jaga folgte mit einem Lächeln und gesellte sich zu Sif, nur Thea blickte verhalten. Schließlich entschied sie sich für den Platz neben Sigyn. Die Göttin tat ihr leid und sicher würde sie Theas Geste begrüßen. Kaum hatte sie Platz genommen, ging ein Raunen durch die Reihe der Asen.
Thea runzelte verwundert die Stirn und wandte sich an Wal-Freya. „Was ist? Was haben sie plötzlich?“, fragte sie in der Gedankensprache.
„Du hast dich auf Lokis Platz gesetzt“, erwiderte Wal-Freya in einem Ton, der Thea nicht gefiel.
„Ziemlich schwer, den nicht zu treffen, bei zwei freien Plätzen“, motzte Thea.
„Wir sollten der Sache nicht zu viel Bedeutung schenken“, sagte Forseti.
Thea nickte für sie selbst überraschend energisch und wechselte den Blick zwischen Odin und Frigg, deren Augen ausdruckslos auf ihr ruhten.
Odin neigte langsam den Kopf und hob die Hand auffordernd in Hermodrs Richtung. Der stand auf und ließ seinen Blick über die Reihe der Anwesenden schweifen, ehe er verkündete: „Die Völva hatte Recht. Es gibt einen dritten Eingang nach Hel. Er liegt im äußersten Nordwesten Niflheims und führt durch eine Höhle direkt zu den Untiefen des Gjölls. Holle ist davon überzeugt, dass er unbewacht ist, denn über den Gjöll führt für die Toten kein Weg aus Hel hinaus.“ Er schmunzelte und blickte in Theas Richtung. „Und normalerweise ist kein lebendes Wesen so verrückt, nach Hel zu reisen.“
Thea presste die Lippen zusammen. „Es sei denn, sie sind mit Göttern befreundet und werden dazu … sagen wir mal … überredet“, erwiderte sie in der Gedankensprache zu Wal-Freya.
„Eine sehr ehrenvolle Aufgabe für einen Menschen, seinen Göttern zu helfen.“ Wal-Freya lächelte und Thea antwortete mit einem Seufzen.
„Holle weiß ebenfalls um den geheimen Pfad nach Hel. Sie heißt unsere Idee nicht gut, aber sie glaubt, dass Skidbladnir in der Lage ist, uns über den Gjöll nach Hel zu bringen.“
Thea schmunzelte in der Erinnerung an das magische Schiff, das sie zu ihrem ersten Abenteuer nach Niflheim gebracht hatte. Thor hatte es von Freyr geliehen bekommen. Einst war es von den Zwergen geschaffen worden. Es ließ sich zu einem Pergament zusammenfalten und in einer Tasche verstauen.
Freyr stand auf und Hermodr setzte sich. „Ich kann euch Skidbladnir gerne anvertrauen“, sprach er in Richtung seiner Schwester.
Nun erhob sich Wal-Freya. „Und wo finden wir diesen Eingang?“
Freyr nahm Platz während Odin aufstand. „Hermodr wird euch begleiten. Er wird eine große Hilfe sein. Er ist der Einzige von uns, der bereits in Hel war.“
„Viel habe ich nicht gesehen, aber ich werde gerne mitkommen“, erwiderte Hermodr.
Wal-Freya nahm wieder Platz. Sie beugte sich weit vor und suchte Odins Blick. „Was ist, wenn es zu Komplikationen kommt, Odin? Sollen wir aufs Äußerste