Название | Himmelsfrost |
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Автор произведения | Linda V. Kasten |
Жанр | Языкознание |
Серия | Himmels-Reihe |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753182711 |
Ein wenig verdattert schaute ich zu Evenak hoch.
»Alles okay, Mädchen?«, fragte er und musterte mich einmal von oben bis unten.
»Ja.«, ich ließ meinen Dolch zurück in meinen Stiefel gleiten. »Aber das hätte ich auch alleine hinbekommen.«
Evenaks Mundwinkel zuckten. »Ich weiß. Ihr habt mit eurem Lärm nur meine ganze Kundschaft nervös gemacht.«
Vorsichtig trat ich näher und kniete mich neben ihn auf den Boden. Ich drehte ihn mit einem Ruck auf den Rücken und besah mir sein Gesicht genauer.
»Kennst du ihn?«, fragte Evenak.
Ich schüttle stumm den Kopf. Als ich ihn fragend anblickte, nickte er stumm und verschwand in der Dunkelheit der Gasse. Er wusste, was ich dachte. Das war schon immer so gewesen. Jedes Mal wenn ich einen Auftrag als Söldnerin annahm, der mich in Schwierigkeiten brachte, half Evenak mir und ohne fragen zu stellen.
Ich nutze die Zeit indem ich den Jungen vor mir mit ein paar alten Seilen aus der Gasse fesselte und ihn auf weitere Waffen durchsuchte. Ich fand einen Dolch und ein Schwert, neben einem Kompass und etwas Gold.
Das Schwert war fein gearbeitet und mit kleinen Symbolen verziert. Das Heft war aus schwarzem Stahl gefertigt.
Hufgetrappel kündigte Evenaks Rückkehr an.
Er drückte mir die Zügel einer braunen Stute in die Hand und hob mit einem Stöhnen den Fremden in den Sattel. Dort hing er wie ein lebloser Sack Mehl und lief Gefahr, wieder hinunter zu stürzen, was jedoch werde mich noch Evenak besonders kümmerte.
Der Wirt stand kopfschüttelnd vor mir. »So ein junges Mädchen und so viel Ärger am Hals. Wenn er wirklich einer von ihnen ist, sind die anderen nicht weit.«
Ich schaute ihn überrascht an.
»Das Zeichen auf seinem Dolch.«, er deute auf meinen Gürtel, wo ich den Dolch des Fremden notdürftig befestigt hatte.
»Ein Schlange mit Flügeln.«
»Sieht aus wie ein Drache.«, stellte ich fest.
»Die meisten Drachen sind friedliche Wesen, doch dieser Clan …«, er schnaubte. »Alles Abschaum.«
Wir blickten uns eine Weile stumm an und da wurde mir klar, dass er mehr wusste, als er zugab.
Ich wollte mich von ihm abwenden, doch er fasste mich am Arm.
»Sie hat das nicht verdient.«
Ich konnte nur den Kopf schütteln und versuchte, den Kloß in meinem Hals zu ignorieren.
»Pass auf dich auf, Mädchen. Diese Leute sind nicht zu unterschätzen.«
Ich nickte und stieg auf Evenaks Pferd. »Danke.«
Cora erlitt beinahe einen Herzinfarkt, als ich mit der zusammengesackten Gestalt des Jungen vor ihrer Tür stand. An unserem Haus angekommen, hatte ich ihn vom Pferd gehoben und vor die Tür geschleppt. Okay, ich hatte ihn vom Pferd gestoßen und an den Füßen herbeigezerrt, doch das spielte keine Rolle.
Als ich Tom den Dolch zeigte, nahm sein Gesicht einen alarmierten Ausdruck an.
»Verdammt, Skyler!«
Er ließ seinen Blick über die Landschaft schweifen »War er allein?«
Ich nickte. »Ich habe nur ihn gesehen und uns ist niemand gefolgt.«
Er fuhr mit einer Hand über sein Gesicht. »Verdammt …!«
Vorsichtig half er mir, den Jungen in die Scheune zu zerren, wo wir ihn an eine der Stützpfeiler fesselten.
»Wie hast du ihn überhaupt aufgespürt?«
»Scheint so, als hätte er mich aufgespürt.«, erwiderte ich.
Ich musterte den Fremden. »Was machen wir jetzt mit ihm?«, fragte ich.
»Das hättest du dir eigentlich überlegen sollen, bevor du ihn gefesselt und hierhergebracht hast.«
Ich biss mir auf die Lippe. »Das war vermutlich ein wenig voreilig.«
»Ach?«, Tom stieß ein verzweifeltes Seufzen aus »Naja, wenn er dich verfolgt hat, ist es wahrscheinlich besser, dass er hier ist und nicht mehr auf freiem Fuß. Hoffen wir einfach niemand wird so schnell nach ihm suchen. Oder spürt ihn anhand seiner Magie auf.«
Beide gleichzeitig blickten wir alarmiert auf. Tom schien die Tragweite seiner Feststellung erst jetzt bewusst zu werden. Seine Magie.
»Kannst du spüren, was er ist?«, fragte ich und ließ meinen Blick über den Fremden gleiten, doch ich konnte keine Tattoos oder Runenmale erkennen.
Seine Magie hatte ich ganz vergessen. War er ein Feuerwächter, konnte er unsere Scheune in Nullkommanichts in Brand setzen.
Tom beugte sich über ihn und schüttelte den Kopf.
»Fabylis.«, ertönte die Stimme von Cora hinter uns. »Ich spüre seine Hitze bis hierhin. Verträgt sich nicht gut mit meiner Magie.«
»Verträgt sich Feuer eigentlich mit irgendwas?«, murmelte ich vor mich hin.
Ich begann die Seile, mit denen der Fremde an die Säule gefesselt war, durch Metallketten auszutauschen, während Tom mehrere Eimer von Wasser anschleppte.
Als ich fertig war, griff ich nach einem Eimer. Ich nahm Toms angespannten Blick wahr und sah aus dem Augenwinkel, wie Cora sich aus der Scheune zurückzog.
Mit einem Ruck entleerte ich den Eimer über dem Fremden. Hustend und keuchend riss dieser die Augen auf. Als er begriff, wo er war, zerrte er an seinen Fesseln und begann bedrohlich zu knurren »Ich warne euch, wenn ihr mich nicht sofort losmacht, setze ich eure ganze Scheune in Brand.«
Tom schnaubte. »Das glaube ich kaum. Das Wasser ist mit Nelkenöl versetzte, du wirst hier gar nichts anzünden.«
Nelkenöl war ein seltenes Extrakt, das Magie in gewisser Weise unterdrückte. Doch woher besaßen Cora und Tom so viel davon? Es war schwer, zu bekommen und außerdem illegal.
Der Fremde richtet seinen Blick auf mich. »Skyler Eltarsia.«, ein spöttisches Grinsen breitet sich auf seinen Lippen aus. »Es ist mir eine Freude, dich endlich kennenzulernen.«
Meine Hände ballten sich zu Fäusten und ich ging vor ihm in die Hocke, sodass wir uns auf einer Augenhöhe befanden.
Ich kam ihm so nah, dass unsere Nasenspitzen sich fast berührten.
»Leider kann ich das von mir nicht behaupten.«, erwiderte ich gefährlich leise und hielt ihm drohend eine Klinge an den Hals.
Ein Ausdruck der Überraschung breitet sich auf dem Gesicht des Fremden aus, welcher sich jedoch schnell in Belustigung verwandelte.
Ich wandte mich von ihm ab, bevor ich etwas Unüberlegtes tun konnte und blickte zu Tom. Dieser schaute mich mitleidig an. Er wusste, was in mir vorhing. Dies könnte der Mörder von Soey sein.
Als ich mich aufrichtete, nickte ich in die Richtung des Fremden. »Du bist dran.«
Toms Miene nahm einen kalten Ausdruck an »Liebend gern.«
Ich stolzierte aus der Scheune. Nachdem ich das Tor hinter mir zugezogen hatte, sank ich auf die Knie.
Ausdruckslos starrte ich auf meine Hand, mit der ich immer noch den Dolch umklammert hielt. Ich war schockiert über mich selbst. Schockiert, dass es mir gefallen hatte, als ich sah, wie das Grinsen von der einen auf die andere Sekunde aus dem Gesicht des Fremden gewichen war. Das Einzige, an was ich denken konnte, war, dass er vielleicht derjenige war, der für Soeys Tod verantwortlich war.