Название | Kleine Flügel machen Freunde |
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Автор произведения | Alexandra Bauer |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847641346 |
Beide unterhielten sich eifrig und erst einige Waldwege und Kreuzungen weiter blieb Mirakel stehen. Mit dem Zeigefinger deutete er vor sich.
„Wenn du diesen Weg weitergehst, gelangst du aus dem Wald. Wandere nach Norden, dort findest du ein anderes Waldgebiet, das sich über ein Dutzend Länder erstreckt. Vielleicht findest du dort Antworten auf deine Fragen.“
Dem Fingerzeig des Waldschrats folgend, lief Thubano nach Norden. Er bewegte sich zwar vorsichtig, doch geriet er tief und tiefer in den Wald. Bald hatte er sich verirrt. Als er dann auch noch fremdartige Stimmen vernahm, bekam er eine Heidenangst. Was hatte Mirakel noch gesagt? Wenn du in Gefahr bist, steige auf einen Baum!
Thubano zögerte keine Sekunde. In der Krone einer knorrigen Eiche wollte er warten, bis er wieder alleine war, und er hoffte, dass sich die Stimmen in der Ferne verloren. Er duckte sich, vergrub das Gesicht zwischen den Pranken, kniff die Augen zusammen und dachte an die Sommerwiesen im Drachental. Doch es war alles umsonst. Schon dröhnte eine grobe Stimme durch Äste und Blätter und eine derbe Hand zog an seinem Schwanz.
„Was haben wir denn da? Ein kleines, dummes Schuppentier. Wie töricht von ihm, sich hierher zu wagen, was Männer? Es wird uns eine Menge Geld auf dem Markt bringen. Fangt es! Bindet es! Aber lebend!“
Thubano heulte auf. Er schrie und fauchte, er zappelte und zuckte, er kratzte mit seinen Krallen - es nützte nichts. Die Hand zog ihn unerbittlich von seinem Ast herunter. Und mit hämischem Gelächter fielen sieben Raufbolde über ihn her. Sie zerrten und zwickten und packten ihn an den Läufen, um ihm Fesseln anzulegen. Thubano wand sich und schlug vergebens mit seinem Schwanz. Doch je mehr er sich wehrte, desto fester zogen sich die Schlingen. Da erinnerte ihn ein höllischer Schmerz an die Waffe der Drachen und er schleuderte all seine Wut und Enttäuschung über die Menschen mit einem feurigen Strahl den Männern entgegen. Diese ließen schreiend von ihm ab und wichen zurück. Sie wälzten sich im Gras, um die züngelnden Flammen an ihren Kleidern zu ersticken.
„Was soll das? Das ist ein Jungtier! Werdet ihr damit nicht fertig?“, brüllte der Anführer.
Die Schreckgestalten stürmten erneut auf ihn los. Thubano drehte sich um seine eigene Achse und sein Atem bildete eine schützende Feuerwand um ihn.
Die Männer blieben stehen und wichen zurück.
„Mir reicht's!“, rief plötzlich einer der Männer. „Ich
riskiere hier nicht Kopf und Kragen!“
Und mit halsbrecherischer Geschwindigkeit lief er davon. Die anderen hinterher. Thubano spie noch ein letztes Feuer. Nur mit Mühe rappelte er sich hoch. Dann leckte er mit Tränen in den Augen die vielen kleinen Wunden. Nie wieder wollte er einem Menschen begegnen! Mirakel hatte Recht!
Ein lautes Knacken von links ließ ihn zusammenfahren. Schon wieder kampfbereit wandte er sich der Richtung zu, aus der das Geräusch gekommen war. Vielleicht waren die Kerle zurückgekommen?
„Tu mir nichts!“, hörte er eine dünne Stimme.
Hinter einem Baum lugte ein schwarzhaariger Jungenkopf hervor.
Thubano fauchte ihn an: Verschwinde, Mensch, oder du spürst meinen Feuerstrahl!“
„Bitte, tu mir nichts. Ich habe alles beobachtet. Ich bin keiner von denen. Was tust du hier so alleine im Wald. Das ist gefährlich.“
„Bist du nicht auch alleine?“
„Doch, aber ich bin ein Mensch, ein Halbmensch zumindest“, flüsterte der Junge.
„Ein Halbmensch?“
„Man sieht es nicht, aber in meinen Adern fließt Elfenblut. Meine Mutter war eine Elfe!“
„Ich habe von Elfen gehört. Drachen und Elfen respektieren einander“, stellte Thubano fest.
Der Junge nickte.
„Ja, so ist es!“
„Wie heißt du?“, fragte Thubano.
Der Junge setzte sich nun ohne Scheu neben den kleinen Drachen.
„Mein Name ist Lato. Lato Morgentau. Bis vor kurzem habe ich mit meiner Mutter in der Elfenstadt Silbermond gelebt. Aber dann brach der Krieg aus. Der Krieg zwischen den Menschen und den Elfen. Als Halbmensch litt ich fortan unter Misstrauen und Missachtung der Elfen. Als dann meine Mutter starb, bat mich - oder besser befahl mir - der Hohe Rat der Stadt zu gehen. So schlimm war das aber nicht, denn ich bekam noch wertvolle Geschenke zum Abschied: kostbare Kleider aus Sternenseide, ein fließender Stoff, der im Winter wärmt und leicht und luftig zur Sommerzeit ist, weiche Lederschuhe, in denen Füße niemals schmerzen, ein wertvolles Messer aus Sternenmetall, einen kleinen Beutel mit Gold und einen großen Beutel mit Proviant.
Seit diesem Tag bin ich nun auf der Suche nach einem Ort, an dem ich bleiben kann, immer in der Hoffnung, einen Freund zu finden.“
Thubano war tief erschüttert von Latos Geschichte. Er hätte niemals gedacht, dass Elfen so hartherzig sein könnten.
„Weißt du was?“, sagte Lato mit bebender Stimme, nachdem Thubano seine Geschichte erzählt hatte. „Lass uns zusammen reisen. Zu zweit ist es viel lustiger und längst nicht so gefährlich. Vielleicht finden wir ja eine Lösung für dein Problem. Ich will dir gerne helfen.“
Thubano nickte beglückt.
„Damit bin ich einverstanden. Zu zweit sind wir auch viel stärker als jeder allein!“
So kam es, dass ein kleiner Drache und ein Halbmensch gemeinsam über den südlichen Kontinent Westalesandrias wanderten.
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