#2 MondZauber: VERSUCHUNG. Mari März

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Название #2 MondZauber: VERSUCHUNG
Автор произведения Mari März
Жанр Языкознание
Серия MondZauber
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753186801



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goss.

      »Wow! Das ist echt köstlich. Was ist das genau?«, fragte Lyra schließlich, nachdem sie das Glas leergetrunken hatte.

      »Cidre ist im Grunde nichts anderes als vergorener Apfelsaft.« Ian drehte das Etikett der Flasche in Lyras Richtung. In typisch keltischen Buchstaben stand dort der Name McTire.

      »Aha! Euer Hauswein?«

      Ian nickte. »Eine unserer Einnahmequellen. Der magische Apfelbaum der Beanna schenkt uns das ganze Jahr über reichlich Früchte, die wir unter anderem zu Cidre verarbeiten. Natürlich kommen die übrigen Äpfel von einer Plantage etwas weiter südlich. Doch Beannas Äpfel machen ihn zu etwas ganz Besonderem, weshalb wir auch ein gutes Sümmchen dafür erhalten. Unser Alleinstellungsmerkmal, du verstehst?«

      Lyra trank noch einen Schluck vom Cidre und konstatierte: »Also, ich bin natürlich keine Kennerin, aber mir schmeckt er hervorragend. Magisch eben.«

      »Ja, kann man so sagen. Aber Magie gibt es viel auf unserer Insel, deshalb lässt es sich hier im Grunde auch ganz gut leben.«

      »Im Grunde?«

      »Na ja, wir haben so unsere Probleme mit einigen Viehzüchtern in der Gegend. Du weißt schon …«

      Lyra lachte laut auf. »Ha, das nächste Klischee stellt sich als wahr heraus.«

      »Ja, kann sein.« Ians Blick wurde ernst, als er auf das Meer schaute.

      »Aber da ist noch etwas anderes, stimmt’s?« Lyra wurde das Gefühl nicht los, dass dieses Picknick nicht ausschließlich einen romantischen Hintergrund hatte. Dabei hätte es das werden können, schließlich trug sie immer noch keine Hose. Das Zucken in ihrem Unterleib versuchte sie zu verdrängen und sich dem Problem zu widmen, das Ian augenscheinlich auf der Seele brannte. Deshalb klemmte sie den Saum ihres T-Shirts unter ihre Pobacken und fragte: »Was ist es? Rück schon raus!«

      Ian blickte weiter auf das Meer, dessen Wellen sanft ans Ufer glitten. »Hat dir mein Vater von der Prophezeiung erzählt?«

      Jetzt ging das wieder los. Eigentlich hätte sie viel lieber knutschend im Sand liegen wollen. Doch Lyra riss sich zusammen, hatte sie doch den Eindruck, dass es Ian wichtig war, darüber zu sprechen. Deshalb nickte sie nur stumm und wartete darauf, dass er weitersprach.

      »Nun, die eine Hälfte bezieht sich auf meinen Onkel. Er ist der ältere Bruder meines Vaters und war schon als Kind darauf erpicht, eines Tages der Alpha des Rudels zu werden. Doch das ist keine Frage des Alters oder gar ein Geburtsrecht. Jedes Jahr wählen die Clanmitglieder ihren Anführer. Die letzten hundertsiebzig Jahre hatte meine Familie die Ehre, dieses Amt zu bekleiden. Als mein Großvater eines Tages nicht mehr willens war, wieder den höchsten Rang im Rudel zu übernehmen, sollten seine Söhne sich der Wahl stellen. Natürlich war mein Onkel der Meinung, dass nur ihm das Recht zustand, Alpha zu sein. Doch die Clanmitglieder wählten meinen Vater, obwohl dieser noch recht jung war. Mein Onkel wollte die Wahl als ungültig erklären lassen. Als ihm dies nicht gelang, wurde er von Tag zu Tag missmutiger. Dann rief ihn die Beanna zu sich und schlug vor, ihn zu reinigen. Während des Rituals muss etwas schiefgegangen sein, denn mein Onkel war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr da. Einfach weg. Verschwunden. Seither wurde mein Vater jedes Jahr zum Alpha gewählt. Und mit jedem Jahr rückt eine Gefahr näher, die ich nicht verstehen kann. Niemand im Rudel weiß etwas Genaues, nur dass es mit meinem Onkel zu tun haben soll und prophezeit wurde, dass ein weiblicher Hybrid, geboren aus dem Wasser und dem Feuer …«

      »Jaja, ich weiß. Das habe ich heute schon mal gehört.«

      Lyra trank ihr Glas leer und warf es mürrisch in den Picknickkorb. Dann stand sie auf und schaute nun ihrerseits auf die Wellen am Strand, die jetzt weniger friedlich wirkten. Die Flut schien zu kommen. An den steilen Klippen ringsum brachen sich die Wellen jetzt höher. Eigentlich war es hier wunderschön und doch war Lyra gerade nicht in der Stimmung nach … Ja, was eigentlich? In jedem Fall hatte sie keine Lust, länger irgendwelchen irrwitzigen Geschichten zu lauschen. Warum musste neuerdings alles so kompliziert sein? Okay, sie war keine normale Achtzehnjährige, aber irgendwie hatte sie sich die Volljährigkeit anders vorgestellt. Was Emily jetzt wohl machte? Ob sie mit ihrem Ben glücklich war und ihr Leben und die Liebe genoss? Heimweh überkam Lyra und der Wunsch nach Normalität. Der aufkommende Wind zerrte an ihren Haaren, die ihr mittlerweile fast bis zur Hüfte reichten. Nachdenklich hob sie die goldbraune Lockenmähne über die Schulter und flocht sich einen Zopf.

      Erschrocken zuckte Lyra zusammen, als sie ein Vibrieren auf ihrer Haut spürte. Dann entspannte sie sich ein wenig, schloss die Augen und atmete die salzige Luft ein, die vom Ozean hinüberwehte. Ian war hinter sie getreten und nahm sie in seine kräftigen Arme. »Es ist alles nicht leicht, ich weiß. Und ich würde dir gern helfen, besser mit dieser Situation klarzukommen. Doch ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, wie.«

      Mir würde da schon etwas einfallen, sinnierte Lyra und dachte dabei an einen Kuss auf ihren Nacken, dann auf ihren Mund … und auf jeden anderen Millimeter ihrer nackten Haut. Mit verträumtem Blick kuschelte sie sich an Ians warmen Körper. Jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt für ein bisschen Zärtlichkeit. Allerdings machte Ian keine Anstalten, sondern hielt Lyra einfach nur fest. »Ist es okay, wenn ich dich umarme?«

      Genervt verdrehte Lyra die Augen. Was war mit diesem Typen los? Warum konnte er sie jetzt nicht einfach küssen? Er fühlte sich so gut an und roch fantastisch. Ohne ihn anzusehen, flüsterte sie: »Es fühlt sich wunderbar an. Von mir aus darfst du gern noch mehr tun.«

      Entgegen aller romantischen Vorstellungen löste Ian seine Arme von ihrem Körper und verschränkte die Finger stattdessen hinter seinem Rücken. Dann trat er neben sie und schaute wieder auf das Meer.

      Männer!, dachte Lyra. Was sollte das? Sie hatte sich ihm angeboten und er machte einfach einen Rückzieher – nach allem, was sie zusammen erlebt hatten? Entgeistert sah sie zu ihm hinüber und schüttelte den Kopf. Sie hatte noch nicht viele Erfahrungen sammeln können, abgesehen von der ziemlich miesen mit Niklas damals auf der Party, dennoch war sie überzeugt, dass da etwas zwischen ihnen war. In jedem beschissenen B-Movie hätte der Kerl jetzt das Mädchen geküsst. Warum konnte Ian das nicht?

      »Findest du mich hässlich?«

      Ians Kopf zuckte herum. Sein Blick war ernst. »Ganz im Gegenteil.«

      Wütend stapfte Lyra den Weg allein bis zum Gästehaus zurück. Was denkt dieser Scheißkerl sich eigentlich? Erst zaubert er mir dieses Knistern in den Bauch und dann serviert er mich mit dieser blöden Antwort einfach so ab.

      Resigniert warf sie ihren Zopf auf den Rücken und überlegte, ob sie sich noch einmal verwandeln sollte. Als Luchs spürte sie wenigstens nicht all diese menschlichen Gefühle und musste sich nicht den Kopf über Prophezeiungen, die Zukunft und diesen Typen zerbrechen. Ian, der sie einfach nicht küssen wollte. Warum musste das Leben eigentlich so verflucht kompliziert sein?

      »Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?« Miranda lümmelte in einem Schaukelstuhl, der auf der Veranda des Gästehauses stand. Sie hatte ihre Lederklamotten gegen einen Bikini getauscht und brutzelte nun scheinbar genüsslich in der Spätnachmittagssonne. Auf einem Tisch neben ihr standen allerlei Utensilien und ein Glas, in dem sich nach und nach die Eiswürfel auflösten. Offenbar hatte sich ihre Tante vor lauter Langeweile die Nägel lackiert und gönnte sich nebenbei einen Drink.

      »Na, dir geht’s wohl gut hier?« Ohne eine Antwort abzuwarten, marschierte Lyra ins Haus und suchte im Kühlschrank nach dem Gin.

      »Ganz oben im Froster. Da findest du auch die Eiswürfel. Mach dir einen Drink, setz dich zu mir und erzähl mir dein Leid, Kätzchen!«

      Miranda war wirklich nicht von dieser Welt. Erleichtert stellte Lyra fest, dass ihr die Einstellung ihrer Tante gefiel und die unkomplizierte Herangehensweise etwas hatte, das sie beruhigte. Also holte sie ein Glas aus dem Küchenschrank und mixte sich ihren Gin Tonic. Eigentlich war die