Voller Misstrauen geliebt. Lara Greystone

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Название Voller Misstrauen geliebt
Автор произведения Lara Greystone
Жанр Языкознание
Серия Unsterblich geliebt
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742772114



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ihrem Bewusstsein verbarg, fragte er sich, was der Grund dafür war, dass Jo mit einer Waffe unterm Kopfkissen schlief. Sie war verteidigungsbereit aufgewacht, hatte ohne zu zögern geschossen, dazu noch direkt auf sein Herz.

      Ihre Reaktion zeigte, dass sie weit weniger hilflos war, als es im Schlaf den Anschein erweckte. Vielleicht hätte sie sogar gegen einen überraschten Vampir eine Chance, wobei die sich in den letzten Jahrzehnten nachts kaum noch in anderer Leute Häuser, sondern ihre Beute eher in Diskotheken und verruchten Bars suchten.

      „Sie ist ein Sicherheitsrisiko“, ermahnte Quint sich entschlossen. „Ich bin nicht hier, um sie vor meinesgleichen zu schützen, sondern uns vor der Gefahr, die hinter ihrer unschuldigen Fassade lauert.“

      Alle im Hauptquartier verließen sich darauf, dass er jede Gefahr für sie entdeckte und eliminierte. Aus diesem Grund würde er auch gleich das ganze Haus durchsuchen.

      Er bückte sich und hob die leere Patronenhülse auf. Bevor er nachher ging, würde er Jo vorsichtig die Waffe aus der Hand nehmen – hoffentlich hatte sich ihr Griff bis dahin gelockert. Dann würde er die fehlende Patrone ersetzen und die Pistole zurück unter ihr Kopfkissen legen. Die Alarmanlage würde er auch wieder einschalten, sofern sie keinen Ton mehr von sich gab. Danach gäbe es keine Spuren von seinem Eindringen mehr und nur er wüsste, was in dieser Nacht vorgefallen war. Die Details würde er Agnus lieber nicht berichten.

      Als er von der Bettkante aufstand, vernahm er ein Knirschen in der Kieseinfahrt, das ein menschliches Gehör sicher nicht wahrgenommen hätte. Laut seiner Information lebte Jo allein hier, wer sollte also kurz vor Morgengrauen hier auftauchen?

      In Sekunden war er unten am Eingang, seine Pistole mit dem Schalldämpfer in der Hand, und riss die Haustür auf.

      Zum Glück war es kein Frührentner, der Zeitungen austrug, und dem er damit sicher einen Herzinfarkt beschert hätte. Das erschrockene und bestimmt unabsichtliche Fauchen von einem der drei Männer identifizierte das Besuchertrio sofort als Vampire.

      Quint ließ seine Fangzähne ausfahren und aufblitzen, damit sie gleich wussten, mit wem sie sich anlegten. Daraufhin traten zwei sofort einen Schritt zurück. Einer blieb ungerührt stehen: ein kleiner, aber durchtrainierter Typ, kahl rasiert, bis auf einen geflochtenen Zopf am Hinterkopf.

      Quint ging vor die Haustür und zog sie hinter sich zu. Dann verschränkte er demonstrativ die Arme vor der Brust, die Pistole in seiner Hand gut sichtbar.

      „Es scheint, als wäre ich nicht schnell genug gewesen“, meinte der Kahlrasierte.

      „Richtig. Hier gibt es kein Abendessen für euch. Heute nicht und auch an keinem anderen Tag. Verstanden?“

      Der Vampir legte den Kopf etwas schief und verengte die Augen zu Schlitzen. „Und wer will uns das verbieten?“

      Quint bemerkte ein fast unauffälliges Zeichen seines Gegenübers und schon stürzten sich die zwei anderen auf ihn.

      Da hier kein Gesetzesbruch gemäß dem Tribunal vorlag, durfte er das unverschämte Vampirpack leider nicht töten und so schoss er dem ersten nur in den Bauch und verpasste dem anderen einen Kinnhaken, sodass der durch die Luft flog. Leider nutzte der Anführer der drei die Zeit, um ihm blitzschnell von hinten ein Messer in den Rücken zu stoßen.

      Der Kahlrasierte musste seine Niere getroffen haben. Ein genau kalkulierter Stich, denn der Schmerz war so brutal, dass ihm die Beine wegklappten und er zu Boden ging. Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen und er mutmaßte, dass ein normaler Mensch an dieser Verletzung gestorben wäre.

      „Kümmert euch um ihn. Ich geh rein.“

      Im Nebel des Schmerzes rasten Quints Gedanken.

      Was würde dieser Typ wohl mit Jo anstellen?

      Sie konnte sich nicht wehren, und zwar, weil er sie mit seinen Vampirkräften in Tiefschlaf versetzt hatte!

      Wegen ihm war sie diesen Bastarden jetzt hilflos ausgeliefert! Was die mit ihr anstellen würden, war allein seine Schuld! Seine Schuld – wie damals, als er zu spät zu seinem Bruder gekommen war …

      Mit einem markerschütternden Brüllen zog er sich das Messer heraus. Gleißender Schmerz durchfuhr seinen Körper und ihm wurde erneut schwarz vor Augen. Dennoch schaffte er es, wenn auch halb blind, den beiden mit dieser Klinge die Halsschlagader aufzuschlitzen.

      Selbst für einen Vampir war das tödlich, falls man nicht sofort Druck ausübte, um die Ausblutung zu verhindern. Die beiden waren schlau genug, sich sofort die Hände auf den Hals zu pressen. Und weil sie so kaum noch in der Lage waren, sich zu verteidigen, geschweige denn anzugreifen, suchten sie ihr Heil in der Flucht.

      Der Kampf mit den zweien hatte den direkten Weg durch die Haustür blockiert, was auch Quints Absicht gewesen war. Aber der dritte Vampir war leider hinters Haus gelaufen und würde vermutlich auf dem gleichen Weg bei Jo einbrechen wie er zuvor.

      Seine höllischen Schmerzen ignorierend taumelte er ebenfalls ums Haus herum. Der Kahlrasierte stand bereits auf der Brüstung und Quint konnte gerade noch rechtzeitig das Messer werfen, bevor der Vampir ins Schlafzimmer stieg. Am liebsten hätte er auf dessen Herz gezielt, doch der Hausbesuch schien nicht zufällig zu sein, deshalb wollte er zuerst Antworten aus dem Typ herausquetschen.

      Der Kerl hielt sich noch für einen Wimpernschlag unter Schmerzen am Geländer fest. Doch anstatt dann rückwärts herunterzufallen, drehte sich der Kerl im Fallen, landete direkt auf ihm und biss ihn augenblicklich in die Schulter.

      Etwas wie flüssiges Höllenfeuer flutete seinen Körper und ihm wurde schlagartig kochend heiß.

      Erst jetzt wurde Quint klar, wen er da vor sich hatte: Snake, den Headhunter – doch es war zu spät.

      Das Gift, das diesem außergewöhnlichen Vampir seinen Namen verliehen hatte, ließ seine Muskeln augenblicklich extrem verkrampfen und bescherte ihm irrsinnige Schmerzen, als würde er lebendig verbrennen. Zusammengekrümmt und absolut kampfunfähig lag er im Gras.

      Kapitel 7

      Snake zog sich das Messer heraus und spuckte Quint an.

      „Der einzige Grund, warum ich dich nicht auf der Stelle töte, ist, weil das Tribunal sonst hinter mir her wäre, du Arschloch!“

      Tatsächlich war das Tribunal bislang nie in der Lage gewesen, Snake zu verurteilen, denn der wanderte auf einem sehr schmalen Grat. Jemandem Informationen über eine Person zu verkaufen, war nun einmal nicht strafbar. Dass Raúl und andere Blutfürsten diese Leute anschließend entführten, weil es sich meist um Symbiontinnen handelte oder andere nützliche Spezialisten, damit hatte Snake ja offiziell nichts mehr zu tun – eine Gesetzeslücke, denn Snake war faktisch gesehen eine Art Menschenhändler.

      Zum Glück schien Snake nicht zu wissen, dass er es hier mit einem Wächter zu tun hatte.

      Aber was, wenn doch? Was, wenn die schwarze Liste des toten Ramón noch existierte, auf der man Quint als Wächter mit einem Kopfgeld aufgelistet hatte? Er selbst würde nichts preisgeben, aber seine Gegenwart in Jos Haus würde ausreichen, um sie in ein tödliches Fadenkreuz zu bringen! Denn Raúl würde bestimmt eine horrende Summe für eine Frau bezahlen, die mutmaßlich wusste, wo das Hauptquartier der Wächter lag. Und dieser Blutfürst würde - genau wie dessen Bruder Ramón - vor keiner Folter zurückschrecken, um an diese Information zu gelangen, auch wenn Jo gar nichts wusste und dabei elendig starb.

      Unter rasenden Schmerzen und völlig machtlos musste Quint zusehen, wie Snake sich erneut dem Schlafzimmerfenster von Jo zuwandte.

      Das erste Mal seit dem Tod seines Bruders, schrie er Gott nicht an und machte ihm Vorwürfe, sondern schickte wegen Jo ein Stoßgebet zum Himmel. Er hatte schon genug Schuld auf sich geladen, Jos Leben sollte nicht auch noch auf seine Kappe gehen.

      Du bist ein Idiot, sagte eine gehässige Stimme in seinem Kopf. Der hat sogar sein Seelenheil verkauft. Dem ist nichts wichtiger als Geld.

      Und in diesem Moment hatte Quint einen Geistesblitz.