Frauen führen besser. Ute Clement

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Название Frauen führen besser
Автор произведения Ute Clement
Жанр Зарубежная деловая литература
Серия Management
Издательство Зарубежная деловая литература
Год выпуска 0
isbn 9783849783754



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erlauben, ihre »weiblichen«, als auch den Frauen ihre »männlichen« Qualitäten zu beweisen.

      All das wird im vorliegenden Buch natürlich weit fundierter und durch Daten und theoretische Reflexionen gestützt von Ute Clement dargestellt, als es hier in einem Geleitwort geschehen kann. Jeder, ob Mann oder Frau, der oder die meint, es gebe nur gute Führung und keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen in der Art, wie sie dies tun, sollte das Buch lesen, lesen müssen: eine Art »Impfzwang« gegen dysfunktionelle Ideen über Führung.

       Prof. Dr. Fritz B. Simon

       Prof. f. Führung und Organisation

       Vorwort

      Wen soll dieses Buch ansprechen? Ganz klar, das Gender-Thema richtet sich an alle Geschlechter: Frauen und Männer sowie nichtbinäre und andere Geschlechteridentitäten. Die Teilhabe aller ist keine bloße Option, sondern unabdingbar für die zukünftige Ausrichtung der Wirtschaft. Die Börse investiert in die Zukunft – reine Männerführungsgremien sind also so gut wie Braunkohle im Abbau. Mir ist es außerdem auch wichtig, jüngere Generationen aufmerksam zu machen und mit ins »Feministinnen«-Boot zu holen. Es geht immerhin auch – oder vor allem – um ihre Zukunft.

      Die Pandemie hat gezeigt, dass Regierungschefinnen besonnener, weniger emotional und weitsichtiger in der pandemiebedingten Situation agiert haben als am Effekt orientierte männliche Regierungschefs. Frauen führen besser.

      »Passion for Change« – mit diesem Slogan arbeite ich seit 1995 in der internationalen Unternehmensberatung mit dem Ziel, dass alle Beteiligten vom Wandel profitieren. Mir ist es wichtig, deutlich zu machen, dass ein Wandel zum Gewinn aller nur dann möglich ist, wenn auch alle an der Herbeiführung des Wandels beteiligt sind: Frauen müssen in allen Bereichen und an allen Zukunftsthemen, wie z. B. Klimaarbeit, beteiligt sein. Wie Ruth Bader Ginsburg, die Richterin am US-amerikanischen Supreme Courts (und eine Ikone der Frauenbewegung), 2009 sagte: »Women belong in all places where decisions are being made« (vgl. Cary 2009), denn die Überlebensfähigkeit von Organisationen ist besser gesichert, wenn Frauen an Entscheidungen und Macht teilhaben.

      Leider muss ich feststellen, dass es Frauen aus den unterschiedlichsten Gründen nach wie vor schwer gemacht wird an wesentlichen Themenbereichen und Entscheidungen teilzuhaben, bzw. sie davon gänzlich ausgeschlossen bleiben. 2022 markiert bereits die dritte Dekade des 21. Jahrhunderts und die Diskussion zum Thema »Gleichberechtigung« dreht sich weiter im Kreis, sollte aber nun wirklich kein Streitpunkt mehr sein und ein für alle Mal geklärt werden. Es muss nun wirklich eine qualitative Veränderung in der Teilhabe von Frauen in allen Bereichen sichtbar und spürbar sein, denn erst wenn man/frau einen Unterschied macht, können Sachverhalte hervorgehoben und besprechbar gemacht werden.

       Ute Clement

       Heidelberg, im Januar 2022

       1 Einen Unterschied machen

      Sprache formt unser Bewusstsein und unsere Wahrnehmungen. Die Debatte über das Gendern wird erbittert geführt. Schon bei meiner Lehre in der Bank wollte ich Bankkauffrau sein und habe mich geweigert, die Urkunde als Bankkaufmann anzunehmen. Die Bank wollte mir auch keine Geschlechtsumwandlung zahlen. Warum ist es denn im Deutschen so schwer, sowohl die weibliche als auch die männliche Form zu nutzen? Lehnen Sie sich einen Augenblick zurück, denken Sie an einen Prokuristen – welches Bild entsteht? Genus hin oder her. In diesem ersten Kapitel soll gezeigt werden, warum es wichtig ist, einen Unterschied zu machen, um einen Sachverhalt besprechbar zu machen. Es soll aber auch auf die Schwierigkeiten hingewiesen werden, die bei einer solchen Unterscheidung aufkommen können. Hier soll nun die Unterscheidung zwischen »Gleichheit« und »Gleichberechtigung« in der deutschen Sprache gezeigt werden; beide Begriffe werden im Englischen mit equality übersetzt. Für den deutschen Begriff »Geschlecht« gibt es aber zwei englische Übersetzungen: sex und gender. Außerdem wollen wir uns anschauen, wo wir momentan in der Genderforschung stehen: was bereits erreicht wurde und woran noch weitergearbeitet werden muss. Die, die in der Genderforschung zu Hause sind, werden mit solchen Unterscheidungen wie sex und gender bereits vertraut sein, dies soll in diesem Kapitel aber noch einmal verständlich für diejenigen dargestellt werden, die sich nicht tagtäglich mit der Materie beschäftigen, aber unbewusst mit Sprache umgehen und vor allem die Konsequenzen nicht bedenken, die ein nachlässiger Umgang mit Sprache nach sich zieht. Um diesen Sachverhalt genauer zu betrachten und zu erklären, werden wir uns hauptsächlich auf die Arbeiten von Judith Butler (Undoing gender) beziehen sowie den Sammelband Geschlechterverwirrungen von Rendtdorff, Mahs und Warmuth.

      Im englischen Sprachgebrauch werden sowohl »Gleichheit« als auch »Gleichberechtigung« mit equality übersetzt. Beide Begriffe werden also synonym verwendet – vor allem im Deutschen kann das bei der Übersetzung zu Missverständnissen führen. Gleichheit bedeutet nämlich nicht auch Gleichberechtigung. Gleichberechtigung beinhaltet, dass einer Person gesetzlich die gleichen Rechte zugebilligt werden, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Religion etc.1 Demgegenüber steht Gleichheit für die »Übereinstimmung in allen oder wesentlichen Merkmalen«.2 Gleichheit ist außerdem keine Voraussetzung für Gleichberechtigung – niemand streitet ab, dass die Körper von Mann und Frau nicht gleich sind. Die Verschiedenheit von Mann und Frau geht über biologische Merkmale hinaus, die dann für die unterschiedliche Behandlung der Geschlechter verantwortlich sind.

      Die Ausdrücke Gleichheit und Gleichberechtigung werden im Englischen zwar unter dem Begriff equality zusammengefasst, aber wenn es um das Geschlecht geht, wird zwischen sex und gender unterschieden. Sex bezeichnet das biologische Geschlecht, welches aufgrund anatomischer Merkmale bei der Geburt zugewiesen wird – es gilt als unveränderlich. Zumindest nach dem Konzept, auf das sich die binäre Geschlechterordnung bezieht. Natürlich sind Umwandlungen des »natürlichen Geschlechts« durchaus möglich und stehen allen, die sich als transgender identifizieren, zur Verfügung.3 Die erste geschlechtsangleichende Operation wurde 1932 an Dora Richter von Magnus Hirschfeld in Berlin vorgenommen. Er prägte auch die Begriffe »transsexuell« und »Transvestitismus«.

      Dem »natürlichen Geschlecht« gegenüber steht gender; gender bezeichnet das sozial konstruierte Geschlecht, welches unabhängig von sex ist und nicht mit dem anatomischen Geschlecht übereinstimmen muss – es gilt als wandelbar. Gender ist eng mit der Identität eines Individuums verknüpft und ist Ausdruck des Selbst4. Aus diesem Grund ist gender auch eine Performance: »a kind of doing«5. Die Performance findet meist statt, ohne dass wir etwas aktiv tun oder bemerken. Das Konzept gender als historische und performative Kategorie ist äußerlichen Einflüssen ausgesetzt. Das bedeutet, dass das soziale Konstrukt gender nicht von uns als Individuum bestimmt wird – oder zumindest nicht ausschließlich. Soziale Normen, äußere Einflüsse und persönliche Erfahrungen, die die Außenwelt uns zufügt, prägen, was als feminines oder maskulines (oder sonstiges) gender wahrgenommen wird. Gender, so Butler, ist eine kulturelle Konfiguration des anatomischen Körpers, und sex ist zwangsläufig in einem kulturellen Kontext zu betrachten.6 Gender wird produziert, indem scheinbar willkürlich gewählte Attribute dem biologischen Geschlecht zugeordnet werden. Weiblichkeit wird demnach dem anatomisch weiblichen Körper zugeteilt; was genau Weiblichkeit ist und ausmacht, ist abhängig von historischem und sozialem Wandel, geopolitischen und kulturellen Grenzen, aber auch davon, wer den Begriff »Weiblichkeit« in Zusammenhang mit wem und zu welchem Zweck konzipiert.7

      Es lässt sich sagen, dass die Performance von gender immer von außen beeinflusst wird und gleichermaßen auf etwas abzielt, das außerhalb des Selbst liegt.8 So kommen wir als Gesellschaft z. B. nicht davon los, die Farbe Blau mit Jungen und die Farbe Rosa mit Mädchen zu assoziieren. Bereits zur Geburt bekommen