Wenn der Husten nicht mehr aufhört. Jamie Koufman

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Название Wenn der Husten nicht mehr aufhört
Автор произведения Jamie Koufman
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783954844265



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beitragen. Zum Beispiel leiden Patienten mit echtem Asthma mehrheitlich unter Reflux, der seinerseits auch Asthmaanfälle auslösen kann. Darüber hinaus kann Atemwegsreflux hinter einer chronischen Bronchitis, einem Emphysem und sogar Lungenkrebs stecken. Weiterführende Informationen über die vielfältigen Auswirkungen von Atemwegsreflux auf die Lunge sind (in englischer Sprache) auf meinem Blog zu finden: www.jamiekoufman.com

      Jamie Koufman, M.D, F.A.C.S.1 Dezember 2020

      EINLEITUNG

      Sind Sie ein Sonderfall?

      Scheuen Sie vor Kino- oder Konzertbesuchen zurück, weil Ihr lautes Husten Ihnen peinlich wäre? Wenden Menschen im Fahrstuhl oder im öffentlichen Raum sich mitunter ab, weil sie fürchten, sie könnten sich bei Ihnen mit einer schlimmen Krankheit anstecken? Haben Sie eine vergebliche Ärzteodyssee bei diversen Spezialisten hinter sich? Wenn Sie (oder ein Angehöriger) seit Monaten oder Jahren husten und nichts zu helfen scheint, dann ist dieses Buch für Sie.

      Quälender Husten, der partout nicht aufhören will, zählt zu den häufigsten Gründen für einen Arztbesuch und kann das Leben stark einschränken. Dennoch sind gegenwärtig Millionen von Menschen mit chronischem Husten falsch diagnostiziert und bleiben unbehandelt. Der Grund dafür liegt in der Überspezialisierung der Medizin und der Problematik, neurogenen Husten (Kapitel 4) und refluxinduzierten Husten (Kapitel 5) zu unterscheiden, zu diagnostizieren und zu behandeln.

      Es gibt zwar Lungenfachärzte (Pulmologen oder Pneumologen), doch chronischer Husten ist häufig nicht-pulmonal – die Erkrankung der Lunge ist also nicht die eigentliche Ursache für den Husten. Sobald eine Pneumologin oder ein Pneumologe den Patienten somit erklärt, dass deren chronischer Husten nicht von der Lunge herrührt, sind sie für diese Betroffenen nicht mehr zuständig.

      Chronischer Husten ist für die meisten Ärzte ein unerklärliches Rätsel, und wenn die Patientinnen und Patienten irgendwann bei mir landen, sind sie meist frustriert, verunsichert und wütend.

      Die meisten meiner Hustenpatienten haben ein gutes Dutzend Facharztbesuche mit aufwändigen Tests und vergeblichen Behandlungsbemühungen hinter sich. Leider ist kaum jemand in der Lage, stillen Atemwegsreflux oder neurogenen Husten (infolge einer gestörten Vagusfunktion) zu diagnostizieren, obwohl dies die häufigsten Ursachen für chronischen Husten sind.

      Als HNO-Fachärztin habe ich gelernt, Krankheiten im Hals-, Nasen- und Ohrenbereich zu diagnostizieren und zu behandeln, doch 20 Prozent meiner Patientinnen und Patienten klagen über chronischen Husten. Dafür bin ich inzwischen Expertin, weil ich mich auf diese Beschwerden spezialisiert habe. Als Laryngologin (Spezialistin für Stimm- und Rachenprobleme) habe ich jahrzehntelange Erfahrung mit hartnäckigem, angeblich unheilbarem stillem Reflux und chronischem Husten.

      Die Überlegungen, die ich Ihnen hier vorstelle, werden in der Medizin bisher mit Skepsis betrachtet.

      Dieses Buch habe ich geschrieben, weil ich meinen Fachartikel „The Diagnosis and Management of Non-Pulmonary Chronic Cough“1 nicht veröffentlichen konnte. In diesem Artikel konnte ich darlegen, dass 40 Prozent der Betroffenen, die bei mir vorstellig wurden, refluxinduzierten Husten hatten, bei 14 Prozent war der Husten neurogen, und 46 Prozent wiesen eine Mischform auf.1

      Der Artikel wurde rundweg abgelehnt. Einer der prüfenden Kollegen ging davon aus, dass ich pathologische Lungenveränderungen übersehen hätte, ein anderer stufte chronischen Husten als psychisches Problem im Sinne einer neurotischen Angewohnheit ein.

      Das übliche Peer-Review-Verfahren war in meinem Fall möglicherweise ungünstig, weil ich einen fachgebietsübergreifenden Ansatz gewählt hatte, wodurch sich meine HNO-Kollegen dazu gedrängt fühlten, für Patienten mit nicht-pulmonalem, chronischem Husten zuständig zu sein. Im Ablehnungsschreiben des Verlags hieß es: „Der Fokus dieses Artikels ist für unsere Fachzeitschrift zu breit.“ Bei chronischem Husten wollte dieser Verlag also lieber passen.

      Ich habe schon andere Patientenratgeber geschrieben für Menschen, die in der Medizin leicht durch das Raster rutschen. Auch mein Buch Dropping Acid: The Reflux Diet Cookbook & Cure2 hinterfragt viele Standardthesen zu gastroösophagealem Reflux. Behandelnde Ärztinnen und Ärzte stufen Reflux zumeist als unheilbare, chronische Gesundheitsstörung ein, gegen die nur eine lebenslange Medikamenteneinnahme hilft. Aber das stimmt nicht. Mit gesunder Ernährung und Lebensstilveränderungen ist Reflux heilbar3, und er ist die häufigste Ursache für chronischen Husten.1 Darauf gehe ich später näher ein.

      Die häufigste Frage meiner Patienten lautet: „Warum hat mir das vorher noch niemand erklärt?“ Auch deshalb habe ich dieses Buch geschrieben.

      Ich möchte frustrierte Patientinnen und Patienten dazu animieren, dem Problem selbst nachzugehen. Doch auch, wenn die Ursache klar ist, ist die passende Therapie nicht überall zu bekommen.

      Und wenn Sie dann nebenbei feststellen, dass Ihr Asthma gar kein echtes Asthma ist, befinden Sie sich in bester Gesellschaft. Wie Sie in Kapitel 7 sehen werden, ist „Asthma“ zumindest in den USA eine verbreitete Fehldiagnose – in der Regel steckt stiller Atemwegsreflux dahinter.

      Dieses Buch ist eine Ergänzung zu meinem ursprünglichen, unveröffentlichten Artikel über chronischen Husten, und es richtet sich an Betroffene. Der Artikel selbst präsentiert 50 Fallstudien (Anamnese, Befunde, Untersuchungsergebnisse und Behandlung) von Patienten mit chronischem Husten.1 Diese Auswahl vermittelt einen guten Überblick über Tausende vergleichbarer Patienten und damit über meine komplette berufliche Erfahrung als Ärztin und Wissenschaftlerin.1-70

      Ich gehe davon aus, dass dieses Buch einen neuen, wertvollen Blickwinkel auf unerklärlichen chronischen Husten bieten kann. Und ich hoffe, dass es für Sie, Ihre Angehörigen und auch für Ihren Arzt oder Ihre Ärztin von Nutzen sein wird. Denn mit der korrekten Diagnose ist chronischer Husten in den meisten Fällen heilbar.

      KAPITEL 1

      Nicht-pulmonaler chronischer Husten

      Chronischer Husten zählt zu den häufigsten Symptomen, derentwegen ein Arztbesuch fällig wird.71 Dennoch erhält ein großer Teil der Betroffenen keine korrekte Diagnose und somit auch keine wirksame Behandlung.1,71-76 Selbst Lungenfachärzte und andere Spezialisten für Atemwegserkrankungen wie Allergologen und HNO-Ärzte stoßen bei chronischem Husten an ihre Grenzen.72-76

      Zu den gefährlichen pulmonalen Ursachen für chronischen Husten zählen beispielsweise Tuberkulose, Pneumonie (Lungenentzündung) und Lungenkarzinome. Bei chronischem Husten müssen solche Ursachen zunächst durch einen Arztbesuch und ein Röntgenbild ausgeschlossen werden. Hierzu ist auch ein Hauttest auf Tuberkulose sinnvoll.

      Der erste Schritt bei chronischem Husten ist der Ausschluss einer pulmonalen Ursache. „Nicht-pulmonal“ bedeutet in diesem Buch, dass nachweislich keine primäre Lungenkrankheit vorliegt.

      Ein großer Patientenanteil in meiner Praxis hat mit hartnäckigem, nicht-pulmonalem chronischem Husten zu kämpfen. In der folgenden Tabelle 1 sind die typischen Ursachen in der Reihenfolge der Prävalenz zusammengefasst. Ergänzend werden diese Diagnosen in Anhang A: Differenzialdiagnose kurz besprochen.

      Bei den meisten Hustenpatienten, die von anderen Ärzten an mich verwiesen werden, soll ich einen stillen Atemwegsreflux oder laryngopharyngealen Reflux (LPR) bestätigen oder aber ausschließen. Stiller Reflux ist die bei Weitem häufigste Ursache für einen schwer zu diagnostizierenden chronischen Husten. Die zweithäufigste Ursache ist neurogener Husten. Die Diagnosen 3 bis 7 in Tabelle 1 sind weniger häufig, die Diagnosen 8 bis 13 selten.

      Noch einmal: Hier geht es um die nicht-pulmonalen Ursachen von chronischem Husten. Das möchte ich wiederholen, weil pulmonale Ursachen mitunter mehr als einmal ausgeschlossen werden müssen.

      Wenn