Sterbende möchten leben und in ihrem Kampf gegen den Tod begleitet werden, so der Psychologe und Theologe Ernst Engelke. Aber von ihnen wird erwartet, in ihr Sterben einzuwilligen. Ein guter Begleiter dagegen teilt Angst und Hoffnung des Sterbenden, er weiß um seine Ambivalenzen. Die Palliativmedizinerin Claudia Bausewein betont die Kraftquellen und Ressourcen von Schwerkranken. Sie wollen die Zeit des Sterbens oft bewusst erleben und gestalten und eine Lebensbilanz ziehen. Deshalb warnt sie vor einem Schubladendenken in Sachen Sterben: Die Zustimmungsnötigung zum Sterben von Elisabeth Kübler-Ross hält sie genauso wenig zutreffend wie eine generelle Ablehnungsthese. Erich Garhammer befragt Literaten auf ihre Einstellung zum Sterben und stößt auf bemerkenswerte Befunde. Der Begriff «Sterbegröße» (Thomas Hürlimann) taucht ebenso auf wie der Wunsch, den letzten Weg als ein Abenteuer zu verstehen. «Der Weg, den du jetzt gehst, gehen alle, aber du zum ersten Mal» (Adolf Muschg). Die Medizinhistorikerin Karen Nolte beschreibt die professionspolitische Konkurrenz der Helferberufe am Sterbebett im 19. Jahrhundert. Die Ärzte verstanden sich als die besseren Seelsorger, als die «Priester der Natur» und sahen sich neben der medizinischen Sterbebegleitung auch zuständig für die religiöse Sterbebegleitung. Diese Zeiten sind längst vorbei: das therapeutische Team ist angesagt, in dem der professionelle Seelsorger eine spezifische Aufgabe hat. Gottfried Amendt versteht seine Rolle am Sterbebett als «Hebammendienst zur zweiten Geburt». Die Würde des Sterbens in der palliativen Arbeit nehmen Susanne Röder und Elisabeth Köhler aus ärztlicher und Regina Raps aus pflegerischer Perspektive in den Blick. Sr. Paula Helm schreibt über Sterbebegleitung im Kloster. Deutlich wird: die Begleitung in den letzten Lebenswochen ist eine der intensivsten Erfahrungen. Wenn sie gelingt, können alle gestärkt hervorgehen. Dabei soll die Dimension der Überforderung nicht verschwiegen werden, die oft zu anderen Lösungen greifen lässt. So stellt Ernst Engelke in seinem Schlussbeitrag die provokante Frage, ob wir nicht auf dem Weg in eine Euthanasie mit gesundheitsökonomischer Selbsttötung sind. Seine Beobachtungen sind ein Aufruf, weiter personell, finanziell und kulturell in eine andere Richtung zu investieren: in die Würde des Sterbens.