Ein Bilderbogen aus dem versauten Berlin.
Freigefochtene Kerle und solche, die es werden wollen, finden sich zusammen und lernen voneinander und miteinander: der Schriftsteller Jens, das Lustobjekt Drexau aus einer Villa im Schwarzwald, der Punker Rotz, der spanische Doktorand Porco, der Gymnasiast aus Grunewald Ratte, das Ferkel aus Rüdersdorf, der personal assistant Radu und der Skater Phallc.
Auf den ersten Blick ein fröhlicher, sehr unanständiger Zukunftsroman, in dem männergeile Männer es bei so ziemlich jeder Gelegenheit miteinander treiben, von zart bis hart, am liebsten öffentlich, während die bürgerliche Gesellschaft sich an den Anblick gewöhnt und neuartige Strukturen entwickelt, um solch abartiges Geschehen zu integrieren.
Bei näherer Hinsicht hält Jens van Nimwegen der heutigen Gesellschaft den Spiegel vor wie dereinst Pasolini. Die 120 Tage von Sodom reloaded, aber leichter, spielerischer, ohne Fäkalien und ohne Grausamkeit, wenn man von einer zwischen zwei Steinen zermalmten Gebissprothese absieht. Was erwartet unsere so tolerante Gesellschaft von ihren Homosexuellen? Wie fühlen die sich, wenn sie zur Abwechslung mal nicht kuschen wollen?
Philosophisch betrachtet ist die Erzählung darüberhinaus ein Gedankenexperiment zum Sinn und Zweck des gesetzlichen Schutzes von etwas so schwer Greifbarem wie der Würde des Menschen im Gegensatz zum Tierschutz.
Die selbständig lesbare philosophische Lehrerzählung kann auch gelesen werden als dritter Band der MANIMAL-Trilogie von Jens van Nimwegen. Das Ferkel, einen Skater aus Rüdersdorf, kennen die Leser des ersten und zweiten Bandes. Es war bei Jens in der Lehre, um zu einem richtigen Schwein abgerichtet zu werden. Viel brauchte der naturversaute junge Mann dazu nicht mehr zu lernen. Gegen Ende des ersten Bandes gesellte sich Phallc dazu, ebenfalls ein Skater, der von seinen Eltern des Hauses verwiesen wurde.
In Die artgerechte Haltung des Homo manimalis treffen wir die beiden wieder im inzwischen dreigeteilten Deutschland des Jahres 2034, nach dem Großen Zusammenbruch. Vieles ist anders geworden, und während im Freistaat Bayern-Sachsen Homosexuelle gesetzlich als Abart des Homo Sapiens dem Tierreich zugerechnet werden, können sie in Neupreußen frei und vollkommen offen leben und lieben. Aber wer vorher schon versaut war, bleibt es auch unter diesen beiden Systemen.
Die Leser des ersten Bandes, Manimals, treffen hier die Punker Ratte und Rotz, ihren personal assistant Radu und Jens und das Ferkel wieder. Die reisen in diesem zweiten Band zu einer widernatürlichen Orgie in den Schwarzwald. Dort ereignen sich Morde und andere besorgniserregende Zwischenfälle. Nichts ist anscheinend, was es zu sein schien, nicht einmal der reiche Gastgeber und der blonde Dorfpolizist. Kann man seinen besten Freunden noch vertrauen?
Den arroganten Kommissar Carstensen hat es aus Hamburg in den Schwarzwald verschlagen. Er muss wohl oder über mit diesem unanständigen Haufen von Manimals zusammenarbeiten.
Dieser Band ist auch ohne Kenntnis des ersten Bandes, Manimals, lesbar.
Was bis dahin geschah, ist beschrieben in Die Abrichtung (Männerschwarm Verlag, 2012). Der selbständig lesbare Roman 'Der Konvent' beginnt in dem Moment, in dem Jens das Schwein vertragsgemäß freilassen will. Wie es danach weitergehen soll, ist am Anfang noch völlig offen. Pläne wurden ausdrücklich nie gemacht. Jens findet, dass man Entwicklungen nicht planen kann, sondern die Chancen ergreifen muss, die das Leben bringt. Darum war ja auch der Verlauf der Abrichtung des Schweins nicht geplant, nur die Dauer.
Unmittelbar vor der termingerechten Freilassung bietet sich unverhofft eine Chance: Ein Mäzen will, dass Jens und seine Männer einen von Russen völlig verwohnten ehemaligen Klosterkomplex in Brandenburg restaurieren und umzubauen zu einer Anlage, in der Herren mit ihren Knechten und Sklaven ihrer Art gemäß leben und arbeiten können – und zwar bis an ihr Lebensende.
Jens verlangt, dass das jetzt freie Schwein sich innerhalb vom fünf Minuten für oder gegen eine zweite Zeit von anderthalb Jahren verpflichtet, ohne dass es von diesem Angebot des Mäzens weiß.
In seiner Nobel-WG am Rande von Berlin fühlt sich der Niederländer Eric Berkhout mit seinem leibeigenen Knecht Tim wie das fünfte und sechste Rad am Wagen, nachdem der Wurf einer Münze die Verhältnisse durcheinandergewirbelt hatte und neue Beziehungen entstanden sind. Aber Eric hat keine Ersparnisse und keine eigene Wohnung, außerdem sind ja alle ganz nett, und es lebt sich gut, also geht es irgendwie weiter. Bis ein Bekannter eines Bekannten mit Eric Kontakt sucht und ihn bittet, sich seines Sohnes Alexander anzunehmen.
Eric sieht nicht ein, wieso ausgerechnet er einen nicht einmal volljährigen Gymnasiasten, den er gar nicht kennt, von harten Drogen fernhalten und dazu bringen soll, wieder regelmäßig zur Schule zu gehen, Abitur zu machen und sein Cello nicht zu vernachlässigen. Aber der Vater hat sich in den Kopf gesetzt, dass Eric genau der richtige Mann ist, um seinen Sohn vor dem Abgleiten zu retten.
Als Eric ein Porträtfoto von Alexander sieht, ist er ihm sofort verfallen.
In einer Art schwuler Nobel-WG am Rande von Berlin ist die Zeit stehengeblieben. Till und Tim, Zwillinge, die ganz aufeinander orientiert sind, sich mit 50 Jahren immer noch genau gleich anziehen und alles zusammen machen, leiten mit vorbildlichem Ethos ihr Firmenimperium und leben noch zurückgezogener und medienscheuer als die Brüder Albrecht und die Familie Schlecker. Abgesehen von ihrer Arbeit in der Firma kennen sie zur Erholung nur die Arbeit in ihrem Garten. Da sie wegen ihres Reichtums begehrte Entführungsopfer sind, kommen sie nicht ohne zwei Bodyguards von ungefähr 35 Jahren aus, die als Personenschützer, Chauffeure und Köche mit ihnen zusammenleben und bei seltenen Gelegenheit auch mal mit ins Bett genommen werden.
Einer der beiden ist Eric Berkhout, Niederländer mit abgeschlossenem Studium, der sich aber keinen akademischen Beruf gesucht hatte, sondern «wegen der Männer» nach Berlin ging und sich zum Personenschützer ausbilden ließ: körperliche Arbeit, Kampfsport, Uniform, absolute Loyalität, zusammen mit harten Männern mit kurzen Haaren. Aus ähnlichen Motiven gehen immer wieder junge Männer zur Fremdenlegion. Wir lesen sein Tagebuch.
Der andere ist Jim, ein schwarzer Niederländer.
Die vier leben fast wie im Paradies zusammen: sie mögen sich, auch wenn es eher um Respekt als um Freundschaft geht, sie lieben ihre Arbeit und haben alles, was man sich wünschen kann: den Garten, gutes Essen und hin und wieder gute Gespräche. Nur unterbewusst frisst an Eric das Gefühl, ob das nun alles ist.
Bis der Wurf einer Münze alles ändert.
Ein Roman über Gleichheit, Ungleichheit, Macht, Unterwerfung, Pflicht, Lust, Liebe und Knechtschaft unter Männern.