Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren: Denise von Schoenecker verwaltet das Erbe ihres Sohnes Nick, dem später einmal, das Kinderheim Sophienlust gehören wird.
"So, Strolch, ich bin endlich fertig!", rief das kleine Mädchen erleichtert und räumte das abgetrocknete Geschirr in den Schrank. Dann legte es noch das Besteck in die Schublade des Küchentisches und band sich die viel zu große Schürze ab. Jetzt hockte sich Christiane zu ihrem Hund nieder und strich ihm über das Köpfchen. «Weißt du, die Frau Krüger, die unter uns wohnt, hat neulich zu der Frau Apothekerin gesagt, es sei eine Schande, dass mein Vater mich so ausnutze. Aber ich finde das eigentlich nicht.» Sie umarmte den schwarz-weiß-braunen Hund zärtlich. «Das alles macht mir doch nichts aus. Nur habe ich Angst vor ihm, wenn er betrunken ist. Du auch?» Der kleine Hund schlug heftig mit seiner spitzen Rute auf den Linoleumboden und leckte seinem Frauchen die Hände ab. «Keine Angst, Strolch, ich passe schon auf dich auf, damit er dich nicht mit dem Fuß tritt. Du musst halt immer unter mein Bett kriechen. Denn wenn er zu viel getrunken hat, ist er zu bequem, dich hervorzuzerren. So, jetzt komm! Wir gehen noch schnell hinunter, damit du dein Pfützchen machen kannst. Aber ich lege dich lieber an die Leine. Wie leicht könntest du unter ein Auto kommen.» Der Hund blickte die Kleine erwartungsvoll an und bellte dann voller Freude. Christiane fuhr sich noch schnell mit dem Kamm durch das schulterlange Haar und schlüpfte dann in ihre dünne Wolljacke.
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"Sie kommen, sie kommen!", schrie Henrik von Schoenecker aus Leibeskräften. Er war auf einen Baum geklettert, um den Rolls-Royce auch ganz bestimmt als Erster zu erblicken. Denn für ihn und alle Kinder von Sophienlust war es hochinteressant, dass ein fünfjähriger Junge in einem Rolls-Royce ankommen sollte. Henrik wusste das von seinem Vater. Alexander von Schoenecker hatte dieselbe Schule besucht wie der Vater von Bastian Schlüter. Bei einem Abituriententreffen waren die beiden einander vor Kurzem wiederbegegnet, nachdem sie sich zuvor vollkommen aus den Augen verloren hatten. Kurt Schlüter hatte Alexander von Schoenecker bei dem Wiedersehen erzählt, dass er für drei Monate auf Reisen gehen wollte. Was hatte da nähergelegen, als dass Alexander von Schoenecker sofort von Sophienlust berichtet und dem Schulkameraden von ehedem die Aufnahme seines Jungen angeboten hatte? Während der große Wagen sich langsam dem Herrenhaus von Sophienlust näherte, versammelten sich die Kinder in der Nähe des Eingangs, um nur ja die Ankunft Bastian Schlüters nicht zu versäumen. «Seinen Hund bringt er auch mit. Eine Dogge», äußerte Dominik von Wellentin-Schoenecker. «Vati hat erzählt, dass es ein besonders wohlerzogener Hund ist.» Der Lärm, den die Kinder gemacht hatten, war im Hause nicht unbemerkt geblieben. Denise und Alexander von Schoenecker, die beide von Schoeneich nach Sophienlust gekommen waren, um Alexanders Schulfreund mit seinem Sohn willkommen zu heißen, traten in dem Augenblick vors Haus, als der Rolls-Royce gerade vor der Freitreppe hielt. Es war ein imponierender Anblick. Jetzt sprang ein livrierter Chauffeur aus dem Wagen und riss den Schlag auf. Ein ziemlich korpulenter Mann, den man gut und gern zehn Jahre älter als Alexander von Schoenecker geschätzt hätte, obwohl er doch gleichaltrig sein musste, stieg schwerfällig aus. Er würdigte die Gruppe von Kindern keines Blickes, sodass diese, die sonst die Gäste herzlich begrüßten, es nicht wagten zu lächeln oder gar zu winken.
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Eine schmutziggraue Wolkendecke hing seit Tagen über München. Es goss mit einer schier unermüdlichen Ausdauer. Aus den Wasserlachen, die sich auf den Straßen bildeten, sprangen kleine Blasen hoch. Trübsinnig blickte die sechsjährige Ursula Philipp hinaus in das triste Wetter. Sie kniete auf einem Hocker und stützte sich mit den Ellbogen auf das Fensterbrett. Immer wieder verdunkelten Tränen ihren Blick. Die Stimmen hinter ihr hörten sich wie das Summen von unzähligen Bienen an. An diesem Samstagvormittag hielten sich die meisten Kinder des Waisenhauses in dem hellen freundlichen Aufenthaltsraum auf. Viele von ihnen kannte Ursula, die von allen Uschi genannt wurde, solange sie zurückdenken konnte. Aber viele andere Kinder hatten inzwischen das Waisenhaus verlassen dürfen. Sie waren adoptiert worden und lebten nun wohlgeborgen in einer Familie. Sie hatten ein Zuhause gefunden und waren glücklich. Tränen lösten sich von den langen dunklen Wimpern der Kleinen. Auch an diesem Morgen hatten zwei Ehepaare zwei Kinder abgeholt. Eines davon war ihre beste Freundin Eva. Sie war ein Jahr älter als sie und würde ab jetzt in einer wunderschönen Villa leben. Das andere Kind, ein vierjähriger Junge, saß im Augenblick in einem chromblitzenden Straßenkreuzer, um mit seinen Pflegeeltern nach Heidelberg zu fahren. Die neue Heimat des Jungen würde ein Schloss sein und dann, sobald die Adoption perfekt war, würde er den Namen eines alten Adelsgeschlechtes tragen. "Stellt euch nur vor, Eva hat nun ein eigenes Zimmer zum Schlafen und außerdem noch ein Spielzimmer. Ihre neuen Eltern sind so reich, dass sie ihr jeden Wunsch erfüllen können.
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Mit blitzenden Augen stiegen die Kinder aus den beiden roten VW-Schulbussen, die kurz hintereinander in den Gutshof von Sophienlust einfuhren. Murkel und die anderen Hunde stürmten die Freitreppe hinunter, um die Mädchen und Buben zu begrüßen. Dominik warf seine Schulmappe in die Luft und fing sie mit einem Jauchzer wieder auf. Malu nahm ihren Wolfsspitz Benny auf die Arme und flüsterte ihm ins Ohr: «Ab heute bin ich den ganzen Tag bei dir, mein Liebling. Die großen Sommerferien haben begonnen.» Henrik trippelte die Freitreppe hinauf und lief dann durch die Halle, um nach seiner Mutti zu suchen, deren Wagen er im Hof entdeckt hatte. Er fand sie bei Frau Rennert im Büro. «Mutti, Mutti, wir haben Ferien!», rief er. «Jetzt brauche ich keine Schulaufgaben mehr zu machen.» «Erst einmal guten Tag, mein Junge», erwiderte Denise lachend und zog ihren Jüngsten an sich. «Dabei dachte ich, du gehst gern in die Schule.» Henrik blinzelte sie schelmisch an. «Manchmal tue ich das auch. Aber es ist doch viel schöner, wenn man den ganzen Tag spielen kann», bekannte er. Denise trat ans Fenster und blickte hinaus. Noch immer tummelten sich einige Kinder im Gutshof. Fabian Schöller, der nun schon einige Zeit in Sophienlust weilte, spielte mit seiner jungen Dogge Anglos, deren tollpatschige Sprünge ihn immer wieder zum Lachen reizten.
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Hubert von Wellentin war mit seiner Familie wieder einmal in Sophienlust zu Gast. In letzter Zeit waren seine Besuche selten geworden, weil er viel auf Reisen war. Da er wenig darüber sprach, hatten Denise und Alexander von Schoenecker schon herumgerätselt, was ihn denn so oft in die Schweiz lockte. Es musste schon etwas sehr Wichtiges sein, denn er ließ seine Lieben ungern allein. «Kommt doch am Mittwochabend nach Schoeneich», bat Denise. «Die Brachmanns kommen und wahrscheinlich auch die Baumgartens. Dann können wir mal wieder alle gemütlich beisammen sein.» «Irene und Kati können kommen», sagte er. «Ich fahre morgen nach Bellinzona.» «Schon wieder?», fragte Denise überrascht. Er zwinkerte verschmitzt. «Nur keine Hintergedanken, mein Mädchen. Das kann das Geschäft meines Lebens werden, wenn ich es unter Dach und Fach bringe. Aber fragt mich nicht. Ich kann euch noch nichts sagen. Drückt mir nur die Daumen, dann werdet ihr auch davon profitieren.» "Muss denn das sein, Papa?
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Der Landregen, der auf den nächtlichen Gewittersturm folgte, passte so recht zu Pünktchens trübsinniger Stimmung. Mit tränenfeuchten Augen stand sie am Fenster ihres Zimmers und blickte in die graue Welt hinaus. Dabei dachte sie an die kommenden zwei Wochen, in denen Dominik nicht hier sein würde. Für sie war das eine Ewigkeit. Natürlich gönnte sie Nick die Reise mit seinen Großeltern und deren Adoptivtochter Kati von ganzem Herzen, aber gleichzeitig fühlte sie auch Neid in sich. Wie schön wäre es doch, wenn man sie ebenfalls mitnehmen würde. Die bayerische Hauptstadt München hätte sie schon lange gern kennengelernt. Nick würde diese Stadt nun aber ohne sie kennenlernen. Pünktchen wischte sich die Tränen fort und atmete tief durch. Sie musste tapfer sein. Vor allen Dingen durfte sie keine verweinten Augen haben. Denn Nick würde gleich nach Sophienlust kommen, um sich von allen hier zu verabschieden. Gegen elf Uhr würden dann seine Großeltern und Kati kommen, um ihn mit dem Auto abzuholen. Und heute Abend würden die glücklichen Vier bereits in München sein. Pünktchen wusste, Nick konnte es nicht leiden, wenn sie weinte oder gerötete Lider hatte. Darum ging sie in das anschließende Badezimmer und wusch ihr Gesicht mit kaltem Wasser. Dann bürstete sie ihre Haare und band sie im Nacken mit einer hellblauen Schleife zusammen. Schließlich schlüpfte sie in ihre weiße Leinenhose und zog den kurzärmeligen Pulli über den Kopf. Obwohl es draußen in Strömen goss, war es doch noch immer recht schwül. Jetzt stellte Pünktchen sich wieder ans Fenster und wartete auf den Wagen von Tante Isi, die Nick gewiss nach Sophienlust bringen würde.
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Frau Rennert, die Heimleiterin von Sophienlust, legte das Buch, in dem sie gelesen hatte, aus der Hand, als sie die fröhlichen Kinderstimmen hörte. Ihr Sohn Wolfgang und ihre Schwiegertochter Carola waren mit den Kindern nach Bachenau gefahren, um dort das kleine Heimatmuseum zu besichtigen und anschließend das Tierheim der Lehns zu besuchen. Nun kehrte die Gesellschaft von ihrem Sonntagsausflug zurück. Nach einem letzten Blick auf ihre schlafenden Enkelkinder, die Zwillinge Alexandra und Andreas, die sie an diesem Tag versorgt hatte, verließ Frau Rennert die reizende Wohnung, um die Heimkehrenden zu begrüßen. Auch Schwester Gretli war aus ihrer sonntäglichen Ruhe aufgestört worden. Sie erwartete die Kinder in der Halle. Pünktchen begrüßte sie als erste. «Schwester Gretli, das war wieder einmal ein wunderschöner Sonntag», erzählte sie lebhaft. Dabei leuchtete es in ihren veilchenblauen Augen hell auf. «Ja, es war einmalig schön», schwärmte auch Malu, die Mühe hatte, die laute Wiedersehensfreude ihres Wolfsspitzes Benny zu dämpfen. «Das Tierheim ist einfach faszinierend. Es war eine phantastische Idee von Andrea und ihrem Mann, es zu gründen. Es ist fast ein kleiner Zoo.» «Ja, stellen Sie sich vor, Schwester Gretli, Andrea hat erzählt, dass Hans-Joachim vor einigen Tagen zu einem Schimpansen gerufen worden ist, der zu einem Wanderzirkus gehört. Beinahe hätte er den Affen auch ins Tierheim nehmen müssen», berichtete Dominik begeistert. «Am besten gefällt mir der Igel Mumps. Niemals hätte ich für möglich gehalten, dass ein Igel so zutraulich werden kann»
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Der Landregen, der auf den nächtlichen Gewittersturm folgte, passte so recht zu Pünktchens trübsinniger Stimmung. Mit tränenfeuchten Augen stand sie am Fenster ihres Zimmers und blickte in die graue Welt hinaus. Dabei dachte sie an die kommenden zwei Wochen, in denen Dominik nicht hier sein würde. Für sie war das eine Ewigkeit. Natürlich gönnte sie Nick die Reise mit seinen Großeltern und deren Adoptivtochter Kati von ganzem Herzen, aber gleichzeitig fühlte sie auch Neid in sich. Wie schön wäre es doch, wenn man sie ebenfalls mitnehmen würde. Die bayerische Hauptstadt München hätte sie schon lange gern kennengelernt. Nick würde diese Stadt nun aber ohne sie kennenlernen. Pünktchen wischte sich die Tränen fort und atmete tief durch. Sie musste tapfer sein. Vor allen Dingen durfte sie keine verweinten Augen haben. Denn Nick würde gleich nach Sophienlust kommen, um sich von allen hier zu verabschieden. Gegen elf Uhr würden dann seine Großeltern und Kati kommen, um ihn mit dem Auto abzuholen. Und heute Abend würden die glücklichen Vier bereits in München sein. Pünktchen wusste, Nick konnte es nicht leiden, wenn sie weinte oder gerötete Lider hatte. Darum ging sie in das anschließende Badezimmer und wusch ihr Gesicht mit kaltem Wasser. Dann bürstete sie ihre Haare und band sie im Nacken mit einer hellblauen Schleife zusammen. Schließlich schlüpfte sie in ihre weiße Leinenhose und zog den kurzärmeligen Pulli über den Kopf. Obwohl es draußen in Strömen goss, war es doch noch immer recht schwül. Jetzt stellte Pünktchen sich wieder ans Fenster und wartete auf den Wagen von Tante Isi, die Nick gewiss nach Sophienlust bringen würde.
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"Wiedersehen, Nick, bis morgen!" Pünktchen und Malu winkten Nick nach, der eilig in Richtung Schoeneich davonradelte. Es war wirklich schon allerhöchste Zeit, wenn er noch einigermaßen pünktlich zum Abendessen zu Hause sein wollte. Nick strampelte sich fast die Seele aus dem Leib. Er war erleichtert, als er endlich Schoeneich vor sich liegen sah. Im Hof stand Hans-Joachims Auto. Also waren er und Andrea bereits eingetroffen. Nick brachte sein Fahrrad an Ort und Stelle und betrat durch den Hintereingang das Herrenhaus. Er eilte in sein Zimmer, machte sich frisch und betrat kurze Zeit später die Halle. Waldi, Andreas unzertrennlicher Begleiter, kam unter dem Sessel seines Frauchens, unter dem er gelegen hatte, hervor und begrüßte Nick lebhaft. «Fein, dass du endlich da bist, Nick», sagte Denise. «Wahrscheinlich gab es in Sophienlust noch unaufschiebbare Dinge zu erledigen.» «Ich musste noch eine Weiche reparieren, Mutti», antwortete Nick. «Fabian hatte schon Angst, dass er sie kaputt gemacht hätte. Doch sie war nur nicht richtig eingestellt.» Nick begrüßte Andrea und ihren Mann Dr. Hans-Joachim von Lehn, gab Henrik einen freundschaftlichen Rippenstoß und nahm dann in der Runde Platz. Denise goss ihm einen Orangensaft ein.
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Beunruhigt blickte Anne Drexler auf ihre Armbanduhr. Es war bereits zehn nach sieben. Dabei hatte Christoph ihr doch fest versprochen, heute um sechs Uhr dazusein. Tief seufzte die junge Frau auf. Früher war ihr Mann sehr viel zuverlässiger und auch rücksichtsvoller gewesen. Im Falle einer Verspätung hatte er sie stets angerufen und sein längeres Ausbleiben entschuldigt. Doch darin hatte er sich grundlegend geändert. Natürlich konnte sie nicht von ihm verlangen, dass er noch genauso in sie verliebt war wie vor zwölf Jahren, als sie geheiratet hatten. Doch trotzdem hätte er zuvorkommender und auch rücksichtsvoller sein können. Was hatte ihn nur so verändert? Seit wann war er eigentlich so verändert? Anne schaute zum Fenster hinaus. Doch von Christophs Wagen war weit und breit nichts zu sehen. Nervös durchschritt sie die geräumige Wohnung in der ersten Etage einer Villa, die früher einmal ein Herrschaftshaus gewesen war. Jetzt befanden sich darin drei komfortable Wohnungen. Als Christoph den Lehrstuhl an der Heidelberger Universität bekommen hatte, waren sie hier eingezogen. Wie glücklich war sie anfangs in dieser Wohnung gewesen, unendlich glücklich. Sie hatte einen tüchtigen und klugen Mann, der vor kurzem Professor geworden war, und zwei reizende Kinder, Eva und Philipp. Ihre Tochter, inzwischen elf Jahre alt, war sehr gescheit. Und Philipp war ein gesunder kräftiger Junge mit vielerlei Interessen.