Therapie in Aktion. Lothar Kuschnik

Читать онлайн.
Название Therapie in Aktion
Автор произведения Lothar Kuschnik
Жанр Сделай Сам
Серия EHP - Edition Humanistische Psychologie
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783897975682



Скачать книгу

1. Einführung in die Aktionstherapie

      „Alles was ich sage, sei Gespräch, nichts sei ein Rat. Ich würde nicht so kühn reden, wenn man mir folgen müsste.“

      Erasmus von Rotterdam (ca. 1465 - 1536)

      Aus zwei Gründen stellen wir dieses Wort des großen Humanisten Erasmus von Rotterdam der Darstellung von John Krops Aktionstherapie voran: Einerseits bezeichnet er sich auf Fragen nach seinem weltanschaulichen Hintergrund gerne selbst als Humanisten, und andererseits haben wir ihn in seiner praktischen Arbeit auch so erlebt: von grundsätzlichem Respekt vor dem Anderssein des Anderen durchdrungen, achtsam die Grenzen der Klienten berührend, eher immer einen halben Schritt hinter dem Klienten gehend den Prozess begleitend. Das wird im Folgenden auch in einigen Verbatims aus therapeutischen Gesprächen deutlich.

      John Krop geht davon aus, dass wir alle in Glaubens-, Meinungs- und Wertesystemen leben, die wir über unsere Prägung erhalten haben: „Ich glaube, dass das Eis mich trägt; ich vertraue darauf, dass das Eis mich trägt; ich weiß, dass das Eis mich trägt; und ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Eis mich trägt“ (siehe: J. Krop „My Beliefs about Therapy“). Diese führen je nach den verschiedenen Erfahrungen zu unterschiedlichen Abstraktionen, Vorstellungen, verbalen Metaphern oder körperlichen Empfindungen. Diese wiederum bilden unterschiedliche innere und äußere (körperliche) Haltungen aus, legen Neigungen, in bestimmten Situationen entsprechend zu handeln, fest. Und wir investieren in diese Glaubens- und Wertesysteme, weil wir versuchen, der Welt einen Sinn zu geben, damit uns die Welt auf diese Weise sicherer und berechenbarer erscheint. Die Erschütterung des Glaubens- und Wertesystems eines Menschen im therapeutischen Prozess (therapeutisch induzierte Krise) führt folglich zu Verunsicherung. Solche Interventionen, ohne eine ausdrückliche und im Therapieverlauf auch fortlaufend erfragte Zustimmung des Klienten, sind für Krop inhuman. Der Respekt vor dem Gewordenen ist absoluter Leitfaden in John Krops Arbeit und führt oft zu einem vorsichtigen Tasten. Das wird besonders in seinen englischsprachigen Texten deutlich: Um einen Klienten zu fragen oder ihn um etwas zu bitten, benutzt man im Englischen das gleiche Wort: to ask. Dadurch kann das Fragen/Bitten die Stimmung der ganzen Therapiesitzung prägen, was folglich die Ängste der Klienten auf diese Weise reduziert (sie behalten das Gefühl der Steuerung/Kontrolle) und man findet im Verlauf der Sitzungen kaum nennenswerte Widerstände. Den Begriff Widerstand benutzt Krop auch kaum. Er spricht eher von eventuellen Zweifeln oder Ängsten der Klienten. Auch sonst geht er mit psychologischen Fachbegriffen sparsam um.

      „Wir haben bei dem, wer wir sind und was wir tun, Wahlmöglichkeiten. Und eine Herausforderung in unserem Leben und der hauptsächliche Fokus für mich als Therapeut mit meinen Klienten ist es, darauf zu vertrauen. Ich kann zu meinen eigenen Wahlmöglichkeiten und Glaubens- und Wertesystemen stehen und sie, wenn es passt, meinen Klienten gegenüber zum Ausdruck bringen. Aber ich darf ihnen diese Wertesysteme und Wahlmöglichkeiten nicht überstülpen. Ich kann sie vor ihnen ausbreiten, vorausgesetzt, ich tue das in angemessener Weise, zur angemessenen Zeit und mit angemessener Absicht. Ehrlichkeit um der Ehrlichkeit Willen kann unbarmherzig oder gnadenlos sein.“ (J. Krop in „My Beliefs about Therapy“, S. 1 - eig. Übersetzung der Verf.)

      John Krop entwickelte seine Aktionstherapie, weil ihm während seiner Arbeit als Sozialarbeiter/Sozialpädagoge sowohl bei seiner Tätigkeit in Amsterdam als auch später im Distrikt Santa Clara in Kalifornien zunächst das praktische Handwerkszeug fehlte. Das Studium in Amsterdam und in Minnesota war psychoanalytisch orientiert. Über die Erfahrungen, die er unter Einfluss verschiedener Vertreter der sich zur damaligen Zeit in Kalifornien entwickelnden Humanistischen Psychologie sammelte, entstand dann dieses zunächst agogische Verfahren.

      „Als ich 1984 mein Buch (das niederl. „Aktietherapie“) schrieb, musste ich mich definieren, und da habe ich mich als Aktionstherapeut beschrieben. Aktion war allem gemeinsam: Gestalttherapie, Psychomotorische Therapie (Pesso), Bioenergetik, Psychodrama usw. Mein Anliegen war es immer, die Menschen vom ‚Darüber reden‘ zum Tun zu bringen. Die Aktion ist das Wichtige.“ (aus den Interviews mit J. Krop im April 2011)

      Somit wurde die Aktionstherapie in erster Linie eine Handlungsmethode, die im Prinzip in allen Bereichen der Sozialarbeit/Sozialpädagogik anwendbar ist. Als therapeutisches Verfahren ist die Aktionstherapie in der ursprünglichen Bedeutung des ‚Therapierens‘ zu verstehen, nämlich als ,dienen‘ oder ,begleiten‘, nicht im engen heilkundlichen Sinne.

2. Die Metapher als Basis der Aktionstherapie

      „Der Einsatz von Symbolen und Analogien ist eine wirkungsvolle Technik, um die nichtlinearen Prozesse in der rechten Gehirnhälfte zu beeinflussen.“

      Eric Marcus, „Die Logik des Unlogischen“

      Was ist eine Metapher?

      Ursprünglich leitet sich das Wort Metapher von dem griechischen Verb metaphorein (= übertragen, übersetzen, transportieren) ab. Eine Metapher ist zunächst eine rhetorische Figur, bei der ein Wort nicht in seiner wörtlichen, sondern in einer übertragenen Bedeutung gebraucht wird. Beispiele aus unseren Redewendungen verdeutlichen diesen Vorgang: Wüstenschiff - Kamel, Rabenmutter - Mutter, die ihr Kind vernachlässigt.

      Joop weitet den Begriff der Metapher aus. Er benutzt ihn synonym für ein Bild. Die Metapher ist der zentrale Handlungsansatz in der Aktionstherapie. In der Metapher drücken sich Dilemma und Anliegen der Klienten bildlich oder figürlich übertragen aus. Die Metapher kommt während der Initialphase des therapeutischen Gesprächs in den Vordergrund. Was am Anfang vielleicht noch unbestimmt, undeutlich und noch unfertig wirkt, wird über die Metapher sowohl für den Klienten als auch für den Therapeuten sichtbarer und prägnanter und ist dadurch besser zu handhaben.

      John Krop benutzt drei Formen von Metaphern:

      • Metaphern auf der körperlichen Ebene = Body Architecture

      • Metaphern auf der mentalen Ebene = Geleitete Phantasie und Imagination

      • Metaphern auf der gegenständlichen Ebene = Arbeit mit Objekten

      Wie entsteht eine Metapher?

      Die Kreierung einer Metapher verläuft etwa so: Der Therapeut hört dem Klienten zu, bis er ein mögliches Anliegen erkennt.

      Dann überprüft er: „So, Sie sind nach Ihrer Scheidung so deprimiert, ist das richtig?“ - „Ja.“ -

      „Wollen Sie das mal erforschen?“ (Oder: „Wollen Sie mehr darüber wissen?“

      Oder: „Wollen Sie daran arbeiten?“) -

      „Ja.“

      „Nun, dann gehen wir damit weiter.“

      Jetzt hat der Therapeut einen Kontrakt und versucht auf dieser Basis eine Metapher zu kreieren. Dabei wählt der Therapeut die Form der Metapher und auf welcher der drei Ebenen der Klient arbeiten soll.

      Wenn sich der Therapeut für die Geleitete Phantasie entscheidet, sagt er etwa: „Lassen Sie mal ein inneres Bild aufkommen, das Ihre Depression repräsentiert.“

      Innere Bilder entfalten ihre ganz eigene Kraft, denn ,unsere Seele denkt in Bildern’.

      Sie stellen eine ganz besondere Ressource dar, und der Zugang dazu ist für viele Menschen eine große Entdeckung.

      Visualisierungen und Geleitete Phantasien sind eine wunderbare Möglichkeit, Zugang zu den inneren Prozessen eines Menschen zu bekommen (diagnostischer Ansatz) und Veränderungsprozesse einzuleiten (therapeutische Umsetzung).

      Entscheidet der Therapeut sich für die körperliche Ebene, sagt er: „Stellen Sie sich vor, irgendwo hier im Raum eine körperliche Haltung einzunehmen, die Ihre Depression darstellt, so etwas wie eine Skulptur.“

      Ziel ist es, den Klienten über die Metapher in eine Aktion zu begleiten. Der sprachliche Ausdruck des Klienten hilft oft, eine treffende Metapher zu finden.

      Hier ein paar Beispiele: „Ich fühle mich in die Ecke gedrängt“, „Ich