Therapie in Aktion. Lothar Kuschnik

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Название Therapie in Aktion
Автор произведения Lothar Kuschnik
Жанр Сделай Сам
Серия EHP - Edition Humanistische Psychologie
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783897975682



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Typ nach Riemann („Grundformen der Angst“) sind evident.

      Oral

      Die orale Charakterstruktur ist eine lebenslange Fortsetzung der oralen Lebensphase im Babyalter. Der Mensch will versorgt werden, ohne Verantwortung zu übernehmen. Aggressionen sind ihm fremd. Er will gehalten, versorgt und behütet werden und klammert sich gern an den Partner. Innerlich haben oral fixierte Menschen das Gefühl einer großen Leere, intensive Sehnsuchtsgefühle und große Wünsche an ,die Welt’. Manchmal kompensieren Menschen mit oraler Charakterstruktur ihre innere Not durch eine übertriebene Abgrenzung. Stimmungsschwankungen zwischen Depression und Hochgefühl erinnern an bipolare Störungen. Ähnlichkeiten mit der gestalttherapeutischen Kontaktstörung der Konfluenz sind sehr deutlich.

      Psychopathisch

      Der Mensch mit einer psychopathischen Charakterstruktur leugnet Gefühle. Dabei sind es besonders sexuelle Gefühle, die negiert werden. Stattdessen geht es dem Psychopathen nach der bioenergetischen Analytik um Macht und damit den Wunsch, andere Menschen zu beherrschen. Seine Mittel der Wahl sind die Tyrannei oder die Verführung. Er will sein Umfeld im Griff behalten, fühlt sich für alles verantwortlich und traut anderen wenig zu. Angst hat er vor Erlebnissen des Kontrollverlustes und der Hilflosigkeit. Eigentlich verleugnet er seine tiefen Bedürfnisse, versorgt zu werden oder anders gesagt seine starken oralen Bedürfnisse.

      Masochistisch

      Das Verhalten des masochistischen Menschen ist sehr different von seiner inneren Gestimmtheit. Äußerlich gibt er sich sehr angepasst, fast unterwürfig. Dabei hat er innerlich eine beharrliche Abwehr und einen fast trotzigen Widerstand, den er unter äußerem Druck offenbaren muss. Der masochistische Charakter hat in sich starke Hassgefühle, er fühlt sich auch ,eigentlich’ oft überlegen. Wenn ein emotionaler Ausbruch droht, wird er durch eine starke Struktur der Muskulatur verhindert. Durchsetzen kann sich dieser Typ nicht.

      Aggressiv ist er gar nicht. Er neigt zum Klagen und Jammern. Die Opferrolle nimmt er gern ein. Lowen beobachtet noch, dass das Essen und auch die Defäkation eine besondere Rolle spielen. Es fällt die Nähe zur Retroflektion der gestalttherapeutischen Neurosenlehre auf.

      Rigide

      Den rigiden Charakter kennzeichnet eine stolze Haltung. Er will eine gewisse Unnahbarkeit signalisieren. Dabei ist er sehr auf der Hut, dass er nicht ausgenutzt oder manipuliert wird. Er will sich um jeden Preis durchsetzen und tritt deshalb oft aggressiv, manchmal auch verletzend auf. Er ist egozentrisch, liebt es sich mit anderen zu messen.

      Lowen unterteilt den rigiden Charakter in zwei weitere Kategorien:

      phallisch

      Bei diesem Typ dreht sich viel um die sexuelle Potenz. Er ist aggressivverletzend und oft auch ungeduldig. hysterisch

      Der hysterische Typ nach Lowen neigt zu einem übertriebenen Verhalten. Er will Aufmerksamkeit um jeden Preis. Seine übersteigerten gefühlsmäßigen Reaktionen spiegeln sich im vegetativen körperlichen Bereich. Dabei wird die Sexualität eher als eine Abwehr benutzt, um sich gegen ein tiefes Einlassen zu schützen.

4. Psychomotorische Therapie - Al Pesso

      „Pesso hat mich sehr beeindruckt“, sagt Joop und schildert uns eine Arbeit, die er mit Pesso in den siebziger Jahren gemacht hat. Albert Pesso war ursprünglich ein Tänzer. Wenn er als Trainer in seinen Workshops arbeitete, forderte er die Teilnehmer auf, eine Struktur entstehen zu lassen.

      „Als Ausbilder war er nicht so gut“, meint Joop, „er konnte es nicht ertragen, seine Studenten Fehler machen zu lassen. Er übernahm es immer selbst. Er selbst war überragend in der Arbeit mit einer ‚Struktur‘ “.

      Struktur meint die Einzelarbeit in der Gruppe. Eine Struktur dauert ungefähr 50 Minuten. Zunächst schildert der Klient sein Anliegen, und der Therapeut führt ihn durch gezielte Fragen zu alten Gefühlen und Reaktionsmustern (old map), die in Beziehung zum aktuellen Anliegen stehen.

      Wenn wir sehr in unseren alten Prägungen und Bildern von Beziehungen verhaftet sind, übertragen wir sie in der Regel auf unsere aktuellen Beziehungen. Freud nannte dieses Phänomen „Übertragung“. Pesso nennt diese alten Prägungen und damit verbundenen Gefühle „wahre Szene“. Sein Ziel ist es, den Klienten diese „wahre Szene“ in ihrer Gefühlsqualität empfinden zu lassen. Dann tauchen automatisch Assoziationen und Erinnerungen an Szenen in unserer Lebensgeschichte auf, die mit der „wahren Szene“ in Verbindung stehen. So gelangt Pesso nach der erzählenden Ebene einen Schritt weiter in eine therapeutische Tiefung und exploriert mit dem Klienten die „historische Szene“. Diese historische Szene wird dann mit Rollenspielern genau so auf die Bühne der Struktur gebracht, wie der Klient sie damals erlebt hat. Das erinnert uns an die Arbeit des Psychodramas nach Moreno. Im Durchleben der „historischen Szene“ tauchen natürlich starke Gefühle im Klienten auf. Gefühle, die er damals nicht ausdrücken konnte. Durch die Erfahrung von Schutz und Gehaltensein kann er so in Kontakt mit seinen wirklichen Bedürfnissen kommen und sie ausdrücken. Jetzt geht es um die Reaktion der Umwelt. Zum einen der Umwelt von damals, in der Regel die Eltern, und dann um ein „ReProgramming“ der alten Erfahrung durch „ideale Eltern“. Diese Rolle nimmt der Therapeut mit Unterstützung der Gruppenteilnehmer ein. So entsteht eine heilende Gegenszene (Antidot). Durch das tiefe Erleben dieses Geschehens auf Gefühls- und Körperebene kann eine neue mentale Programmierung geschehen. Wir finden hier den gleichen erlebniszentrierten Ansatz wie in der Gestalttherapie wieder, die sagt: „In jedem wirklichen zweiten Erleben geschieht Heilung.“ Pesso war der Respekt vor der Freiheit und damit auch der Autonomie des Klienten ein großes Anliegen, darin stimmt er mit Joop Krop ganz überein. Der Klient bestimmt, ebenso wie jeder Rollenspieler ganz allein, wie weit er in seinem Prozess geht.

      Doch hören wir jetzt Joop weiter zu:

      „Ich hatte noch persönlich eine Erfahrung mit Pesso. Die Leute konnten mich nicht als negativen Vater wählen, weil ich zu stark war. Pesso dachte, dass ich dem nicht zustimmen würde. Aber das war nicht das Problem.

      Ich war damals schon Leiter des Centers und besuchte mehrere Workshops von Pesso in Amsterdam und dann auch in Monterey. Pesso war eigentlich in den USA, aber er ging auch nach Holland, um dort Workshops zu geben. Man kann nicht sagen, dass die Psychomotorische Therapie auf eine andere Therapie aufgebaut ist. Er ist damit auf den Markt gekommen, und hat es ganz genial verbreitet.“

      Frage: „Sag mal Joop, was würde passieren, wenn ich mit einem Anliegen in einer Gruppe von Pesso wäre?“

      Joop: „Er würde die Teile deines Anliegens benennen lassen. Wenn es ein Problem mit dem Vater wäre, würde er jemanden aus der Gruppe bitten, der Vater zu sein. Aber er würde einen negativen und einen positiven Vater wählen. Dann würde eine Interaktion passieren. Natürlich funktioniert das Ganze auch mit der Mutter. Wenn es eine Mutter geben würde, würde er fragen, welche speziellen Sätze sie gesagt hat. Die werden der Vertreterin dann eingegeben.

      Bleiben wir beim Vater. Zuerst wird mit dem negativen Vater abgerechnet. Man geht in ein Gefecht mit ihm. Aber der Rollenspieler des negativen Vaters wird nicht zum Schauspieler. Er bekommt die Sätze, die er sagen soll, vom Klienten. Der Therapeut fragt: ,Was würde er nun sagen?’ Am Ende dieser Sequenz wird der negative Vater aus dem Raum geschickt. Er bleibt draußen, bis die Struktur abgeschlossen ist. Der Klient sagt dann: ,Ich hab dich nicht mehr nötig, lass mich in Ruh.’ Der Vater kann aber auch noch Widerstand leisten: ,Du hast mich nötig.’ Wenn er weg ist, ist da eine Erleichterung aber auch ein Bedauern. Der Vater fehlt. Man gibt dann Zeit, um zu bedauern, dass man keinen Vater mehr hat. Ich muss es in meiner Seele mitkommen, ich muss spüren, wie es ist, ohne Vater zu sein. Man kann dann eine Weile dasitzen und dann fragen: ,Ist es nun Zeit für den positiven Vater? Bist du nun bereit dafür? Wo soll er sitzen, wo willst du sitzen?’ Das ist eine ganz emotionale Situation. Der positive Vater spricht auch nicht selbst. Er bekommt seine Sätze von dem Klienten.