Название | Hypnodrama in der Praxis |
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Автор произведения | Ruth Metten |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Reden reicht nicht!? |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783849782672 |
Direkte Induktion stellt folglich eine Methode dar, das Psychodrama in Hypnose stattfinden zu lassen. Sie ist keineswegs die einzige. Der amerikanische Psychiater und Begründer der modernen Hypnotherapie, Milton H. Erickson, hätte wahrscheinlich eine andere Herangehensweise gewählt, um das Gleiche zu erreichen. Er wandte indirekte Technik en der Hypnoseinduktion an. Eine davon ist sogar ganz hervorragend dafür geeignet, die Teilnehmer des Psychodramas in Hypnose zu bringen – und zwar die Konversationstrance. Denn gerade in größeren Systemen (z. B. Familien, Paaren, Teams, ganzen Organisationen etc.) könne es, wie der Arzt, Psychotherapeut und Entwickler der hypnosystemischen Konzeption Gunther Schmidt erläutert, geradezu hinderlich sein, eine offizielle, den traditionellen Vorstellungen entsprechende Hypnose induktion durchzuführen. Stattdessen ließe sich hier mit Konversationstrance prozessen viel flexibler und wirksamer arbeiten (vgl. Schmidt 2014, S. 20). Deshalb scheint es günstig, auch im Psychodrama auf sie zurückzugreifen, was übrigens sehr gut möglich ist. Bei der Konversationstrance versuche man nämlich, so Schmidt weiter, jemand aus dem Gespräch heraus zur Fokussierung seiner Aufmerksamkeit einzuladen, sodass sich bei ihm die Hypnose ganz wie von selbst einstelle (vgl. Schmidt 2014, S. 20).
Und wie genau macht der Hypnodramatiker das? Indem er bei dem Klienten, der ein Thema aufgebracht hat, interessiert und gezielt nachfragt, ihn in ein intensives Gespräch darüber verwickelt, die Geschehnisse nochmals mit eigenen Worten wiedergibt, sodass nicht nur der Betreffende, sondern möglichst alle Teilnehmer des Psychodramas emotional mitschwingen, sich intensiv einfühlen, die geschilderte Szene derart plastisch erfahren, mit allen Sinnen wahrnehmen, dass sie sich in sie hineinversetzen, sie erleben, als wären sie selbst daran beteiligt – und zwar gerade jetzt (siehe Abschnitt 3.3.2).
Diese Vorgehensweise ist effektiv und fügt sich organisch in den Ablauf des Hypnodramas ein. Deshalb kann hier auf eine offizielle, den traditionellen Vorstellungen entsprechende Hypnoseinduktion verzichtet werden. Nebenbei bemerkt, hat es Erickson, wie wir von Schmidt erfahren, oft genauso gemacht. Nur für maximal 25 % seiner Arbeit seien von ihm in über 50 Jahren Berufspraxis »offiziell« so definierte Hypnoseinduktion en genutzt worden (vgl. Schmidt 2014, S. 92).
Konversationstrancen reichen vollkommen aus, um die Hypnose ins Psychodrama zu bringen. Zudem stellt sie sich hier nicht nur beim Klienten, der das Problem aufbringt, sondern meist bei allen Beteiligten ein. Auch auf jene wirkt die Hypnose wie ein Starter und Effektverstärker und vermag so – gleich einem Brennglas – sämtliche im Psychodrama verfügbaren Kräfte zu bündeln und zu intensivieren.
Die Teilnehmer können übrigens auch lernen, ohne fremde Hilfe in Hypnose zu gehen. Es bietet sich sogar an, ihnen dies beizubringen, bevor die »eigentlichen« Hypnodrama -Sitzungen beginnen (vgl. Greenberg 1977a, p. 252; vgl. Krojanker 1977b, p. 275). Denn Hypnose erfordert hochfokussierte Aufmerksamkeit, und die lässt sich trainieren. Geübt in Selbsthypnose fällt es den Teilnehmern dann später leichter, sich ganz vom Bühnengeschehen absorbieren zu lassen.
Doch weder Konversationstrance noch gezielte Selbsthypnose sind unbedingt nötig, damit aus dem Psychodrama ein Hypnodrama wird. Oft werden die daran Beteiligten nämlich allein schon durch die Intensität der Erlebnisse in einen hypnotischen Zustand versetzt. Eine Erfahrung, die, so die Sozialpädagogin und Hypnotherapeut in Katharina Hilger, beim Psychodrama tatsächlich häufig zu machen sei (vgl. Hilger 1990, S. 151). Hier träten hypnotische Zustände nicht selten als eine Begleiterscheinung auf, die nur durch die Intensität der Erlebnisse, ohne ausdrückliche Induktion, hervorgerufen würden (vgl. Hilger 1990, S. 148). Das Gleiche hatte vor ihr bereits der Psychiater und Psychodramatiker Edward M. Scott berichtet (vgl. Scott 1977, pp. 303 f., 306; vgl. Krojanker 1977b, p. 275). Das Psychodrama vermittelt den Teilnehmern intensive Erlebnisse und wirkt dadurch hypnoseinduzierend. Vielleicht lässt es sich auf diese Formel bringen:
Jedes emotional tief bewegende Psychodrama ist ein Hypnodrama.
Oft muss der Therapeut im Hypnodrama also gar keine gesonderte tranceinduzierende Methode anwenden. Dann reicht schon aus, dass ein Problem durch Schilderungen eines Beteiligten oder Interaktionen innerhalb der Gruppe in Erscheinung tritt. Gelingt es allein dadurch noch nicht, die Teilnehmer emotional tief genug zu bewegen, kann der Therapeut ihr Erleben in der beschriebenen Weise aus dem Gespräch heraus – im Sinne einer Konversationstrance – intensivieren, um sie dabei zu unterstützen, in Hypnose zu gehen. Mehr braucht es in der Regel nicht, um aus dem Psychodrama ein Hypnodrama zu machen.
Und hier gelingt es nun weit besser, jene Wirkung en zu erzielen, die oben für das Psychodrama beschrieben wurden (siehe die Abschnitte 1.1, 1.1.1, 1.1.2, 1.2). Denn die Hypnose verstärkt den Effekt des Psychodramas, wie bereits erwähnt (siehe Abschnitt 1.3.2). Mit ihr fällt es den Klienten leichter, sich von Affekt en zu entlasten. Durch sie ist ihnen ein umfangreicheres schöpferisches Potenzial verfügbar. Zudem schirmt Hypnose von äußeren wie inneren Störreizen ab, sodass einem Zugewinn an Handlungseinsicht weit weniger im Weg steht. Und schließlich behalten Klienten Erfahrungen, die sie unter Hypnose machen, besser im Gedächtnis. Die Wirkung en des Psychodramas sind also tatsächlich noch zu toppen. Sein Credo gilt zwar nach wie vor: Handeln ist heilsamer als Reden. Aber Handeln in Hypnose ist noch heilsamer.
Gilt dies nur für den Handelnden selbst? Was ist mit den anderen, die ihm zusehen? Lassen seine Erfahrungen sie völlig kalt? Keineswegs. Auch diese erleben eine Katharsis. Moreno nannte sie Zuschauerkatharsis. Mit diesem Begriff bezog er sich auf die Poetik des Aristoteles (vgl. Moreno 1946a, p. 179; 1979, S. 28; vgl. Moreno et al. 2000, p. xvi). Dort hatte der antike Philosoph das griechische Wort κάθαρσις (katharsis )gewählt, um jene Wirkung zu beschreiben, die das Ansehen von Dramen auf die Zuschauer hat. Welche diese sei, dazu machte er in seiner Poetik – zumindest für die Tragödie – genauere Angaben. Moreno, der sich zur Zeit seines Philosophiestudiums in Wien auch mit dieser Schrift beschäftigt hatte (vgl. Moreno et al. 2000, p. xvi), verstand Aristoteles so, dass er davon ausgegangen wäre, die Tragödie sollte die Zuschauer von Affekt en – und zwar denen des Mitleids und der Furcht – befreien (More no 1946a, pp. 14, 29, 179; 1979, S. 28; vgl. Moreno et al. 2000, p. 50). Eine Katharsis im Sinne einer Befreiung von Affekten bewirkt tatsächlich auch das Psychodrama (siehe Abschnitt 1.1.1). Der Fall Barbara hatte es Moreno gelehrt. Durch ihr Spiel auf der Bühne konnte sie sich von Affekt en entlasten (vgl. Moreno 1988, S. 15). Breuer und Freud prägten für dieses Phänomen der Abreaktion den Begriff der Katharsis. Moreno fand ihn in der Poetik des Aristoteles wieder. Wen wundert es da noch, wenn