Название | Wolken über Spanien |
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Автор произведения | Kate O'Brien |
Жанр | Книги о Путешествиях |
Серия | Die kühne Reisende |
Издательство | Книги о Путешествиях |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783843806107 |
18No, No, Nanette ist ein berühmtes Musical – Musik: Vincent You-mans, Liedtexte: Irving Caesar und Otto Harbach –, das nach einer Aufführungsserie 1924 in Amerika in einer Neufassung am 11. März 1925 im Londoner Palace Theatre seine eigentliche Uraufführung erlebte.
19Der britische Schauspieler John Gielgud (1904–2000) stand 1930 zum ersten Mal als Hamlet auf der Bühne und galt bald als einer der bedeutendsten Interpreten der großen Shakespearefiguren.
20Santillana del Mar ist eine kleine Stadt im nordspanischen Kantabrien am Golf von Biskaya, eine Station am Jakobsweg.
21Concha Espina (1869 o. 1877 o. 1879–1955), geboren in Santander, war eine berühmte spanische Schriftstellerin, die 1928 für den Literaturnobelpreis nominiert wurde.
22Kate O’Brien bezieht sich womöglich auf ein kurzes Poem von Emily Dickinson, The Lost Jewel: »I held a jewel in my fingers / And went to sleep. / The day was warm, and winds were prosy; / I said: ›T will keep.‹ // I woke and chid my honest fingers, – / The gem was gone; / And now an amethyst remembrance / Is all I own.«
LA MONTAÑA
Da ich mich also auf den Weg mache, möchte ich ein paar mehr oder weniger zutreffende Worte über die verschiedenen Arten des Reisens auf der Halbinsel verlieren. Eigentlich sind es Ratschläge. Für lange Reisen auf gut erschlossenen Strecken sollte man natürlich den Zug nehmen. Und die Züge sind in Ordnung. Vielleicht nicht so schnell, aber praktisch. Es gibt Platz und große, schöne Fenster. Man kann in den Zügen gut essen – gut, das heißt, wie Zugmahlzeiten im Allgemeinen so sind. Ich halte es übrigens nicht für Zeitverschwendung, bei Tag zu reisen. Es ist nie Zeitverschwendung, die spanische Landschaft an sich vorüberziehen zu lassen. Ich empfehle, selbst dann bei Tag zu reisen, wenn es sehr heiß ist. Es wäre zu schade, Spanien im Dunkeln zu durchreisen. Wenn Sie sich nach einem schattigen Platz umschauen und still dort sitzen bleiben – die spanischen Züge sind selten überfüllt –, werden Sie nicht vor Hitze sterben. Und selbst, wenn das der Fall sein sollte, so wird der letzte Blick auf diese Welt ein sehr prächtiger gewesen sein. Aber der Schaffner wird Sie nicht umkommen lassen. Bei jedem Halt versorgt er Sie mit dem kühlsten, besten Bier, das Sie je getrunken haben. Sie müssen ihm aber eine Zigarette anbieten und durchblicken lassen, dass es Ihnen eine Ehre wäre, wenn er sie in Ihrem Waggon rauchen und ein wenig mit Ihnen plaudern würde. Denn unter den kultivierten Menschen der Halbinsel ist im täglichen Miteinander nichts von jener Verlegenheit zu spüren, die in anderen Teilen der Welt noch immer zwischen einer »Colonel’s Lady und Judy O’Grady«23 besteht. Soweit man feststellen kann, hat es das in Spanien nie gegeben. Daran ändern auch die Schwierigkeiten nichts, die es jetzt dort gibt – der Klassenkampf. Es ist tatsächlich ein Klassenkampf, ganz genau. Aber seine Ursache, seine Ursachen existierten Seite an Seite mit jener natürlichen Leichtigkeit, die ein jeder im Umgang mit jedem zeigt. Die Kriege und Ungerechtigkeiten, das Elend und die Rückständigkeit, die Spanien viel zu lange verrückt gemacht haben, konnten diesem tiefen individuellen Gefühl von Stolz und der damit einhergehenden Höflichkeit nichts anhaben, weder Unterdrücker noch Unterdrücktem würde es jemals einfallen, es anzutasten. Das lässt sich schwer erklären, aber es gibt viele dieser spanischen Paradoxe, die trotz allem wahr bleiben. In jedem Fall sollte der sozial gehemmte Nordländer auf die unkomplizierte Höflichkeit spanischer Portiers, Wäscherinnen und Zeitungsjungen vorbereitet sein. Ich habe einmal beobachtet, wie eine distinguierte englische Lady vor stotternder Verlegenheit fast erstickte, als sie von einer englischen Bäuerin, die sich während einer Autopanne eine improvisierte Mahlzeit zubereitete, gefragt wurde, »ob sie zu ihrem Tee vielleicht etwas Salat dazu haben wolle«. Warum es einem vernünftigen, gebildeten Engländer nicht gegeben sein soll, so einen guten Vorschlag anzunehmen, weiß ich nicht, aber es gibt Leute, die sich unter gar keinen Umständen überraschen lassen wollen. Seien Sie also gewarnt – denn wenn der schmutzigste und unkultivierteste Alte in Santiago de Compostela (und er wird schmutzig und unkultiviert sein) Ihnen die Tasche von Ihrer Unterkunft zum Bus trägt, wird er beim Abschied Ihre Hand ergreifen und sie voller Wärme und Herzlichkeit schütteln. Vorausgesetzt, Sie sind ihm sympathisch. Und ganz egal, wie vornehm oder elegant Sie aussehen, er wird Ihre Hand schütteln und Ihnen auf die Schulter klopfen – vorausgesetzt, Sie sind ihm sympathisch. Wenn der botones, der Boy Ihres Hotels, Sie gelangweilt auf der einsamen Veranda sitzen sieht, wird er sich zu Ihnen setzen und Ihnen interessante Dinge über sein Leben daheim und seine komische alte Großmutter erzählen und Ihnen Fragen über das Leben in England stellen. Und wenn Sie – wie es mir tatsächlich einmal passierte – erschüttert über den Inhalt eines Briefes, den Sie gerade postlagernd abgeholt haben, und so unvorsichtig sind, sich auf eine Parkbank zu setzen und in Tränen auszubrechen, so wird sich eine Frau, die Süßigkeiten verkauft, neben Ihnen niederlassen, Ihnen einen Kuss geben und ein Päckchen gebrannter Mandeln in die Hand drücken.
Aber zurück zu meinen Ansichten über die verschiedenen Arten des Reisens. Für Strecken, die man in zwei, drei oder auch vier Stunden zurücklegen kann, nehmen Sie in Spanien am besten den Bus. Busse fahren überall hin, und sie kosten nicht viel. Die meisten sind recht komfortabel und, wie die Züge auch, selten überfüllt. Sie werden dort amüsante Bekanntschaften machen, obwohl Ihnen das natürlich auch im Zug passiert. Aber um von Santander nach Burgos zu kommen: Auf direktem Weg ist es mit dem Bus, soweit ich mich erinnere, eine Sache von drei Stunden und kostet erster Klasse etwa achtzehn Peseten. Zehn Schilling. Den Fahrpreis für den Zug habe ich vergessen, aber die irrwitzige Distanz, die man zurücklegt, macht die Fahrt um ein gutes Stück teurer – und Sie sind den ganzen Tag unterwegs. Neun Stunden – oder vielleicht auch zehn. Sie zuckeln dahin, Stunde um Stunde, bis Sie zu einem erstaunlich uninteressanten Ort namens Venta de Baños kommen. Dort verlassen Sie den Zug – aber nicht etwa, um ein Bad zu nehmen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass je jemand so unbekümmert war, um in Venta ein Bad zu nehmen. Sie verbringen drei, vielleicht auch vier Stunden in einem heruntergekommenen kleinen Gartencafé gegenüber vom Bahnhof. (Venta besteht nur aus diesem Café und einer Tanksäule.) Mit Sicherheit findet in diesem Café gerade eine Hochzeitsfeier statt. Dort fotografieren Sie auf Wunsch die ganze Gesellschaft und notieren die einzelnen Adressen der Porträtierten. Wenn es damit genug ist, gehen Sie zum Bahnhof hinüber und fragen Ihren freundlichen Gepäckträger noch einmal nach Zügen nach Burgos. Er schüttelt nur belustigt den Kopf. Sie probieren eine manzanilla in der Bahnhofskantine und überlassen sie nach dem ersten Schluck den Fliegen. Sie fragen nach dem Schlüssel für die »Señoras« (oder die »Caballeros«, je nachdem). Ein hoher Beamter mit goldenen Tressen überquert mit Ihnen die Gleise, den Schlüssel in der Hand. Der lässt sich nicht im Schloss drehen. Ein paar nicht ganz so hohe Beamte kommen hinzu und machen Vorschläge. Ein paar Frauen eilen zu Hilfe. Ein paar Kinder versuchen es auch. Ihr Gepäckträger verrät Ihnen stolz, dass es sich um seine Kinder handelt. In dem Moment, wo die Tür zu den »Señoras« aufspringt, fährt Ihr Zug ein. Zum Glück, muss man sagen. Sie kommen mitten in der Nacht in Burgos an – zu spät, um zu sehen, wie sich die hübschen mädchenhaften Turmspitzen sanft zwischen zitternden Bäumen erheben.
Während ich hier Ratschläge erteile, rumpelt mein Bus weiter. Die Hügel hinauf und hinab, durch Dörfer, bitter geadelt durch Jahrhunderte des Hungers, über den Fluss Paz, wo man, wie ich erfahre, köstliche Forellen fangen kann. Die Maisfelder sehen größtenteils öde und hässlich aus, was Kohlfeldern mit ihren unendlichen Rosetten nie passieren kann. Seltsam schräg zur Sonne geneigt, erscheinen sie hier und da wie Felder aus blauen Schwertern. Eukalyptuswälder klettern elegant über die Hügel, und Pinienhaine stehen sehr ansehnlich und gelassen da, alle parat für John Nash24. Regenwolken jagen von Norden, vom Meer auf uns zu. Weit vor mir, im Westen und Süden, glitzern die schneebedeckten Spitzen der großartigen Picos.
Die Architektur der kantabrischen