Название | Zu den Klippen von Vanikoro |
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Автор произведения | Jean-Francois de Lapérouse |
Жанр | Книги о Путешествиях |
Серия | Edition Erdmann |
Издательство | Книги о Путешествиях |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783843804202 |
4Die nicht existierende Insel Grande de la Roche vermutete Lapérouse zwischen den Malwinen und Südgeorgien.
5Admiral Anson, 1697–1762. Seine Weltreise fand von 1740 bis 1745 statt. Der Bericht über sie wurde im Jahr 1749 veröffentlicht.
6Der Pazifik.
DRITTES KAPITEL
Die Bucht von La Concepción ist eine der bequemsten, die man in irgendeinem Teil der bekannten Welt antrifft. Das Meer ist hier meistens sehr ruhig, und man hat wenig von der Brandung zu fürchten, obgleich die Flut sechs Fuß und drei Zoll hoch steigt. Zur Zeit des Vollmonds erreicht sie um Viertel vor zwei Uhr ihre stärkste Höhe. Der einzige Wind, gegen den die Bucht keine Sicherheit gewährt, ist der Nordwind, doch weht er unter diesem Himmelsstrich nur von Ende Mai bis in den Oktober. Dies ist die Regenzeit. Sobald der Monsun sich legt, stellen sich Südwinde ein, die das ganze Jahr über anhalten und das schönste Wetter mit sich bringen. Der einzige Ankerplatz, an dem man während des Winters gegen die Nordostwinde geschützt ist, befindet sich vor dem Dorf Talcahuana an der südwestlichen Küste. Dieses Dorf ist die einzige Niederlassung, die die Spanier derzeit in der Bucht besitzen, seitdem die Stadt La Concepción, wie ich bereits gesagt habe, im Jahr 1751 durch ein Erdbeben zerstört wurde. Nach dem Untergang von La Concepción, das nicht durch die Stöße des Erdbebens zugrunde gerichtet, sondern vom Meer verschlungen wurde, zerstreuten sich die Bewohner und kampierten auf den umliegenden Anhöhen. Erst im Jahr 1763 kamen sie auf den Gedanken, sich einen neuen Wohnort auszusuchen, der eine Viertelmeile vom Río Bío Bío und drei Meilen von der ehemaligen Stadt entfernt ist. Hier legten sie eine Siedlung an, in der sich dann der Bischof, das Domkapitel und andere geistliche Stiftungen niederließen. Die neue Stadt hat einen ungewöhnlich großen Umfang, weil die Häuser durchgehend nur ein Stockwerk hoch sind, damit sie weniger unter den Erderschütterungen leiden, die fast jährlich wiederkehren.
Die neue Stadt La Concepción zählt ungefähr zehntausend Einwohner und ist der gewöhnliche Aufenthaltsort des Bischofs und des Militärgouverneurs. Gegen Norden grenzt das Erzbistum an das Bistum von Santiago; Santiago ist die Hauptstadt von Chile und Sitz des Generalgouverneurs. Gegen Osten stößt es an die Kordilleren, und gegen Süden erstreckt es sich bis zur Magellan-Straße. Seine wahre Grenze ist indessen der eine Viertelmeile von der Stadt entfernte Río Bío Bío. Das ganze Land südlich des Bío-Bío-Flusses gehört Indianern, mit Ausnahme der Insel Chiloé und eines kleinen Bezirks um Valdivia. Man kann diese Völkerschaften kaum Untertanen des Königs von Spanien nennen, weil sie fast immer Krieg mit ihm führen. Eben daher kommt es, dass das Amt des Militärkommandanten von äußerster Wichtigkeit ist. Dieser Offizier befehligt sowohl die regulären Truppen wie die Milizen, und dieser Umstand verschafft ihm ein erhebliches Übergewicht über alle anderen Bürger, wiewohl diese eigentlich dem Befehl eines Corregidor unterstehen. Der Militärbefehlshaber hat allein die Aufgabe, das Land zu verteidigen, und muss daher ohne Unterlass kämpfen oder verhandeln. Zurzeit zieht man in Erwägung, die bisherigen Kompetenzen neu aufzuteilen, und zwar so, wie es in unseren Kolonien üblich ist: Kommandant und Intendant sollen sich den Oberbefehl teilen. Indes ist die Bemerkung angebracht, dass es in den spanischen Kolonien keinen souveränen Obersten Rat gibt; diejenigen, denen der König die oberste Gewalt verliehen hat, sind zugleich auch Richter in Zivilsachen. Sie bedienen sich bei Prozessen zwar der Hilfe rechtskundiger Assessoren, allein da die Männer, die als Richter tätig sind, einander an Rang und Würden nicht gleich sind, kann man fast mit Gewissheit annehmen, dass die rangniedrigeren Richter sich das Urteil ihres Vorgesetzten zu eigen machen. Daraus folgt, dass die Rechtsprechung der Willkür eines Einzelnen unterliegt, und dieser Einzelne müsste nicht nur frei sein von Vorurteilen und Leidenschaften, sondern auch die ausgedehntesten Kenntnisse und Einsichten haben, wenn sich hieraus nicht nachteilige Konsequenzen ergeben sollen.
Dieser Teil Chiles ist fruchtbarer als jeder andere auf der Welt. Die Getreidesaat erbringt sechzigfachen Ertrag (ein ausgesätes Korn erbringt sechzig Körner, d. Hrsg.); ebenso ergiebig sind die Weinberge; auf den Feldern weiden riesige Herden, das Vieh vermehrt sich über alle Maßen, ohne dass man sich darum kümmern muss. Die einzige Arbeit der Herdenbesitzer besteht darin, die Tiere in abgezäunte Pferche zu treiben, wo Ochsen, Pferde, Maultiere und Schafe dann beieinanderbleiben. Ein feister Ochse kostet gewöhnlich acht Piaster, einen Hammel bekommt man für dreiviertel Piaster. Trotz dieser niedrigen Preise findet man keine Käufer. Die Einwohner schlachten jährlich eine große Anzahl Ochsen nur der Häute und des Talgs wegen; diese beiden Produkte werden nach Lima gebracht. Man räuchert auch etwas Fleisch. Es dient dem Verbrauch durch die Seeleute, die mit kleinen Schiffen einige Häfen der Südsee anlaufen.
In diesem Land tritt keine einzige Krankheit auf, die daselbst heimisch wäre. Eine trifft man dort häufig an; ich möchte ihren Namen nicht nennen. Diejenigen, die das Glück haben, ihr zu entgehen, erreichen ein sehr hohes Alter. Es leben in La Concepción mehrere Hundertjährige.
Trotz der günstigen Verhältnisse macht das Land infolge des dort in krasser Form praktizierten Prohibitivsystems nicht die geringsten wirtschaftlichen Fortschritte. Chile, dessen Erzeugnisse halb Europa ernähren, das mit seiner Wolle allen Fabriken Frankreichs und Englands die benötigten Rohstoffe liefern und das ungeheure Mengen Pökelfleisch exportieren könnte, treibt so gut wie keinen Handel. Vier oder fünf kleine Schiffe, die aus Lima kommen, führen Jahr für Jahr etwas Zucker, Tabak und einige europäische Fabrikwaren ein, die die bedauernswerten Einwohner somit nur aus zweiter oder dritter Hand beziehen und auf denen die in Cádiz, Lima und endlich auch in Chile erhobenen Abgaben lasten. Sie können im Austausch nichts liefern außer Getreide, dessen Preis so elend niedrig ist, dass der Bauer gar nicht daran interessiert ist, mehr zu ernten, ferner Talg, Häute und Holzbretter. Demzufolge ist die chilenische Handelsbilanz stets negativ. Mit dem Gold, das hier gefunden wird, und einigen geringfügigen Tauschobjekten lassen sich die eingeführten Waren, der Zucker, der Mate-Tee, der Tabak, Wollstoffe, Leinen und Batist sowie die im täglichen Leben unentbehrlichen Eisen- und Kurzwaren schlechterdings nicht bezahlen.
Aus dieser sehr kurzen Darstellung geht deutlich hervor, dass das Königreich Chile nie denjenigen Wohlstand erreicht, den es aufgrund seiner Lage erwarten könnte, wenn Spanien sein bisheriges Wirtschaftssystem nicht abändert und die Einfuhrzölle auf ausländische Waren senkt. Ein geringer Zoll auf Konsumgüter bringt dem Fiskus größeren Profit als ein zu hoher Zoll, der den Konsum auf null reduziert.
Unglücklicherweise bringt dieses Land etwas Gold hervor. Fast alle Bergbäche enthalten ein wenig von diesem Metall, und würden die Einwohner die Mühe nicht scheuen, es auszuwaschen, so könnten sie täglich einen halben Piaster verdienen. Da es hier jedoch Lebensmittel im Überfluss gibt, fehlt der Anreiz zur Arbeit, und da die Chilenen nicht den geringsten Umgang mit Ausländern haben, lernen sie weder Kunst noch Luxus kennen und verspüren nicht den Antrieb, ihre Untätigkeit zu überwinden. Sie lassen ihre Ländereien unangebaut, und diejenigen unter ihnen sind noch die tätigsten, die mitunter einige Stunden auf Goldsuche gehen. Einen Beruf zu erlernen ist ihnen in den meisten Fällen zu anstrengend. So kommt es, dass selbst die Wohnungen der reichsten Leute keine Möbel enthalten. Die in La Concepción tätigen Arbeiter sind allesamt Ausländer.
Die Frauen tragen einen Faltenrock aus altmodischem Gold- oder Silberstoff, wie man ihn ehemals in Lyon herstellte. Diese Röcke, die man nur bei Feierlichkeiten trägt, werden in den Familien wie Juwelen vererbt und gelangen so aus dem Besitz der Großmütter in den der Enkelinnen. Die Zahl der Bürgerinnen, die derlei Prachtkleider ihr eigen nennen, ist