Название | Widerstand gegen den Nationalsozialismus |
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Автор произведения | Lenelotte Möller |
Жанр | Документальная литература |
Серия | marixwissen |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783843803809 |
Schweyer, Geheimverbände, S. 118f.
Schweyers Warnungen verhallten bei vielen Wählern und schließlich bei den Verantwortlichen in Berlin ungehört. Nach der Übernahme der Macht durch die Nationalsozialisten wurde Schweyer in das Konzentrationslager Dachau verbracht, aber zuerst noch einmal freigelassen. Er starb an den Folgen eines im Gefängnis in München-Stadelheim 1935 erlittenen Schlaganfalls, wo er ohne Prozess eingesperrt war.
Quellen und Literatur: Franz Schweyer: Politische Geheimverbände. Blicke in die Vergangenheit und Gegenwart des Geheimbundwesens. Freiburg 1925; Peter-Claus Hartmann: Franz Schweyer. In: Strickler, Matthias (Hrsg.): Portraits zur Geschichte des Deutschen Widerstandes. [Historische Studien der Universität Würzburg VI], Würzburg 2005, S. 41–55
Liberale und Demokraten
Theodor Heuss
Von grundsätzlicher Art waren auch die Differenzen zwischen Nationalsozialismus und liberalen sowie demokratisch gesinnten Politikern. Dies wurde z. B. in der Person des späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss deutlich.
Als Württembergischer Abgeordneter war er 1930 nach einer Unterbrechung wieder in den Reichstag gewählt worden und hielt am 11. Mai 1932 eine Rede, durch die er mit Hermann Göring in Streit über die Außenpolitik geriet. Bereits Anfang des Jahres war sein Buch »Hitlers Weg. Eine historisch-politische Studie über den Nationalsozialismus.« erschienen, in der er die Entstehung der Bewegung und das Programm der Nationalsozialisten analysierte, sie aber vor allem durch argumentative Auseinandersetzung kritisierte. So legte er zum Beispiel die Widersinnigkeit des Rassenwahns offen:
Unausgeglichen bewegt sich der Antisemitismus zwischen zwei Polen hin und her. Der Arier erscheint nicht nur als die Krone der Schöpfung, er ist der Träger der Kultur, der Verwalter der ordnenden Eigenschaften, der Soldat, der Staatengründer, der geborene Herr – alles Starke geht von ihm aus, alle überlegene Weisheit ist sein Besitz, schließlich sind auch alle bedeutenden Erfindungen, weltumspannenden Gründungen wirtschaftlicher Natur seine Leistung. Und zugleich wird er das Opfer einer Handvoll Menschen, die feige und unschöpferisch sind, die er brutalisiert und die ihn doch in der Hand haben – in solcher Zeichnung muß etwas nicht stimmen. Denn sonst müsste ja ein Anhänger des Machtgedankens fast der Meinung sein, dieses Verhältnis habe sich mit innerer Notwendigkeit ergeben; jene auszeichnenden Eigenschaften seien nur gewählt worden, um mit der Benennung ein Manko zu verdecken.
So ist es natürlich nicht. Das Geschichtsbild ist falsch, weil es mit zu groben und zu einfachen Begriffen, mit Wunschvorstellung und Haßgefühl aufgebaut ist und weil seine Grundthese von dem »schicksaligsten Besitz«, dem Blut, den politisch konstituierenden Kräften nicht gerecht wird. Diese ruhen in Sprache und Siedlungsraum, mehr noch in der gemeinsam erlebten und Seelen gestaltenden Geschichte. Das hat noch niemand deutlicher erfahren müssen als das deutsche Volk, als die »nordische Rasse«, die so viel »Blut« in fremdes Staatenwesen und auch Volkstum gegeben hat und es dort völlig an die Fremde verlor, wo nicht Sprache und Boden den eigentümlichen Lebensraum hielten. Nach dem gleichen Gesetz sind die Juden in der Zerstreuung, umso stärker, je mehr ihre Zwangssiedlung aufgehört hat, von der Volks- und Staatengeschichte ihrer Umwelt aufgenommen und eingegliedert worden.
Heuss, Hitlers Weg, S. 43
Das Buch wurde noch im selben Jahr mehrfach aufgelegt und ins Schwedische, Italienische und Niederländische übersetzt. Ebenfalls im Mai zeigte sich in Reden anlässlich der Jubiläumsfeiern zum Hambacher Fest die Kluft zwischen Heuss und der NSDAP, die ihn in Person des Schriftstellers Kurt Kölsch massiv angriff.
Aus Faktionsdisziplin stimmte Heuss mit den übrigen Abgeordneten seiner Partei am 23. März 1933 für das Ermächtigungsgesetz, obgleich er selbst zwei Reden für diesen Anlass vorbereitet hatte: eine gegen das Gesetz und eine für den Fall der Enthaltung. Nach der Beugung unter das Unrecht zog er sich aus dem politischen Leben zurück und betätigte sich als Schriftsteller. Es erschienen in den nächsten Jahren folgende Titel: »Friedrich Naumann. Der Mann, das Werk, die Zeit.« 1937 in Stuttgart; die Biographie des Architekten Hans Poelzig, »Hans Poelzig: Das Lebensbild eines deutschen Baumeisters« 1939; ebenfalls in Stuttgart und »Anton Dohrn in Neapel« 1940 in Zürich; 1942 erschien »Justus von Liebig. Vom Genius der Forschung.« in Hamburg; danach begann Heuss mit dem erst nach dem Krieg 1946 in Tübingen erschienenen Buch »Robert Bosch. Leben und Leistung.« 1943 zog er mit seiner Frau von Berlin nach Heidelberg um. Heuss hatte in Berlin in Kontakt mit Julius Leber und Karl Goerdeler gestanden. Letzterer wollte ihn nach einem erfolgreichen Umsturz zum Pressesprecher einer neuen Regierung machen.
Quellen und Literatur: Theodor Heuss: Hitlers Weg. Eine historisch-politische Studie über den Nationalsozialismus. Berlin 1932; Horst Möller: Theodor Heuss. Staatsmann und Schriftsteller. Bonn 1990; Thomas Hertfelder/Christiane Ketterle: Theodor Heuss, Publizist – Politiker – Präsident. [Begleitband zur ständigen Ausstellung im Theodor-Heuss-Haus.] Stuttgart 2003; Ernst Wolfgang Becker: Theodor Heuss. Bürger im Zeitalter der Extreme. Stuttgart 2011
Hellmut von Gerlach
In Mönchmotschelnitz in Schlesien wurde Hellmut von Gerlach 1866 geboren. Er studierte Jura und wurde im preußischen Staatsdienst angestellt, doch bald wandte er sich ganz dem Journalismus zu. Diese Tätigkeit begann mit Aufsätzen vornehmlich über die Jagd im »Deutschen Adelsblatt«. Durch seine Bekanntschaft mit Friedrich Naumann wurde er liberaler Politiker und Reichstagsabgeordneter. 1906 wurde er Chefredakteur der Wochenzeitung »Die Welt am Montag«, die in Berlin erschien, in der er ab 1914 gegen den Ersten Weltkrieg Stellung bezog und einen politischen Ausgleich forderte. 1918 war er Mitbegründer der Deutschen Demokratischen Partei und wurde für kurze Zeit Unterstaatssekretär im preußischen Innenministerium, wo ihm besonders die Aussöhnung mit Polen und Frankreich am Herzen lag. Überzeugt von der deutschen Schuld am Ersten Weltkrieg forderte er die Erfüllung des Vertrages von Versailles und stellt sich gegen die Angriffe auf die Weimarer Republik von rechts. Berühmt geworden ist seine Analyse »Woher kommen Hitlers 6½ Millionen Stimmen?«:
[…] Die Welt zerbricht sich den Kopf darüber, worauf die Verneunfachung der Hitlerstimmen zurückzuführen ist. Die verschiedensten Deutungen kommen zum Vorschein. […]
Die Hitlerwähler setzen sich aus zwei Kategorien zusammen: einer kleinen Minderheit von Nationalsozialisten, die auf das Hakenkreuz eingeschworen sind, und einer riesigen Mehrheit von Mitläufern. Keine andere deutsche Partei ist so labil wie die nationalsozialistische, das heißt bei keiner anderen ist das Mißverhältnis zwischen Stammkunden und Laufkunden ebenso groß. Sozialdemokratie, Kommunisten, Zentrum, Demokraten, Volkspartei – überall gibt es Schwankungen, recht erhebliche vielleicht. Aber bei keiner anderen Partei ist es denkbar, daß eine plötzliche Verneunfachung erfolgt, die vielleicht bei der nächsten Wahl von einer Drittelung abgelöst wird. […]
Die 6½ Millionen werden ja durch kein inneres Band zusammengehalten. Sie sind zu neun Zehntel nicht Wähler für, sondern nur Wähler gegen. Dabei soll nicht verkannt werden, daß Hitler, der ein ausgezeichneter Organisator mit Suggestivkraft ist, über eine ihm blind ergebene Kerntruppe von einigen hunderttausend Mann, meist recht jugendlichen Truppen verfügt […] Idealisten mit verwirrtem Kopf und Landsknechte ohne Kopf, insgesamt ein paar hunderttausend Mann, das ist Hitlers Kerntruppe. Die Millionen der Wähler, die er diesmal mustern konnte, dank der Gunst der Umstände, das heißt dank der Ungunst der Wirtschaftslage, rekrutieren sich aus den verschiedensten Schichten. [Es folgt eine Aufzählung verschiedener Bevölkerungsgruppen, die die Nationalsozialisten gewählt haben, samt deren Bewertung.]
Da sind bedauerlich viele Beamte. Ihre politische Freiheit verdanken sie ausschließlich der Republik. Aber leider hat ihnen die Republik mit der