Название | Der Dreißigjährige Krieg |
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Автор произведения | Ricarda Huch |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Sachbücher bei Null Papier |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962818555 |
Die Orthografie wurde der heutigen Schreibweise behutsam angeglichen.
Grundlage dieser Veröffentlichung bilden folgende Ausgaben:
Insel-Verlag, zuerst erschienen: 1912 bis 1914 unter dem Titel ›Der große Krieg in Deutschland‹
Insel-Verlag Frankfurt am Main, 1962
Erster Teil: Das Vorspiel
1585 bis 1620
1.
Im Jahre 1585 wurde im Schlosse zu Düsseldorf die Hochzeit des jungen Herzogs Jan Wilhelm mit Jakobe von Baden so pomphaft und majestätisch gefeiert, wie es dem Ansehen des reichen Jülicher Fürstenhauses entsprach. Nachdem die Festlichkeiten abgelaufen waren, verabschiedete sich der Kurfürst von Köln, Ernst von Wittelsbach, der Bruder des Herzogs von Bayern, von der Braut, die seine Nichte war, und sagte zu ihr, er scheide leichteren Mutes, als er gekommen sei; denn es habe oftmals an seinem Gewissen genagt, ob die Heirat, zu der er sie in wohlwollender Meinung und Absicht auf ihr Glück überredet habe, sie auch zufriedenstellen werde. Nun habe er sich aber, da er während der Hochzeit ihr lächelndes Antlitz und auch die vielfache Pracht ihrer neuen Umgebung und die Höflichkeitsbezeigungen der Familie gesehen habe, darüber zur Ruhe begeben.
Jakobe lächelte mit Augen und Mund halb gutmütig, halb spöttisch und erwiderte: »Mich dünkt die Umgebung nicht so prächtig und die Familie nicht so höflich wie Euch. Alle Farben erscheinen mir hier aschenfarben und alle Kurzweil wie Langeweile und Trübsal. Mein Schwiegervater, der alte Herzog, den Ihr mir als den verständigsten und stattlichsten Herrn im Reiche geschildert hattet, ist ein alberner Greis, der den Löffel Suppe verschüttet, den seine zitternde Hand zum Munde führt. Meine fromme Schwägerin Sibylle hat mich mit kalten, trocknen Lippen geküsst und die Augen jämmerlich verdreht, als ob ein Leichenbegängnis gefeiert würde.«
Ja, sagte der Kurfürst ein wenig verlegen, er habe nicht gewusst, dass es so hässlich um den alten Herzog stehe; der Schlag, der ihn kürzlich getroffen, habe seinen Verstand geschwächt, doch sei ja zu hoffen, dass seine Ärzte ihm wieder einen Aufschwung gäben; andererseits sei er bei so hohen Jahren, dass man sich auf seinen Hintritt gefasst machen müsse, und dann werde sie die Herrin werden. Denn sie habe doch wohl Schönheit und Witz genug, ihren Gemahl, ein wie mächtiger Fürst er auch sei, ihrer noch mächtigeren Herrschaft zu unterjochen. Ihr heimliches Händedrücken und Auf-die-Füße-Treten bei der Tafel sei ihm nicht entgangen; sie solle nur bekennen, dass sie mit Jan Wilhelm wohlversehen sei. Dabei streichelte der Kurfürst ihre vollen, dunkelerröteten Wangen und ihren mit Perlenschnüren behängten Nacken.
Mit ihrem Gemahl sei sie zufrieden, sagte sie; sie hätte nicht geglaubt, dass er so hübsch und so artig sei. Der würde ihr gewiss nicht viel zu schaffen machen.
Der Kurfürst betrachtete sie unschlüssig und gab ihr dann noch eine Reihe guter Lehren und Ermahnungen. Zu leicht solle sie sich’s auch nicht vorstellen, sie sei am bayrischen Hofe zwischen frommen und liebevollen Verwandten aufgewachsen, hier in Düsseldorf seien große Aufgaben für sie, aber auch Gefahren, und es gelte Vorsicht und Misstrauen zu üben. Es wäre wohl schön, wenn sie die Kirche in diesen Landen wieder aufrichten könnte; aber die Stände seien meistenteils kalvinisch und hätten leider allzu viel Macht, sie müsse sich hüten, mit der Gewalt dreinzufahren, lieber Gelegenheiten abwarten und listig durchschlüpfen. Vor allen Dingen solle sie sich zurückhalten, bis sie ein Prinzlein geboren haben werde, das werde ihr Ansehen verleihen, und es werde jawohl nicht lange damit anstehen.
Ob er etwa meine, er könne ihr jetzt schon etwas anmerken, sagte die junge Frau lachend, indem sie sich seiner Abschiedsküsse zu erwehren suchte. Er solle nur ihretwegen ruhig sein, sie sei nun einmal hier, habe sich darein ergeben und wolle sich mit Gott so gut einrichten, wie es möglich sei.
Seine Ratschläge seien überflüssig, dachte sie, als er sie verlassen hatte; aber er meine es gut mit ihr und habe sie aufrichtig lieb. Warum sollte er sie auch nicht lieben, da sie doch ihr Angesicht so wonnevoll auf dem runden venezianischen Spiegel wie eine Wasserrose auf blanker Seefläche schwimmen sah. Nun wollte sie aber zeigen, dass sie mehr vermöge als Blicke werfen und Laute spielen; sie, die als Protestantin geboren und durch Gottes Fügung an den bayrischen Hof gebracht und zur Kirche zurückgeführt war, wollte im Jülicher Lande die Ketzerei ausrotten und sich dadurch der höchsten Ehre bei Papst und Kaiser, vor allen Dingen bei ihrem Pflegevater, dem Herzog Wilhelm von Bayern, wert machen.
Nach ihrer Meinung konnte es nicht so bleiben, dass Jan Wilhelm, ihr Mann, als ein Kind und fast als ein armer Tropf am Hofe galt; sie hatte den künftigen Herzog eines reichen Landes geheiratet, und als solcher sollte er sich öffentlich zeigen. Ihm kam es vor, als werde er zum ersten Male recht gewürdigt und in seiner Bedeutung erkannt, und er griff hastig nach den Zügeln der Regierung, um die er sich vorher niemals bekümmert hatte. Da es eben damals geschah, dass die Stadt Wesel, die als eine einhellig kalvinische, tapfere und wohlhabende Gemeinde bekannt war, einen katholischen Geistlichen hinausgeschafft hatte, machte sich Jan Wilhelm dahinter und ordnete an, die Stadt solle eine ihrer Kirchen dem katholischen Gottesdienst einräumen. Dagegen erhoben sich die Stände, die protestantisch waren, als gegen eine gewaltsame Neuerung, und auch der alte Herzog, nachdem er eine Weile erstaunt und misstrauisch zugesehen hatte, verbat sich das vordringliche Gebaren seines Sohnes. Darüber kam es zu bösen Auftritten in der Familie, wobei der alte Herzog vorzüglich Jan Wilhelm bedrohte, Sibylle hingegen Jakoben vorwarf, sie sei schuld an der Verwandlung ihres Bruders, der bis dahin ein frommer, gehorsamer Sohn gewesen sei. Mit dem Schwiegervater und der Schwägerin hätte sich Jakobe allenfalls fertig zu werden getraut; aber mächtiger als diese waren, wie sie allmählich bemerkte, einige Räte des Herzogs, vor allen Herr von Waldenburg, genannt Schenkern, der an Stelle des hinfälligen Alten nach seinem Gutdünken regierte. Dieser war es, dessen Befehlen der Hofstaat und die Dienerschaft gehorchten und der immer dahintersteckte, wenn ihre und ihres Mannes Wünsche auf Widerstand stießen.
Als sie eines Abends mit einigen jungen Herren und Frauen von Adel beim Brettspiel saßen und die Schatulle leer fanden, aus der sie das Geld zu einem neuen Einsatz nehmen wollten, wurde ihnen vom Zahlmeister, nach dem sie schickten,