»Wie kann man nur in einer Fleischfabrik arbeiten!«. Von solchen Irritationen zu (negativen) Bewertungen ist es nur ein winziger Schritt. Schauen Sie sich auf der nächsten Party um: Dort reden überwiegend diejenigen, die sich schon lange kennen, über die Dinge, über die sie auch auf der letzten Party schon geredet haben. Statt sich über neue Leute und neue Anregungen zu freuen, lockt uns unser Gehirn zu alten Bekannten, mit denen wir einen entspannten (wenn auch manchmal etwas langweiligen, weil ziemlich vorhersehbaren) Abend gegenseitiger Bestätigung verbringen können. Ausnahmen bestätigen auch hier natürlich die Regel.
Sie bewerten andere? Davon hat niemand etwas!
Mit unseren Wertungen tun wir uns oft keinen Gefallen, und das nicht nur, weil wir vielleicht interessante neue Bekanntschaften versäumen. Wir stoßen Freunde vor den Kopf (denken Sie an meine Freundin Katja, die mir ein unglückliches Leben in Freiburg vorhersagte), wir entfremden uns von unseren Eltern, wir geraten in Streit mit unseren Nachbarn oder reiben uns tagtäglich am Arbeitsplatz auf, weil Kolleginnen und Kollegen oder unsere Führungskraft anders ticken, als wir uns das wünschen, und sich partout weigern, sich unseren Vorstellungen anzupassen. Dass Sie dieses Buch lesen, spricht dafür, dass Sie dieses Problem kennen. Doch wie stark werten Sie selbst? Gehören Sie zu den toleranteren Zeitgenossen oder zu den meinungsstarken, die immer ganz genau wissen, wo es langgeht? Der Test im folgenden Abschnitt gibt Anhaltspunkte. Achtung: Dabei handelt es sich nicht um ein wissenschaftlich validiertes (d. h. an großen Gruppen erprobtes und statistisch normiertes) Verfahren, sondern um eine augenzwinkernde Anregung zur Selbstreflexion.
Der Blick in den Spiegel
Test »Was für ein Wertungstyp sind Sie?« und Selbstbeobachtung
Lassen Sie sich auf ein kleines Spiel ein? Dann kreuzen Sie bitte Ihre wahrscheinlichste Reaktion in den folgenden Situationen an. Wenn die Situation für Sie zu unpassend ist (weil Sie z. B. keine Kinder haben), dann stellen Sie sich vor, welche Ihre wohl wahrscheinlichste Reaktion wäre, wenn Sie in der Situation wären. Wie würden Sie vermutlich reagieren?
1) Eine gute Freundin überrascht Sie nach mehreren Jobwechseln mit einem neuen Plan: Sie will ein Café eröffnen und muss dafür einen Kredit von 30 000 Euro aufnehmen.
a) Sie halten das für eine Schnapsidee und sagen Ihrer Freundin das auch deutlich: Sie rennt in ihr Unglück!
b) Sie beglückwünschen Ihre Freundin und fragen, wie Sie helfen können. Sie haben da schon ganz viele eigene Ideen!
c) Sie halten das für falsch, wollen sich aber nicht einmischen. Wenn Sie gefragt werden, weichen Sie aus (»Musst du selbst wissen …«).
d) Sie denken, dass es dieses Mal klappen könnte, halten sich aber mit Äußerungen zurück.
2) Ihr Chef verkündet in der Teamsitzung, dass es zukünftig keine festen Arbeitsplätze mehr geben wird, sondern modernes Desk Sharing: Jeder sucht sich morgens seinen Platz.
a) Sie finden das furchtbar und zählen auch gleich diverse Gegenargumente auf.
b) Endlich kommt mal ein bisschen Bewegung in den Laden! Sie haben auch gleich ein paar Vorschläge für die Umsetzung.
c) Ihnen graut schon jetzt davor, aber Sie halten lieber den Mund, weil Protest vermutlich nichts bringen wird.
d) Sie sind ohnehin selten da und finden das Konzept sinnvoll, lehnen sich aber nicht aus dem Fenster.
3) Eine junge Kollegin in Ihrer Abteilung trägt auf der Betriebsfeier ein offenherziges Kleid, das alle Blicke auf sich zieht.
a) Sie sprechen die Kollegin am nächsten Tag darauf an: So wird Sie im Betrieb niemals ernst genommen!
b) Sie finden, die Kollegin kann das absolut tragen, und machen ihr ein Kompliment zu ihrer tollen Figur!
c) Sie sind entsetzt, sagen aber nichts dazu. Das Mädel wird schon sehen, was es davon hat.
d) Sie bewundern so viel Mut, gehen aber nicht weiter darauf ein.
4) Ihr Partner spielt jeden Samstag mit seinen Freunden Fußball. Dafür geht jedes Mal der halbe Tag drauf. Oder: Ihre Partnerin trifft sich jeden Samstag mit ihrer besten Freundin zum Frühstücken und ausgiebigen Bummeln in der Stadt. Auch hier ist jede Woche der halbe Samstag weg.
a) Sie kritisieren das immer wieder, weil Sie finden, das Wochenende gehört der Partnerschaft.
b) Sie finden es gut, dass Ihr/-e Partner/-in eigene Interessen und Kontakte hat, und wünschen ihm/ihr viel Spaß.
c) Es stört Sie zwar, aber Sie sagen nichts dazu. Allerdings sind Sie öfter schlecht gelaunt deswegen.
d) Sie akzeptieren das, es ist weiter kein Thema zwischen Ihnen.
5) Eine gute Bekannte hat mit Ende dreißig das lang ersehnte Wunschkind bekommen. Nach Ablauf der Elternzeit kündigt sie ihren gut bezahlten Job, um mindestens bis zur Einschulung ganz für das Kind da zu sein.