Название | Deutsche Geschichte |
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Автор произведения | Ricarda Huch |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Sachbücher bei Null Papier |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962817725 |
Abgesehen von einer einmaligen Vertreibung aus Mainz durch Heinrich II., haben die Juden unter den sächsischen und salischen Kaisern unbelästigt im Reiche leben können. Konrad II. hatte einen jüdischen Leibarzt. Die erste große Verfolgung brachten die Kreuzzüge mit sich, durch die fanatisierte Massen in Bewegung gesetzt wurden. Ein gelegentlicher Ausspruch, man solle doch die Feinde Christi im Lande bekämpfen, anstatt nach Palästina zu reisen, wurde wiederholt und fand Beifall in den unteren Schichten des Volkes, vollends das Wort eines angesehenen Führers, des Herzogs von Niederlothringen, Gottfried von Bouillon: er wolle das Blut des Erlösers am Blute Israels rächen und nichts übriglassen von allen, die den Namen der Juden trügen. Von den Judengemeinden in Frankreich trafen Warnungen ein vor den aufgeregten Scharen französischer, englischer und lothringischer Kreuzfahrer, die von dort nach Deutschland vordrangen, sodass sich Calonymus, der Vorsteher der Judengemeinde in Mainz, mit der Bitte um Schutz an Heinrich IV. wendete, der damals in Italien war. Dem Gesuch willfahrend, befahl der Kaiser allen Bischöfen, Fürsten und Grafen des Reichs, auch Gottfried von Bouillon, die Juden zu beschützen, ihnen beizustehen und Zuflucht zu gewähren, damit keiner sie anrühre, ihnen Böses zu tun. Alle gehorchten, ohne doch das nahende Unheil aufhalten zu können. Die Juden fühlten sich offenbar im Schutze des Kaisers und in der durchaus nicht unfreundlichen Gesinnung der Bürger so sicher, dass sie von der Wut des Überfalls wehrlos überrascht wurden. Es kam vor, dass Juden erschlagen wurden, die friedlich in ihrem Weinberg arbeiteten. In Speyer allerdings, wo die Kreuzfahrer zuerst einbrachen, verhinderte der Bischof Johannes, ein treuer Anhänger des Kaisers, durch strenges Eingreifen großes Unglück: den Bürgern, die sich an den Gewalttaten der Fremden beteiligt hatten, ließ er die Hände abhauen. Nur elf Juden wurden in Speyer getötet. In Worms dagegen, wo der Bischof untätig blieb, sollen an 800 niedergemacht sein, noch mehr in Mainz, wo Erzbischof Ruthard eine nicht ganz aufgeklärte, zweideutige Rolle spielte. Er versprach denen, die dem Blutbade entronnen waren, dem Vorsteher Calonymus und 53 Gefährten, Schutz in seiner Pfalz, wollte aber nachträglich sein gegebenes Wort nur gelten lassen, wenn sie sich taufen ließen. Die Juden, edler gesinnt als der Bischof, zogen vor zu sterben. In Köln verbargen sich die Juden in den Häusern ihrer christlichen Freunde, ein Beweis für das gute Einvernehmen zwischen Juden und Bürgern, und erhielten dadurch ihr Leben, während ihre Häuser geplündert wurden. Um sie noch besser schützen zu können, brachte sie dann der Erzbischof in Burgen auf dem Lande unter; aber diese augenscheinlich in guter Meinung vollzogene Maßnahme erwies sich als unglücklich, denn ein Teil wurde dort von den Verfolgern aufgespürt und getötet. Dass dieser Angriff auf die Juden nicht etwa durch Abneigung gegen die Rasse, sondern durch erhitzten Glaubenseifer verursacht war, geht daraus hervor, dass denjenigen Juden, die sich taufen ließen, nichts zuleide getan wurde. Zum Glaubenshass kam die Raublust der armen und bereits verwilderten Banden; Raublust war vermutlich auch die Triebfeder der Stadtbewohner, die mit jenen gemeinsame Sache machten. Das waren aber nur einzelne, im Allgemeinen standen die Bürger wie die Fürsten auf seiten der Angegriffenen. Der Kaiser ging so weit, den Juden zu gestatten, dass die Zwangstaufe, die an verschiedenen vollzogen war, nicht gelten solle, sondern dass sie wieder nach dem Gesetz leben dürften, ein Zugeständnis, das den Papst erzürnte. Als Heinrich gegen das Ende seines Lebens in Mainz einen Landfrieden beschwören ließ, zählte er die Juden unter denen auf, die besonderen Schutz genießen sollten. Beim nächsten Kreuzzug, den Bernhard von Clairvaux anregte, ging die Gefahr für die Juden wiederum von den unteren Schichten aus. Ein Mönch, namens Radull, hetzte zum Judenmord auf und hätte mit Hilfe räuberischen Pöbels ein großes Blutvergießen angerichtet, wenn ihm nicht Bernhard entgegengetreten wäre. Er hielt aufklärende Predigten und erließ ein Rundschreiben, in dem er auseinandersetzte, wie sich Christen gegen Juden zu verhalten hätten. Man dürfe, sagte er, die Juden weder töten noch vertreiben; denn, dies setzte er aus eigener Auffassung hinzu, sie würden sich beim Herannahen