Название | Das Anthropozän lernen und lehren |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Pädagogik für Niederösterreich |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783706560832 |
Ein wärmeres und nasseres Klima bedroht auch das physische Kulturerbe von Longyearbyen. Die Stadt wurde als ein Kohleminencamp am Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet. Die Überreste der Kohleminenindustrie stellen im Kontext der heutigen Strukturänderungen hin zu einer postindustriellen Ökonomie basierend auf Tourismus, Serviceindustrie, Forschung und Bildung wichtige „markers of identity“ der Stadt dar. Die hölzernen Stützböcke der ehemaligen Seilbahnen sind im Zentrum und in den Hangseiten über der Stadt zu sehen. Ein wärmeres und nasseres Klima macht die Holzstrukturen morsch und der tauende Permafrostboden in Kombination mit mehr Niederschlag als Regen destabilisiert den Grund, auf dem sie stehen.
Obwohl hier keine direkte Kausalität besteht, weisen WissenschaftlerInnen darauf hin, dass die Klimaveränderungen das Risiko von Schneelawinen um Longyearbyen erhöhen (Norsk Klimaservicesenter 2019). Seit den zwei schweren Lawinen in 2015 und 2017, die mehrere Häuser zerstörten und zwei Personen töteten, ist die Sicherung von Häusern eine Toppriorität der lokalen Gemeinde geworden. BewohnerInnen in ausgesetzten Gebieten werden regelmäßig evakuiert, und im Winter 2019 wurde damit begonnen, 139 Wohneinheiten abzureißen. Dies trägt maßgeblich zum derzeitigen Wohnungsmangel in Longyearbyen bei. Andere Teile der Siedlung werden derzeit durch Stützverbauungen, Schneezäune und Dämme vor Schnee- und Schlammlawinen gesichert. Aufgrund der Schnee- und Schlammlawinengefahr fühlen sich viele EinwohnerInnen in Longyearbyen nicht mehr sicher in ihrem eigenen Zuhause.
Der Klimawandel erhöht nicht nur das Risiko für Naturgefahren und Umweltveränderungen, er erschwert auch die Anpassung an diese. Laut StadtplanerInnen, TechnikerInnen und IngenieurInnen führt der Klimawandel zu erhöhter Unsicherheit und verändert die Wissensbasis der Stadtplanung. Beispielsweise hat die Gemeinde in 2018 umfassende Maßnahmen für die Sicherung der Besiedlung unterhalb der steilen Hänge an der Ostseite der Stadt gegen Schnee- und Schneematschlawinen genehmigt. Zwei Monate später wurden ein neues Klimaprofil für Longyearbyen (Norsk Klimaservicesenter 2019) und ein Klimareport für Svalbard publiziert (Hanssen-Bauer et al. 2019). Die neuen Vorhersagen besagen, dass der Permafrostboden nicht stabil genug sei für die geplanten Lawinendämme und zukünftiger Permafrost-Tau eine tiefere Fundamentierung der Lawinenstützverbauungen als geplant erfordere. In Folge wurden der Bau der Sicherungsmaßnahmen zurückgestellt und ein neues Konzept erarbeitet. Sollte das höchste Emissionsszenario (RCP8,5)2 eintreffen, befürchten StadtplanerInnen und IngenieurInnen, dass die Fundamentierung von Gebäuden und Infrastruktur aufgrund von Permafrost-Tau in Zukunft extrem teuer und herausfordernd wird. Der Klimawandel erfordert also Anpassung und Schutzmaßnahmen im Bereich der Stadtentwicklung und -planung und verkompliziert diese Bemühungen durch veränderte Umweltbedingungen und erhöhte Unsicherheit. Gleichzeitig sind sowohl EinwohnerInnen und PlanerInnen der Meinung, dass es möglich sei, sich den veränderten Bedingungen anzupassen und auch in Zukunft in Longyearbyen zu leben. Anpassung wird als notwendig und technisch durchführbar betrachtet, solange der politische Wille vorhanden ist und ausreichend ökonomische Ressourcen bereitgestellt werden.
Zusammenfassung und Konklusion
Im Zeitalter des Anthropozäns werden die Verschränkungen zwischen Mensch und Natur deutlich und bringen neue Herausforderungen wie den anthropogen verursachten Klimawandel hervor. Anthropogene Emissionen aus niederen Breiten verändern das globale Klima, was zu Veränderungen beispielsweise der arktischen Kryosphäre führt, an die sich die Menschen in der Arktis wiederum anpassen müssen. Diese Wirklichkeit erfordert ein Naturverständnis, das den Menschen und menschliches Handeln nicht als abgegrenzt von, sondern als Teil der Natur versteht. Die Benennung der derzeitigen geologischen Epoche als Anthropozän deutet ein Umdenken von Mensch-Umwelt-Beziehungen in der westlichen Naturwissenschaft an, und das Konzept des Anthropozäns eröffnet eine Diskussion über die Verschränkung von Mensch und Umwelt und die Natur-Kultur-Dichotomie auch außerhalb der Geistes- und Sozialwissenschaften. Die großen Herausforderungen unserer Zeit können nicht mithilfe der Naturwissenschaften und der Technik allein gelöst werden, sondern es bedarf eines grundlegenden Verständnisses des Anthropos, des Menschen, und seiner Lebensweisen, die sowohl die Natur fundamental verändern, als auch von diesen Veränderungen betroffen und beeinflusst werden. Die Kultur- und Sozialanthropologie, die Wissenschaft des Menschen als kulturelles und soziales Wesen, bietet in diesem Zusammenhang sowohl theoretische und konzeptuelle Perspektiven als auch die methodischen Werkzeuge, um die unterschiedlichen menschlichen Lebensweisen im Anthropozän dokumentieren und verstehen zu können.
Literatur
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Haraway,