Arlo Finch (3). Im Königreich der Schatten. John August

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Название Arlo Finch (3). Im Königreich der Schatten
Автор произведения John August
Жанр Детские приключения
Серия Arlo Finch
Издательство Детские приключения
Год выпуска 0
isbn 9783401809021



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ist ja nicht so, dass sie gegen ihren Willen dort ist. Sie wollte bleiben.«

      »Sie war vier! Woher konnte sie mit vier Jahren wissen, was sie wollte?«

      »Du verstehst das nicht! Katie – Rielle –, sie war nicht normal. Sie war schon immer seltsam.«

      Indra war so aufgebracht, dass sie aufsprang. »Und wennschon! Geben wir sie halt den Magus, sollen die sich doch um sie kümmern? Warum schicken wir den Magus nicht gleich alle Menschen, die ein bisschen anders sind?«

      »Ich bin nicht dafür verantwortlich, Indra!«, fuhr Connor sie an. »Es war nicht meine Entscheidung!« Peinlich berührt darüber, dass er die Fassung verloren hatte, stellte er in einem ruhigeren Ton klar: »Schau, ich habe das nicht entschieden – das waren die Erwachsenen. Aber ich verstehe, warum sie es getan haben. Manchmal muss man zwischen zwei schlechten Entscheidungen wählen.«

      »Was, zwischen Kind und Bankrott?«

      »Zwischen ihr und mir, okay? Sie haben zwischen ihr und mir entschieden. Die Magus hatten uns beide und die einzige Möglichkeit, dass meine Familie mich zurückbekam, war, dass sie Katie dort ließen.« Connor wischte sich die Tränen vom Gesicht. »So ist es gewesen.«

      Lange blieb es still. Wieder einmal wäre ein Lagerfeuer, in das sie alle hätten starren können, hilfreich gewesen.

      »Es tut mir leid, Connor«, sagte Indra.

      »Ist schon in Ordnung«, sagte er. »Ich verstehe ja, was du gemeint hast. Es ist absurd, dass meine Familie reich ist, weil meine Cousine verschwunden ist. Es ist, als wäre jemand gestorben und die Versicherung hätte gezahlt. Es ist gleichzeitig gut und schlecht.«

      Jonas hob die Hand und unterbrach die beiden. »Hört ihr das?«

      Sie lauschten angestrengt. Irgendwo aus der Dunkelheit drang eine Art Pochen, gefolgt von einem Knarren. War es ein Wesen? Oder bloß der Wind in den Bäumen?

      Dann hörten sie ein leises Kichern und wussten sofort …

      »Tommyknockers«, stöhnte Julie.

      Tommyknockers waren missgünstige Geister, die man oft in den Rockies antraf. Ein Jahrhundert zuvor hatten Minenarbeiter sie für schlimme Einstürze verantwortlich gemacht, aber dem Flurbuch der Ranger zufolge waren sie weitgehend harmlos. Bestenfalls gelang es ihnen, Werkzeuge zu stehlen und Seile aufzuknoten.

      »Wir sind in Sicherheit«, sagte Connor. »Die Bannkreise sollten sie fernhalten.«

      Wie zur Antwort ertönte ein Knall, gefolgt von einem weiteren Kichern. Alle vier begriffen gleichzeitig, was da los war: »Das Essen!«

      Sie hatten, ganz nach den Richtlinien der Ranger, sämtliche Vorräte weit vom Zeltplatz entfernt in einen Baum gehängt. Damit befanden sie sich unglückseligerweise außerhalb der Bannkreise.

      Alle vier Ranger stürmten los, um ihre Verpflegung zu schützen. Der Mond war fast voll, also war es nicht schwierig, die winzigen Wesen auszumachen. Sie sahen wie haarlose Affen mit spitzen Ohren aus und sprangen kichernd von Baum zu Baum. Einer von ihnen trug einen Kochtopf wie einen zu großen Helm. Da er so nichts sehen konnte, prallte er immer wieder gegen die Baumstämme. Zwei andere stopften sich mit Marshmallows voll.

      Der Blaue Trupp warf mit Pinienzapfen und Schnipslichtern nach ihnen und konnte die Tommyknockers bald vertreiben, aber es dauerte eine geschlagene Viertelstunde, die überall verstreuten Vorräte wieder einzusammeln. Aus den Äpfeln waren Stücke herausgebissen worden und die Eier für das Frühstück tropften aus der Packung.

      »Sollen wir sie vielleicht einfach jetzt kochen?«, schlug Jonas vor.

      »Ich könnte was zu essen vertragen«, sagte Indra. Nach den enttäuschenden Nudeln klang ein zweites Abendessen wie eine gute Idee. Sie trugen den Beutel zurück zum Zeltplatz.

      Als sie dort ankamen, stand ein Mädchen in ihrem Alter im Kerzenlicht. Sie trug einen bestickten Seidenmantel, silberne Ohrringe und eine dünne, mit Edelsteinen besetzte Kopfbedeckung. Wie Arlo hatte sie verschiedenfarbige Augen: eins grün, eins braun.

      Indra hatte dieses Mädchen noch nie gesehen, wusste aber gleich, wer sie war: »Du bist Rielle, nicht wahr?«

      »Was machst du hier?«, fragte Connor. Wie eine Cousine oder gar eine Freundin begrüßte er sie nicht.

      Rielle schien verwirrt, nur vier von ihnen zu sehen. »Wo ist Arlo?«

      Die Mitglieder des Blauen Trupps tauschten unsichere Blicke. Sie hielten sich an Connor, der offenbar misstrauisch war. »Was willst du von ihm? Was ist los?«

      »Er ist in Gefahr. Ich bin gekommen, um ihn zu warnen.« Rielle schien zu ahnen, dass Arlo nicht auf dem Zeltplatz war. »Könnt ihr ihm wenigstens eine Nachricht übermitteln?« »Was für eine Nachricht?«

      »Es geht um Hadryn. Er ist geflohen.«

      DIE MAUER

      Es führte einfach kein Weg weiter. Nachdem sie viele Stunden durch die Long Woods gewandert waren – in schmalen Schluchten, bis zu den Knien im Wasser, und über Wiesen voller Blumen, die nach Traubensaft rochen –, hatte Arlo das Trio in eine Sackgasse geführt. Sie standen am Fuße einer steilen, viele Meter hohen Klippe aus weißem Kalkstein. Der Fels leuchtete im Mondlicht.

      Wie eine schier endlose Mauer erstreckte sich die weiße Barriere zu beiden Seiten bis zum Horizont.

      »Vielleicht sollten wir umdrehen und uns einen anderen Weg suchen«, schlug Wu vor.

      »Wie weit zurück sollen wir denn?«, fragte Jaycee. »Wir gehen auf keinen Fall wieder in diese Stadt.«

      Es war nicht allein eine Frage der Erschöpfung – erschöpft waren sie alle drei –, sondern eine Frage der Zeit. Ihrem Plan zufolge hätten sie jetzt schon in China sein sollen. In weniger als zwölf Stunden erwartete sie der Blaue Trupp zurück in Pine Mountain. Wichtiger noch, nach dem Zelten erwarteten ihre Familien sie zurück.

      »Ich weiß, dass wir nah dran sind«, sagte Arlo. »Ich kann es spüren. Es ist direkt vor uns.«

      »Aber wir können da nicht drüberklettern«, sagte Wu und zeigte auf die Kalksteinklippe. »Vielleicht wenn wir die richtige Ausrüstung hätten, aber selbst da bin ich mir nicht sicher.«

      Arlo wollte nicht aufgeben, ohne sich ein genaues Bild von der Situation verschafft zu haben. Er setzte seinen Rucksack ab und ging geradewegs zur Wand der Klippe. Sie war so weiß wie Kreide und genauso weich. Er kratzte mit dem Fingernagel daran. Der weiße Stein bröckelte.

      Wu hatte recht; hochklettern konnte man nicht. Jeder Griff würde einfach abbrechen.

      Enttäuscht lehnte sich Arlo rücklings an die Klippenwand. Er musste nachdenken. Wu und Jaycee verschnauften auch, tranken aus ihren Wasserflaschen und aßen Energieriegel. Sie brauchten alle eine Pause, vom langen Tag, von den Long Woods und voneinander.

      Arlo starrte die Klippe hoch. Wenn wir doch nur die Hochschuppe noch hätten, dachte er. Dann könnten wir auf die Klippe schweben.

      Sein Dad nannte dieses Hätte-Denken »kontrafaktisch«. Clark Finch lehnte es ab. Man kann die Vergangenheit nicht ändern. Man kann nur ändern, was man als Nächstes tut.

      Aber Arlo Finch hatte leider keinen blassen Schimmer, was er als Nächstes tun sollte. Die beste Wahl schien, den Plan aufzugeben und einfach nach Pine Mountain zurückzugehen. Jaycee würde das verstehen. Von ihnen dreien wäre Wu wahrscheinlich am schwersten enttäuscht. Er hatte so dafür gekämpft, an der Expedition teilnehmen zu dürfen, hatte argumentiert, dass sie seine Chinesischkenntnisse brauchen würden, wenn sie erst einmal angekommen wären.

      Arlo fragte sich, ob das der wahre Grund