Abenteuertour Afrika. Walter Odermatt

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Название Abenteuertour Afrika
Автор произведения Walter Odermatt
Жанр Книги о Путешествиях
Серия Abenteuertour
Издательство Книги о Путешествиях
Год выпуска 0
isbn 9783347102750



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sich einzukerkern, der lebt hier gut, doch will man das?

      KAPITEL 5

      Namibia Süd

      Willkommen im Wüstenstaat

      Erfreulich unproblematisch passieren wir den namibischen Zoll und mit ihm den Oranje River, der die natürliche Grenze dieser beiden Staaten bildet. Sofort verändert sich die Landschaft. Namibia ist ein Wüstenstaat, dessen Charme sich nicht auf den ersten Blick erschließt. Es sind die unglaubliche Weite und die karge Landschaft, die uns faszinieren, haben sie doch etwas Verführerisches wie Beängstigendes zugleich. Wir fühlen uns von der Welt abgeschnitten, fast wie auf einem anderen Planeten. Es ist eine lebensfeindliche aber dennoch tolle Landschaft.

      Grünau scheint auf der Karte ein größerer Ort zu sein, doch in Wirklichkeit besteht er aus einer Tankstelle, einem Hotel und wenigen, windschiefen Wellblechhütten. Zum Glück haben wir unsere Fleisch- und Milchprodukte gut vor dem Zöllner versteckt gehalten, denn hier gibt es nichts zu kaufen.

      Unser erstes Ziel ist der Fish River Canyon. Er ist eine der größten Schluchten der Welt am Südrand Namibias, nahe der Grenze zu Südafrika. Leider können wir die Trekkingtour zum Talgrund nicht begehen, da sie bis Ende April noch geschlossen ist. In dieser Zeit kann der Fischfluss plötzlich Hochwasser führen und in der Vergangenheit wurde das etlichen Touristen schon zum Verhängnis.

      Somit bleibt uns keine andere Wahl, als bei Temperaturen von 43 Grad im Schatten – allerdings gibt es weit und breit keinen Schatten – entlang der Abbruchkante eine Wanderung zu unternehmen. Immer wieder bleiben wir stehen und lassen das einzigartige Panorama auf uns einwirken. An den mächtigen Gesteinsschichten des bis zu 550 Meter tiefen Canyons lassen sich Jahrmillionen Erdgeschichte ablesen. Diese Ebene ging vor Jahrtausenden zu Bruch. Eine Spalte tat sich auf, die dann in Kombination mit starken Schleifarbeiten des Fish Rivers zur heutigen Schlucht führte. Er ist zwar nach dem Grand Canyon der zweitgrößte Canyon der Welt, doch die Dimensionen in Arizona sind schon noch gewaltiger. Toll ist er aber allemal mit seinen Flussschlingen und schroffen Felswänden.

      Am nächsten Morgen, nach einer Nacht, die nur auf 33 Grad abkühlte, besuchen wir zum Sonnenaufgang erneut den Haupt-Aussichtspunkt auf den weit unter uns fließenden Fischfluss. Die langsam aufsteigende Sonne zaubert mit ihrem warmen Licht und dem Schattenspiel immer neuen Strukturen in den Fels. Ein starkes Schauspiel, bis die Schlucht immer mehr ausgeleuchtet ist.

      Ai-Ais bedeutet in der Nama-Sprache Feuerwasser und so heiß ist es wirklich, als wir unsere Finger in die brodelnde Quelle stecken. Wir befinden uns ein paar Kilometer südlich des Fish River Canyons. Es ist immer noch über 40 Grad heiß und niemand benutzt das schöne Thermalbad auf dem Campingplatz, dessen Wassertemperatur wir auf 45 Grad schätzen. So ist es auch kein Wunder, dass wir heute Nacht von Schnee und Eis träumen.

      Auf dem Weg zum Oranje-Fluss tut sich uns eine wunderbare Landschaft auf. Vollkommen einsam rollen wir auf guter Schotterpiste mit vereinzelten Sandpassagen an eigentümlichen Felsgebilden vorbei. Eindrucksvolle Akazien und Köcherbäume ranken sich in den stahlblauen Himmel und rötlicher Fels türmt sich zu imposanten Hügeln auf. Vereinzelt huschen Strauße über den flimmernden Sand.

      Irgendwo in dieser arkadischen Landschaft biegen wir links ab und beziehen unser Nachtlager direkt am Oranje-Fluss. Unsere Nachbarn, die Kormorane, lassen nach erfolgreichem Beutezug ihre Flügel an der wärmenden Sonne trocknen und mit dem Beginn der Abenddämmerung fliegen Dutzende von Glühwürmchen an uns vorbei. Eine himmlische Ruhe liegt über dem Land.

      Kurz nach Aus heißt es Augen offen halten. Hier sind meist von der Straße aus Wildpferde der Namib-Wüste zu sehen. Tatsächlich! In der Ferne erspähen wir eine kleine Herde dieser perfekt an das trockene Klima angepassten Pferde. Sie trinken in der Trockenzeit nur alle fünf Tage. Damit sie auch längere Dürreperioden überleben, wurde in der Nähe von Aus eine Tränke für sie eingerichtet.

      Auf dem Weg nach Lüderitz gibt es keine Zäune mehr, hier wächst nichts. Ein heftiger Wind weht, die Hitze vom Fish River Canyon ist längst vergessen, das Thermometer innerhalb weniger Stunden um etwa 20 Grad gefallen. Brettebener Horizont soweit das Auge reicht, nur hin und wieder ein paar Büsche, die sich gegen den permanent wehenden Wind in den Sand stemmen. Das dringend benötigte Wasser erhalten sie vom Küstennebel.

      Schon lange freuen wir uns auf die kühlen Temperaturen der einstigen Keimzelle des ehemaligen Deutsch-Südwest-Afrika. Der einzige Campingplatz liegt auf der stürmischen Halbinsel der Haifischbucht. Kalte Winde lassen unseren Suri schaukeln wie ein Segelboot in rauen Gewässern. Diese Kälte kommt vom Atlantik, der an der Südwestküste Afrikas vom Benguela-Strom geprägt ist. Er führt aus der Antarktis unablässig eiskaltes Wasser heran.

      Hier treffen wir auf die zwei Österreicher, Sandra und Rainer, die gemeinsam mit ihrem Landcruiser die afrikanische Westroute hinuntergefahren sind. Die Nacht wird lang und der Weinvorrat verringert sich von Minute zu Minute in fast schon dramatischer Weise.

      In Lüderitz begann im August 1883 die deutsche Kolonialgeschichte, die bis heute dieses Land so stark geprägt hat. Hier, in den Dünen der Namib, wurden einige Jahre später die größten Diamantvorkommen der Erde gefunden. Auf dem Weg dorthin werden wir angehalten und der uniformierte Beamte gibt uns klar zu verstehen, dass wir hier keinen Zutritt haben. So wird es leider nichts, durch ein paar Diamantenfunde unser Budget ein wenig aufzubessern.

      Der Weg führt uns zurück, vorbei an den verfallenen Häusern der alten Diamantenstadt Kolmanskuppe, die gespenstisch halb im Sand vergraben liegen.

      Nach drei Tagen Strandfeeling ruft uns erneut die Wüste. Die kleine kaum befahrene Piste 707 ist gut präpariert und folgt dem Ostrand der Namibwüste nach Norden. Auf den nächsten 300 Kilometer gibt es nur eine Handvoll Farmen, alles wirkt wie ausgestorben. Wir parken unseren Landcruiser in der völligen Einsamkeit der Namib-Wüste und richten uns für die Nacht ein. Jede Minute tauchen mehr Sterne am mondbeleuchteten Himmel auf, als hätte sie jemand angeknipst. Über uns strahlt die Milchstraße; das Sternbild des Orion und das Kreuz des Südens sind regelrecht in den Himmel gemeißelt.

      Es ist einfach atemberaubend dazusitzen, inmitten dieser Landschaft, und die Stille auf sich wirken zu lassen, dieses Gefühl, zu zweit ganz alleine auf der Welt zu sein, keine anderen Menschen zu sehen, nicht einmal von Weitem, nicht einmal als winzigen Punkt am Horizont, nichts zu hören als das leise Rascheln des Wüstenwindes der die Sandkörner bewegt … Genau das ist der magische Zauber des Reisens.

      Die höchsten Dünen der Welt

      Drei Tage später erreichen wir Sossusvlei, eine von Sanddünen umschlossene beige Salz-Ton-Pfanne. Pünktlich um sechs Uhr öffnet das Gate und wir gehören zu den Ersten, die zu den Dünen losbrausen. Bevor die unbarmherzig steigende Sonne jede Bewegung zur Tortur ausarten lässt, wollen wir den Sonnenaufgang von den Dünen aus erleben.

      Die letzten Kilometer Sandpiste sind selbst für unseren kampferprobten Suri eine harte Nuss. Er bockt wie ein wildgewordenes Impala in den kniehohen Sandrinnen und hoppelt heftig über Bodenwellen. In unserer Wohnkabine tanzen die Teller und Gläser lautstark einen Rock’ n Roll und wir ziehen eine endlose Staubfahne hinter uns her. Wenn man hier bremst, hat man schon verloren und bleibt stecken. Doch wozu haben wir einen 4x4 mit Untersetzung und Sperrdifferenzial? Als Alternative könnte man auch den parkeigenen Shuttleservice benutzen, doch den hat unser Suri schlicht und einfach abgelehnt.

      Als die ersten Sonnenstrahlen das Sossusvlei erhellen, ist das Panorama einfach berauschend. Irreal wirkende, scheinbar abgestorbene Baumstämme stehen inmitten des trockenen Salzsees. Orange glitzernde Sandwälle im Kontrast zu den grüngelben Kameldornbüschen machen das Ganze geradezu märchenhaft.

      Lange sitzen wir einsam auf einer Sanddüne, beobachten eine einzelne Oryxantilope, hier auch Gämsbock genannt, und lassen uns von der Sonne die Morgenkälte vertreiben.

      Die Dünen sind, anders als in der Sahara, auch Lebensraum für Kleintiere, die in Trockenperioden ausschließlich dank der Feuchtigkeit des morgendlichen Nebels existieren können. Kleine schwarze Käfer huschen über den Sand; sobald es ihnen an der Oberfläche zu heiß wird, graben sie sich ein.