Название | Verschollen am Mount McKinley / Die Wölfe vom Rock Creek |
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Автор произведения | Christopher Ross |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | Alaska Wilderness |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783764191498 |
»Schon gut«, sagte Gary, »ich halte die Klappe.«
Julie kannte den Trail nicht, wusste aber von Carol, dass er dicht an der Felswand entlangführte. Der Lichtkegel ihrer Stirnlampe bewegte sich unruhig über den Schnee, vermischte sich mit dem silbernen Schein des Mondes und der Sterne. Nur gelegentlich huschte der grüne Schatten des Nordlichts über den Trail und die angrenzende Felswand, verblasste aber zusehends und verschwand schon bald hinter dunklen Wolken. Das Schneetreiben wurde immer stärker, zwang Julie, die Schutzbrille aufzusetzen, die sie auch auf den Hundeschlittenfahrten dabeihatte. Sie hatte den Reißverschluss ihres Anoraks bis unter den Hals geschlossen und ihren Schal über die Nase geschoben, ein wirksamer Schutz gegen den zunehmenden Schnee und den eisigen Wind.
Alle paar Minuten drehte sich Julie nach Carol und den anderen Wanderern um. Im trüben Licht wirkten ihre Gesichter noch müder und angespannter, und Carol sah man an, dass sie unter zunehmenden Schmerzen litt. Doch als sich Julies und ihre Blicke kreuzten, lächelte sie und gab Julie zu verstehen, dass sie sich keine Sorgen zu machen bräuchte. »Es geht schon«, glaubte Julie an ihren Lippen abzulesen. »Ein heißer Tee und ich bin wieder gesund.«
Der Marsch durch die lang gestreckte Schlucht kam Julie unheimlich vor, auch weil sie jetzt vorauslief, und sich der Lichtkegel ihrer Stirnlampe durch unbekanntes Dunkel tastete. Am Himmel schoben sich immer mehr Wolken vor den Mond und die Sterne und ließen dunkle Schatten über die Landschaft wandern. Der Schnee wirbelte durch die Luft und erschwerte ihnen die Sicht.
Julie blickte verstohlen auf die Uhr. Noch ungefähr eine Stunde, länger konnte es nicht mehr dauern. Sie zog unbemerkt das Tempo an, hoffte dadurch ein paar Minuten zu gewinnen und etwas eher in die Blockhütte zu kommen. Allein der Gedanke an einen heißen Tee und ein flackerndes Feuer verführten sie zu einem Lächeln. Mit festen Schritten lief sie durch den Schnee, der auch im Schatten der hohen Felswand manchmal kniehoch lag, und trat inzwischen so sicher auf, dass sie die Schneeschuhe kaum spürte.
Die Blockhütte wartete am Ausgang der Schlucht, eine schon etwas heruntergekommene Unterkunft aus geschälten Baumstämmen, die man einst meilenweit mit einem Wagen ins Hinterland gekarrt hatte. Sie stand so dicht an der Felswand, dass der Wind nur aus einer Richtung an sie herankonnte und man auch im Winter einigermaßen geschützt war. Neben der Tür lag massenhaft Brennholz, das die Ranger im Sommer in den Tälern geschlagen und säuberlich gestapelt hatten.
»Da wären wir«, rief Julie erleichtert. Sie öffnete die unverschlossene Tür, musste sich mit der Schulter dagegenlehnen, weil sie sich verkantet hatte, und stellte ihren Backpack links unter das einzige Fenster. Carol zündete die Petroleumlampe auf dem Holztisch an. Im flackernden Licht erkannte man die sparsame Einrichtung, den Tisch mit vier Stühlen, einen Küchenschrank, der aus dem 19. Jahrhundert stammen musste, den bulligen Ofen und etliche Matratzen mit Wolldecken, die vor der fensterlosen Wand gestapelt lagen. »Stellen Sie die Backpacks unters Fenster«, sagte Julie, während sie ihre Mütze abnahm und die Handschuhe auszog. »Gary, Chris … Sie verteilen die Matratzen und bereiten die Nachtlager! Mike, Ruth … Sie helfen mir bitte beim Kochen! Scott, Josh … ihr holt Brennholz rein!«
»Sind wir beim Militär?« Gary konnte es nicht lassen. »So wie Sie hat mich nicht mal mein Vater rumkommandiert, und der war Sergeant bei den Marines und glaubte immer, uns wie Rekruten herumscheuchen zu können.«
Julie blieb gelassen, hatte längst gelernt, dass es nichts brachte, wenn man sich aufregte und mit unbelehrbaren Flegeln herumstritt. »Sie können es auch lassen«, erwiderte sie, »dann schlafen Sie heute Nacht auf dem Boden!«
»Schon gut, war nicht so gemeint«, entschuldigte sich Gary.
Julie hatte schon als Kind gelernt, ein Feuer in einem Ofen zu entfachen, als sie ihren Onkel in einem Jagdcamp besucht hatte, und brachte auch dieses Feuer innerhalb weniger Minuten in Gang. Die Clarke-Brüder staunten nicht schlecht und hielten dankbar ihre nackten Hände über die heiße Ofenplatte. Diesmal verkniffen sie sich eine spöttische Bemerkung, anscheinend hatten sie doch dazugelernt. Oder sie hatten gemerkt, dass Julie immer contra gab.
Während die Linakers das Essen zubereiteten, eine kräftige Tütensuppe aus Carols Vorräten, die sie mit etwas Reis und Würstchen anreicherten, ließ Julie reichlich Schnee in einem Topf schmelzen und kochte Tee. »Carol geht’s nicht so gut«, entschuldigte sie die Rangerin, die bereits auf ihrer Matratze saß, »sie hat sich den Magen verdorben. Bis morgen früh ist sie wieder fit, stimmt’s?«
Carol winkte ab und versuchte zu lächeln, was ihr nur mühsam gelang. »Halb so schlimm«, spielte sie ihre Schmerzen herunter, »nur eine Magenverstimmung. Dabei gibt’s in der Nähe unseres Parks gar keinen McDonald’s.«
Der Scherz kam nicht bei allen an, ersparte ihr aber bohrende Fragen, denn noch während einige lachten, kniete Julie neben ihr nieder. Bevor sie danach fragen konnte, reichte ihr Josh einen Becher frischen Tee. Julie blickte ihn überrascht an und gab den Becher an Carol weiter. »Alles in Ordnung?«, fragte sie, immer noch ein wenig verwirrt. »Ich sage es nur ungern, aber du siehst nicht gut aus. Bist du sicher, dass es eine Magenverstimmung ist?«
»Nicht der Rede wert«, wischte Carol den Einwand beiseite. Sie nippte an dem heißen Tee und verbrannte sich die Lippen, unterdrückte einen Schmerzensschrei und fluchte leise. »Ich hab das öfter, wenn ich was Falsches esse.«
Julie nahm ihr den Becher ab und stellte ihn auf den Boden. »Soll ich dir was von der Suppe bringen? Ich hätte auch Kekse dabei … ohne Zucker.«
»Lieber einen Keks«, sagte sie müde. Sie griff nach dem Becher und nippte ein weiteres Mal daran, diesmal ohne sich zu verbrennen. »Rufst du die Zentrale an? Wegen des Wetters? Aber kein Wort über meine Schmerzen.«
Julie trat ans Fenster und zog ihr Funkgerät aus dem Futteral unter dem Anorak. »Hallo, Zentrale! Bitte melden! Hier Ranger Julie Wilson.« Am anderen Ende meldete sich ein Ranger, den sie noch nicht kannte. »Wir sind in der Hütte im Muldrow Valley. Keine besonderen Vorkommnisse.« Den Zwischenfall mit den Clarke-Brüdern verschwieg sie. Es war ja nichts passiert, und warum sollte sie die Pferde scheu machen. »Wie sieht das Wetter aus?«
»Nicht besonders«, kam die Antwort. »Heute Nacht starke Schneefälle, und der Wind hat gedreht und kommt jetzt aus westlicher Richtung. Könnte sein, dass ihr bis morgen Mittag in der Hütte bleiben müsst, aber dann wird es langsam wieder aufklaren. Kein Grund, die Wanderung abzubrechen.«
»Na, immerhin. Danke und over.«
Als sie sich umdrehte, beobachtete sie, wie Josh der leise stöhnenden Carol einen Keks reichte und ihr den Schweiß von der Stirn tupfte, als hätte er schon mal als Krankenpfleger gearbeitet. Dann stand er auf und trat neben sie. »Schlechte Nachrichten?«, fragte er.
»Wir bekommen schlechtes Wetter«, sagte sie. »Kein Grund, sich Sorgen zu machen. Hier in der Hütte sind wir sicher, und lange soll der Schneesturm nicht anhalten. Spätestens morgen Mittag können wir weiter.« Sie steckte das Funkgerät weg und zögerte sichtlich. »Hör mal, Josh! Ich hab heute Morgen ein bisschen die Rangerin raushängen lassen und mich etwas daneben benommen. Tut mir leid.« Sie blickte aus dem Fenster, mied den Blick in seine verträumten Augen. »Ich mag dich, Josh! Ich mag dich wirklich!«
»Meinst du das ernst?«, fragte er hoffnungsvoll.
»Auch wenn du manchmal ein bisschen arg auf den Putz haust, aber keiner ist perfekt, und ich schon gar nicht. Wenn ich wollte, wie ich könnte, würde ich dich jetzt sogar küssen. Aber die Ranger haben strenge Vorschriften, und dazu gehört auch, dass wir unsere privaten Angelegenheiten nicht in den Dienst mitbringen dürfen. Im Büro sollte man sich ja auch nicht küssen.«
»Es sei denn, es ist Feierabend.«
»Na ja …«
»Und?«, fragte Josh siegessicher. »Haben wir jetzt nicht Feierabend?« Er blickte