Название | Der Kolonialismus |
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Автор произведения | Ludolf Pelizaeus |
Жанр | Документальная литература |
Серия | marixwissen |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783843800389 |
Rom nutzte die Kolonisierung zu einem langsamen Vortasten und wurde damit zu einem Schlüssel der Frühen Expansion. Auf der anderen Seite garantierten die Kolonien zunächst den Handel, eine Funktion, die sich bei fortschreitender Eroberung und Eingliederung in das Römische Reich weitgehend verwischte. Ihre Rechtsstellung jedoch ließ sie herausgehoben und mit der Mutterstadt Rom verbunden sein. Ebenso sollte die Idee des römischen Bürgerrechts auch außerhalb Roms später noch von Bedeutung sein.
Die Kolonien Genuas und Venedigs im Mittelalter
Im Hochmittelalter muss man sich für das Verständnis von Kolonialismus zunächst jene Staaten ansehen, die das von Kastilien und Portugal später übernommene Kolonialsystem weitgehend entwickelt haben, nämlich die italienischen Handelsnationen Genua und Venedig.
Sowohl Genua als auch Venedig waren als Stadtrepubliken darauf angewiesen, Geld und Güter aus dem Ausland zu beziehen und dabei stets mit lukrativen Waren zu handeln. Zwar trieb Venedig auch Handel mit Holz, Tuch und billigeren Waren, doch machte den Reichtum beider Städte der Fernhandel aus. Daher war man an zweierlei Dingen interessiert. Auf der einen Seite benötigte man eine Reihe von Häfen, an denen die Schiffe, wenn sie unterwegs in Schwierigkeiten geraten sollten, immer wieder anlegen konnten. Aus diesem Grund begann man eine Reihe von Stützpunkten entlang der griechischen Küste in Besitz zu nehmen, die, wie an einer Perlenkette, den venezianischen Schiffen erlaubten, hier notfalls vor Anker zu gehen. Städte wie Cattaro (Kotor) wurden vollständig von Venedig geprägt und noch heute zeugen die Campanile an der kroatischen und montenegrinischen Küste in vielen Orten davon, dass hier einstmals der Markuslöwe als Flagge über der Stadt wehte. Zudem brauchte man Häfen, die relativ nah an den Zielorten im Orient waren, um dort die Produkte einkaufen zu können. Besonders wichtig wurde den Venezianern dann auch, eine Drehscheibe im Mittelmeer zu erhalten. Das gleiche galt auch für Genua, das zwar nicht so leicht Stützpunkte an der italienischen Küste eröffnen konnte, wie Venedig aber ebenfalls über Handelsniederlassungen, z. B. im Orient und auf der Krim verfügte. Als sich daher im Jahre 1204 die Möglichkeit eröffnete, Kreta zu erwerben, waren die Konkurrenten im Mittelmeer sogleich zur Stelle.
Im diesem Jahr hatte Venedig, da das Kreuzfahrerheer die Überfahrt ins Heilige Land nicht bezahlen konnte, den Kreuzzug nach Byzanz umleiten können. Das Heer fiel über die christlich-orthodoxe Stadt her und plünderte sie tagelang. Venedig konnte große Gewinne in finanzieller und in künstlerischer Hinsicht verbuchen, worauf heute noch, neben anderen künstlerischen Zeugnissen, die nach Venedig gebrachten Markuslöwen auf San Marco hinweisen.
Byzanz war durch den Überfall und die Plünderung derart geschwächt, dass es Kreta nicht halten konnte. Zunächst griffen die Genuesen zu, als die eigentlich dem Kreuzfahrer Bonifatius von Montferrat (1150-1207) zugewiesene Insel zum Verkauf stand. Doch gelang es ihnen nicht, ihre Herrschaft zu etablieren, so dass Kreta im Jahre 1204/1217 von den Venezianern in Besitz genommen wurde. Damit besaßen diese erstmals erheblich mehr als nur einen kleinen Handelsstützpunkt, nämlich auch eine Insel, die größer war als das venezianische Hinterland, die terra firme.
Venedig, das aufgrund seiner Größe keine umfangreiche Neubesiedelung der Insel ins Auge fassen konnte, beließ das meiste beim Alten. Man musste zwar mit vielen Aufständen umgehen, doch konnten sich die katholischen Fremdlinge trotz der orthodoxen Mehrheit behaupten. Aber die Republik begann, die Insel in wirtschaftlicher Hinsicht auszubeuten. Es entstand eine Produktion, die auf das Mutterland der Kolonie ausgerichtet war. Wolle, Käse, Öl und als wichtige Neuheit Zucker wurden nach Italien geliefert. Damit wich Venedig insofern von dem bisherigen üblichen Handelskurs ab, als man nicht mit teueren Waren, sondern eher mit Gütern des täglichen Bedarfs, dafür aber in größeren Mengen zu handeln begann. Ein koloniales Abhängigkeitsverhältnis ergab sich, bei dem sich Venedig auf zwei Pfeiler stütze. Auf der einen Seite betrieb man den Fernhandel über die Seidenstraße mit exklusiven Waren, die aus dem Orient kamen, weiter, auf der anderen Seite ergänzte man diese Einnahmen durch die Produkte aus den eigenen Kolonien. Dabei beließ Venedig der Insel weitgehend die Freiheiten, achtete darauf, dass sich aber die Kosten in Grenzen hielten und man möglichst viel aus Kreta herausholen konnte. Auch diese Idee, nämlich die Bedeutung der Wirtschaftlichkeit für den Kolonialbesitz in den Blick zu nehmen, sollte für die nächsten Jahrhunderte Schule machen. Mit Burgen wie dem »Kastell der Franken« (Frangocastello), zeugen noch heute davon, wie Venedig die Insel sichern, gleichzeitig aber auch die Steuerzahlungen der Bevölkerung garantieren wollte. In jedem Fall hatte man aber sichere Häfen, die aufgrund der vielen Piratenüberfälle auch sehr nötig waren.
Haupteinkunftsfaktor war die Zuckerproduktion, jenes Produkt, welches später, also in der Frühen Neuzeit, die Kassen der Kolonialherren füllen sollte. Für den Anbau importierte man bereits Sklaven, womit der Zusammenhang zwischen Sklavenarbeit und dem Kolonialismus hergestellt war. Nicht nur Venedig, auch Genua war im Sklavenhandel aktiv, wie uns ein Verkaufsvertrag zeigt:
»Im Namen des Herren, Amen. Ich, Fredericus Aspiranus, bestätige dir, Bonacursus de Petrasancta, dass ich dir eine schwarze Sklavin mit dem Namen Arcona, im Alter von vierzehn bis sechzehn Jahren, von indischer Abstammung, mit jedwedem Recht, das ich [als ihr Herr] auf Grund ihres Sklavenstandes an ihr habe, das mir an ihr zusteht und zustehen wird, zum vereinbarten Preis von sechshundertvierzig Asperi Barichati verkauft habe. Ich bestätige dir, diese [Summe] dafür empfangen und erhalten zu haben, und ich erkläre mich von dir [mit der Zahlung des Kaufpreises] für befriedigt und [deine Schuld] für beglichen.« (Sklavenhandelsvertrag aus Kaffa, Ende 13. Jh, in: DGEE 1, 183)
Doch nicht allein beim Sklavenhandel und für den Zuckeranbau hatten die italienischen Stadtrepubliken eine Vorreiterfunktion, sondern auch durch ihre Weiterentwicklung von Schiffen. Durch die Seerepubliken und Handelsstädte im Mittelmehr wurde neben der Galeere das Rundschiff, ähnlich der Kogge des Nordens, weiter entwickelt. Diese Neuerung war deswegen so bedeutend, weil, wie es Wolfgang Reinhardt betont, »das Segeln am Wind und sogar das Kreuzen gegen den Wind ermöglichte«.
Hinzu kam, dass man dank der arabischen Überlieferung auch, gerade von Aragonien ausgehend, das umfangreiche Besitzungen auch in Süditalien besaß, die astronomischen und kartographischen Kenntnisse auszubauen vermochte. Zwar konnte man noch nicht genaue geographische Längen und Breiten errechnen, doch war man sich der Linien ungefähr bewusst und fand sie dann auch in kartographischen Werken wieder.
Ebenso wie in Genua waren auch die Seestädte auf der iberischen Halbinsel im Fernhandel aktiv, allerdings zunächst fast nur die am Mittelmeer liegenden Städte Aragoniens. Schon seit der Antike hatte die Iberische Halbinsel im Mittelmeer mit Nordafrika Kontakte gehabt. Dies galt für die Antike in der Zeit der Phönizier, Karthager und Römer, hatte Fortbestand in der Zeit der Völkerwanderung, als Vandalen wie Westgoten eben über Europa hinaus siedelten. Dies änderte sich auch bei der umgekehrten Bewegung nicht, als 711 arabische Reiter auf Wunsch des bedrängten Westgotenherrschers nach Spanien übersetzten. Mit der muslimischen Invasion Spaniens und Portugals hielt eine sehr fortgeschrittene Wissenschaft, einschließlich der Kartographie Einzug in Spanien, wie sie sonst in der christlichen Welt noch weitgehend unbekannt war. Die Grundlagen der Kartographie und Astronomie, die von den Arabern in Spanien auf Grundlage der antiken Schriftsteller entwickelt worden waren, schufen die Vorraussetzung für die weitere Expansion.
Die Rezeption der arabischen Wissenschaft verschaffte der iberischen Halbinsel vor anderen Ländern einen Vorsprung. Auch wenn die Europäer durch Chinareisen überall gewisse außereuropäische Kenntnisse besaßen, so brachte das praktisch anwendbare Wissen die iberischen Königreiche noch mehr voran.
Horst Gründer hat die Zahl der Chinareisen zwischen 1242 und 1448 (nach der Schlacht bei Liegnitz unter Nutzung der mongolischen Ausbreitung, der so genannten Pax Mongolica) auf 126 berechnet. Die meisten wurden vor 1371 unternommen, nach diesem Datum begaben sich nur noch sechs Gruppen auf die Reise. So sind die Reise des Marco Polo von 1250 bis 1269 und 1271-1295 als Ideen- und Vorstellungsschatz wichtig. Es wird in der Literatur darüber gestritten, ob Marco Polo alle seine beschriebenen Ziele je erreichte,