Anne in Ingleside. Lucy Maud Montgomery

Читать онлайн.
Название Anne in Ingleside
Автор произведения Lucy Maud Montgomery
Жанр Книги для детей: прочее
Серия Anne Shirley Romane
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783732008995



Скачать книгу

im Winter“, meinte Diana. „Ich würde Ingleside gerne wiedersehen. Du hast wirklich ein hübsches Haus, Anne, und so eine nette Familie.“

      „Ja, Ingleside ist wirklich schön, jetzt gefällt es mir auch“, stimmte Anne zu. „Am Anfang dachte ich, ich könnte mich nie an dieses Haus gewöhnen. Ich haßte es richtig, als ich es zum erstenmal sah. Ich haßte es damals wegen seiner Vorzüge gegenüber meinem geliebten Traumhaus, es war wie eine Beleidigung. Ich weiß noch, wie ich zu Gilbert sagte: ‚Wir sind in unserem Traumhaus so glücklich gewesen. Woanders werden wir nie so glücklich sein.‘ Und dann kämpfte ich eine Zeitlang mit dem Heimweh. Bis ich bemerkte, daß ich anfing, Ingleside zu mögen. Es gefiel mir mit jedem Jahr besser. Heute liebe ich jedes Zimmer, jedes hat seine Nachteile, aber auch seine Vorzüge – etwas, was es von all den andern unterscheidet und ihm Persönlichkeit verleiht. Und ich liebe diese wunderbaren Bäume vor dem Haus. Ich weiß nicht, wer sie gepflanzt hat, aber immer, wenn ich nach oben gehe, bleibe ich am Treppenabsatz stehen … du weißt schon, an dem komischen Fenster mit dem tiefen Sessel davor; dann setze ich mich hin und schaue einen Augenblick hinaus. Eigentlich stehen viel zu viele Bäume im Garten, aber ich könnte mich von keinem einzigen trennen.“

      „Genau wie Fred“, stimmte Diana zu. „Die große Weide vor dem Haus ist sein ein und alles, obwohl ich ihm schon so oft gesagt habe, daß sie die ganze Sicht aus dem Wohnzimmerfenster nimmt. Aber die Weide bleibt, wo sie ist. Schön ist sie ja, und nach ihr haben wir schließlich unser Haus ‚Weidenhof‘ getauft. ‚Ingleside‘ gefällt mir auch. Es klingt so gemütlich, so richtig nach Kaminfeuer“

      „Ja, das findet Gilbert auch. Wir haben ganz schön lange gebraucht, um einen geeigneten Namen zu finden. Ich bin froh, daß wir so ein hübsches, geräumiges Haus haben, denn jetzt brauchen wir den Platz wirklich. Die Kinder fühlen sich auch wohl darin, obwohl sie noch so klein sind.“

      „Deine Kinder sind wirklich süß“, bemerkte Diana und schnitt sich heimlich noch ein Eckchen von dem Schokoladenkuchen ab. „Meine sind natürlich auch nett, aber deine haben irgendwie was ganz Besonderes, und deine Zwillinge erst! Ich hätte gern Zwillinge gehabt.“

      Anne lachte. „Komisch, daß sich meine Zwillinge kein bißchen ähnlich sehen. Dabei sieht Nan so hübsch aus mit ihrem braunen Haar, ihren braunen Augen und ihrer zarten Haut. Di ist der Liebling ihres Vaters, weil sie grüne Augen und rotes Haar hat, noch dazu mit einem Wirbel. Shirley dagegen ist Susans Augapfel. Nach seiner Geburt war ich lange Zeit krank, so daß sie sich die meiste Zeit um ihn kümmern mußte. Mit dem Erfolg, daß sie ihn wie ihren eigenen Sohn behandelt. Sie verwöhnt ihn fürchterlich.“ Anne goß sich noch einen Becher Kaffee ein.

      „Und er ist noch so klein, daß er sich vor dem Schlafen von dir zudecken läßt“, sagte Diana neidisch. „Jack ist jetzt neun und will davon nichts mehr wissen. Er sagt, aus dem Alter wäre er raus. Dabei hab ich das immer so gerne gemacht! Ach, ich finde, Kinder wachsen viel zu schnell!“ Sie seufzte.

      Anne nahm Dianas Hand, und so saßen sie eine Weile glücklich beieinander, ohne etwas zu sagen. Allmählich legten sich die langen, stillen Schatten des Abends auf das Gras, die Sonne ging unter. und die Dämmerung breitete sich über Hester Grays Garten aus. Das Zwitschern der Rotkehlchen klang wie Flötenspiel. Über den blütenweißen Kirschbäumen tauchte plötzlich ein Stern auf.

      „Der erste Stern ist immer wie ein Wunder“, sagte Anne.

      „Ich könnte ewig so sitzen“, entgegnete Diana. „Ich mag gar nicht von hier weggehen.“

      „Mir geht es genauso, aber schließlich haben wir nur so getan, als wären wir noch mal fünfzehn“, meinte Anne energisch und raffte sich auf. „Wir dürfen nicht vergessen, daß wir eine Familie haben. Wie himmlisch der Flieder duftet! Ist dir schon mal aufgefallen, Diana, daß der Duft des Flieders etwas Betörendes hat? Gilbert lacht darüber, wenn ich das sage.“

      „Ich finde, er riecht zu stark für die Wohnung“, bemerkte Diana. Sie hob gerade den Teller mit den Resten des Schokoladenkuchens auf, warf einen sehnsüchtigen Blick darauf, schüttelte den Kopf und verstaute ihn dann mit tugendhafter Miene im Picknickkorb.

      Anne reckte sich und gähnte.

      „Stell dir mal vor, Diana, wie das wohl wäre, wenn wir auf dem Rückweg plötzlich unserem Ebenbild begegnen würden, so, wie wir früher waren?“ meinte sie dann.

      Diana schauderte bei dem Gedanken.

      „Ich glaube nicht, daß ich das lustig fände, Anne. Ich hab nämlich gar nicht bemerkt, wie dunkel es schon ist. Solange es hell ist, bin ich bereit, mir alles Mögliche vorzustellen, aber im Dunkeln…“

      Schweigend machten sie sich auf den Rückweg, während am Horizont der glühende Schein des Sonnenuntergangs langsam hinter den Hügeln verschwand.

      Kapitel 3

      Am nächsten Morgen besuchte Anne noch Matthews Grab und schmückte es mit frischen Blumen. Am Nachmittag nahm sie dann den Zug nach Hause. Während der Fahrt sehnte sie sich eine geraume Zeit zurück nach Green Gables, bis sie allmählich anfing, sich auf das zu freuen, was vor ihr lag: ihr Zuhause. Es war ein so fröhliches Haus, daß jeder, der über seine Schwelle trat, sich sofort darin wohl fühlte. Den ganzen Tag hörte man Lachen, Geschirrklappern, das Weinen und Plappern der Babys – dieser herrlichen kleinen Geschöpfe mit Lockenkopf und knuddeligen Beinchen; es war ein Zuhause, in dem immer kleine Feste gefeiert und kleine Geheimnisse ausgetauscht wurden.

      Anne zog noch einmal den Brief hervor, den ihr kleiner Sohn geschrieben hatte. Sie hatte herzlich darüber lachen müssen, als sie ihn am Abend zuvor den Leuten auf Green Gables vorlas: Es war der erste Brief, den sie überhaupt von einem ihrer Kinder bekommen hatte, und für einen siebenjährigen Jungen in der ersten Klasse war es schon ein ganz hübscher Brief, auch wenn natürlich nicht alles richtig geschrieben war und sich in einer Ecke ein dicker Tintenklecks befand.

      „Di hat die ganze Nacht geweint, weil Tommy Drew ihre Puppe anzünden wollte. Susan erzählt uns so schöne Gutenachtgeschichten, aber sie ist einfach nicht so wie du, Mami …“

      ‚Wie ist es bloß möglich, daß ich eine Woche lang ohne die Kinder glücklich sein konnte?‘ dachte Anne voller Selbstvorwürfe. Sie sah ungeduldig auf ihre Uhr.

      „Schön, daß du mich abholst!“ rief sie, als sie in Glen St. Mary aus dem Zug stieg und Gilbert sie in die Arme schloß. Sie konnte nie sicher sein, ob er am Bahnhof sein würde, denn wie oft wurde er zu einer Geburt gerufen oder zu einem Sterbefall. Um so schöner war es, wenn er tatsächlich einmal unerwartet Zeit hatte. Zusammen trugen sie das Gepäck zum Wagen.

      Die Veranda vor ihrem Haus war mit lustigen japanischen Lampions geschmückt, die ganz Ingleside erleuchteten. Anne eilte erwartungsvoll den Gartenweg hinauf, und kaum war sie an der Haustür angelangt, wurde sie von allen freudig begrüßt und bestürmt. Jedes der Kinder hatte ihr einen Blumenstrauß gepflückt, sogar Shirley mit seinen zwei Jahren.

      „Was Für ein netter Empfang! Ihr seht alle gut aus“, freute sich Anne und verteilte Küsse.

      „Wenn du das nächstemal von zu Hause fortgehst, Mami“, verkündete Jem mit ernster Miene, „dann krieg ich Appensitis.“

      „Wie willst du das denn anstellen?“ fragte Walter interessiert.

      „Psst!“ Jem stupste Walter heimlich in die Seite und flüsterte ihm zu: „Ich will sie doch bloß erschrecken, damit sie nicht mehr weggeht.“

      Anne war ganz aus dem Häuschen: Sie umarmte einen nach dem anderen, lief in die Dämmerung hinaus und sah nach ihrem Garten und lauschte dabei all den Neuigkeiten, die ihre Kleinen zu berichten hatten: Wie Papa alle Löwenzähne aus dem Garten gerupft hatte, wie Shirley sich im Stall unter einem Pferd versteckt hatte, wie Jem nicht aufpaßte und sich ohne Hose auf einen Fliegenfänger setzte-und wie Krabbe in die Regentonne fiel. „Er wäre fast ertrunken“, bekräftigte Susan. „Zum Glück hat ihn der Herr Doktor miauen hören und ihn noch rechtzeitig an den Hinterbeinen herausgezogen.“

      „Aber jetzt scheint es ihm wieder gutzugehen“, sagte Anne und meinte damit den glänzenden schwarzweißen Kater, der auf einem Kaminsessel lag und sich behaglich