Название | Wie ich Livingstone fand |
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Автор произведения | Henry M. Stanley |
Жанр | Путеводители |
Серия | Edition Erdmann |
Издательство | Путеводители |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783843802932 |
»Gute Nacht«, sagte ich, »ich will alles tun, was in der Menschenmöglichkeit liegt, und Gott wird bei einer Aufgabe, wie sie mir gestellt ist, mit mir sein.«
Ich brauche hier gar nicht aufzuzählen, was ich getan habe, ehe ich nach Zentralafrika ging: Ich zog den Nil hinauf, sah den Oberingenieur der Bakerschen Expedition, Herrn Higginbotham, in Phylae und verhinderte ein Duell zwischen ihm und einem tollen jungen Franzosen, der sich mit Herrn Higginbotham auf Pistolen duellieren wollte, weil er die Zumutung übel nahm, für einen Ägypter gehalten zu werden, obgleich er einen Fes trug. Ich habe mich mit Kapitän Warren in Jerusalem unterhalten und bin dort mit einem Unteringenieur in eine der Gruben gefahren, um die Merkzeichen der tyrischen Arbeiter auf den Grundsteinen des Salomonischen Tempels zu besehen. Ich habe die Moscheen von Stambul in Gesellschaft des nordamerikanischen Ministerresidenten und Generalkonsuls besucht, ich bin über die Schlachtfelder der Krim gereist, Kinglakes berühmtes Werk in der Hand; ich habe mit der Witwe des Generals Liprandi in Odessa gespeist; ich habe in Trapezunt den arabischen Reisenden Palgrave und in Tiflis den Zivilgouverneur des Kaukasus, Baron Nicolay, besucht; in Teheran bin ich mit dem russischen Gesandten zusammen gewesen, habe überall auf meiner Reise durch Persien die größte Gastfreundschaft von den Herren der Indo-Europäischen Telegraphen-Gesellschaft erfahren und nach dem Beispiel vieler berühmter Männer meinen Namen auf die Monumente von Persepolis eingeschrieben. Im Monat August 1870 kam ich in Indien an, am 12. Oktober fuhr ich auf der Barke »Polly« von Bombay nach Mauritius. Da die »Polly« ein langsames Schiff war, dauerte die Überfahrt 37 Tage. An Bord der Barke befand sich ein gewisser William Lawrence Farquhar aus Leith in Schottland als Erster Steuermann. Er war ein ausgezeichneter Schiffer, und da ich meinte, dass er mir von Nutzen sein könnte, nahm ich ihn in Dienst unter der Bedingung, dass sein Sold von dem Tag an gehen solle, wo wir von Sansibar nach Bagamoyo abreisen würden. Da ich keine Gelegenheit hatte, direkt nach Sansibar zu fahren, so ging ich zu Schiff nach den Seychellen. Drei oder vier Tage nach meiner Ankunft in Mahé, einer Insel der Seychellen, hatte ich das Glück, auf einem amerikanischen Walfischfahrer mit William Lawrence Farquhar und Selim, einem arabischen Christenknaben aus Jerusalem, der als Dolmetscher fungieren sollte, nach Sansibar zu segeln, in welchem Hafen wir am 26. Januar 1871 ankamen.
London, Oktober 1872 | Henry M. Stanley |
ERSTES KAPITEL
Es war am frühen Morgen, als ich durch den Kanal segelte, der Sansibar von Afrika trennt. In dem Morgengrauen wurden die Höhen des Festlandes gleich langen Schatten sichtbar; die Insel lag uns in einer Entfernung von nur einer Meile zur Linken und trat mit dem vorrückenden Tage aus den sie umhüllenden Nebeln allmählich hervor, bis sie endlich deutlich in Sicht war und so schön aussah wie das schönste Kleinod der Schöpfung. Sie schien niedrig, aber nicht flach zu sein, hin und wieder sah ich sanfte Höhen, die sich über den anmutigen Wipfeln der Kokosbäume erhoben, welche sich längs der Insel hinzogen. Auch wurden sie in angenehmer Weise durch Talsenken unterbrochen, welche andeuteten, wo diejenigen, die Schutz vor der heißen Sonne suchten, Kühlung finden könnten. Mit Ausnahme der schmalen Sandlinie, über die das saftgrüne Wasser in beständigem Gemurmel dahinrollte, schien die Insel ganz in Grün gehüllt. Auf dem herrlichen Spiegel der Meerenge befanden sich mehrere Dhauen, die rasch mit schwellenden Segeln der Bucht von Sansibar zueilten oder dieselbe verließen. Über dem Horizont des Meeres erschienen nach Süden zu die nackten Masten einiger großer Schiffe und östlich von diesen eine dichte Masse weißer Häuser mit flachen Dächern. Dies war Sansibar, die Hauptstadt der Insel, welche sich bald als eine ziemlich große, dicht gebaute Stadt enthüllte, an der man alle charakteristischen Merkmale der arabischen Baukunst erkennen konnte.
Mit aufrichtiger Höflichkeit und Gastfreiheit empfing mich der nordamerikanische Konsul, Kapitän Francis R. Webb (der früher in der nordamerikanischen Flotte gedient hatte). Ein Tag in Sansibar brachte mir meine Unwissenheit in Bezug auf das Volk und die Dinge Afrikas im Allgemeinen zum Bewusstsein. Ich bildete mir ein, ich hätte Burton und Speke ziemlich gut durchgelesen und folglich die Bedeutung, Wichtigkeit und Größe der Aufgabe, die ich übernommen hatte, erfasst. Aber meine auf Bücherweisheit gegründeten Schätzungen waren einfach lächerlich, die phantastischen Vorstellungen von den Reizen, die Afrika bietet, waren alsbald zerstreut, die Freuden, die ich vorausgesetzt hatte, verschwanden, und alle unreifen Vorstellungen nahmen eine bestimmte Gestalt an.
Ich spazierte durch die Stadt und verschaffte mir allgemeine Eindrücke. In dem reinlichen Stadtviertel sah ich krumme, enge Gassen, weiß getünchte Häuser, mit Mörtel gepflasterte Straßen. In dem Teil, den ich das Banyanenviertel nennen will, erblickte ich auf jeder Seite sehr vertiefte Alkoven, vor denen rot beturbante Banyanen saßen, und im Hintergrund dünne Baumwollstoffe, Kalikos, amerikanische und bedruckte Baumwollwaren und andere Gegenstände; auf den Fluren lagen Elfenbeinzähne dicht gedrängt; in dunklen Ecken Haufen von ungereinigter loser Baumwolle, Vorräte von Steingut, Nägeln, billigen Eisenwaren und Werkzeugen. Im Negerquartier rochen die Straßen sehr übel nach der gelben und schwarzen Bevölkerung, welche mit ihren Wollköpfen vor den Türen ihrer elenden Hütten schwatzend, lachend, feilschend und keifend saß. Der Geruch war ein Gemisch von Häuten, Teer, Schmutz, vegetabilischem Abgang, Exkrementen usw. Ich sah Straßen, die von großen, solide aussehenden Häusern mit flachen Dächern begrenzt wurden, mit großen geschnitzten Türen und Messingklopfern, vor denen Sklaven mit übereinandergeschlagenen Beinen saßen und den Eingang zu den Häusern ihrer Herren bewachten; eine seichte Seebucht, auf der sich Dhauen, Nachen, Boote und ein paar vereinzelte Bugsierdampfer befanden, welche auf dem von der Ebbe zurückgelassenen Schlammmeer seitlich übergeneigt dalagen.
Dem neuen Ankömmling sind die Muskataraber von Sansibar im höchsten Grade interessant. Sie haben eine gewisse Geschäftigkeit an sich, die man bewundern muss. Sie sind fast alle Reisende. Die Mehrzahl von ihnen ist oft schon in gefahrvollen Lagen gewesen, wenn sie in Zentralafrika eindrangen, um das kostbare Elfenbein zu bekommen, und dies sowie ihre reichen Erfahrungen haben ihrem Gesicht einen gewissen unverkennbaren Zug von Selbstvertrauen und Selbstgenügsamkeit gegeben; sie haben etwas Ruhiges, Entschlossenes, Trotziges, Unabhängiges an sich, welches jedem unbewusst Achtung abgewinnt. Die Erzählungen einiger dieser Leute könnten meines Erachtens Bände voll spannender Abenteuer füllen.
Der Banyane ist ein geborener Handelsmann, das Ideal eines schlauen, Geld verdienenden Menschen. Das Geld fließt ihm so natürlich in die Tasche wie das Wasser von einer Höhe hinab, und nie werden Gewissensbisse ihn daran hindern, seinen Nebenmenschen zu betrügen. Er übertrifft den Juden, und sein einziger Nebenbuhler auf dem Markt ist der Perser. Der Araber ist ein Kind dagegen. Es ist Geldes wert, ihn zu sehen, wie er mit aller Energie der Seele und des Leibes dahin arbeitet, den Eingeborenen selbst um die allerkleinste Geldsumme zu übervorteilen. Hat zum Beispiel der Eingeborene einen Elfenbeinzahn, der ein paar Frasileh wiegt, die Waagschale zeigt auch das Gewicht an, und der Eingeborene versichert aufs Feierlichste, dass es mehr als zwei Frasileh betragen müsse, so wird unser Banyane auf alle mögliche Weise behaupten und schwören, dass der Eingeborene nichts davon verstehe und dass die Waagschale falsch sei. Er nimmt seine ganze Kraft zusammen, um den Zahn aufzuheben. »Er ist ja so leicht, er wiegt nicht mehr