Die großen Herrscherinnen und Regentinnen. Dr. Barbara Beck

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Название Die großen Herrscherinnen und Regentinnen
Автор произведения Dr. Barbara Beck
Жанр Документальная литература
Серия marixwissen
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783843803816



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als Heinrich IV. durch die zeremonielle Schwertumgürtung am 29. März 1065 mündig wurde, ging Agnes nach Rom, damit sie ihr religiöses Lebensideal verwirklichen konnte.

      In Italien führte Agnes allerdings nicht nur ein Leben in frommer Buße, sondern sie unterstützte auch nachhaltig das Reformpapsttum. In ihrer Eigenschaft als Beraterin von Papst Alexander II. und von Papst Gregor VII. wirkte sie zum Teil sogar den Interessen ihres Sohnes Heinrich IV. entgegen. Auf drei Reisen nach Deutschland warb sie als päpstliche Spitzendiplomatin für das Reformpapsttum und dessen Kampf gegen Ämterkauf und Priesterehe. Die Förderung der Reformbewegung in den Klöstern lag Agnes ebenso am Herzen. In dem sich verschärfenden Investiturstreit, in dem es um die Einsetzung von Bischöfen durch den König ging, versuchte die Kaiserinwitwe 1074 zwischen Heinrich IV. und Gregor VII. zu vermitteln. Ausdrücklich lobte sie der Papst, auf dessen Seite sie sich gestellt hatte, für ihren Einsatz: „Wir wissen fürwahr, daß Ihr für den Frieden und die Eintracht der universalen Kirche vielfach tätig seid.“ Am 14. Dezember 1077 verstarb Agnes von Poitou in Rom, wo sie in einer Seitenkapelle des alten Petersdoms beigesetzt wurde.

      Mathilde von Tuszien

      * um 1046 in Mantua (?)

      † 1115 in Bondeno di Roncore

      Markgräfin von Tuszien

      1076 – 1115

      Der Name dieser einflussreichen Frau, die als Herrin über große Gebiete in Norditalien eine Schlüsselposition einnahm, ist aufs Engste mit dem Investiturstreit verknüpft. In diesem mit heftigen Mitteln geführten Machtkampf zwischen geistlicher und weltlicher Gewalt kam ihr als Bundesgenossin des Papstes eine wichtige Rolle zu.

      Mathilde war das einzige überlebende Kind des mächtigen Markgrafen Bonifaz von Tuszien, dessen Herrschaftsgebiet sich zu beiden Seiten des Apennin erstreckte, und von dessen zweiter Gemahlin Beatrix von Lothringen. Nachdem der Markgraf 1052 ermordet worden war, übernahm Mathildes Mutter die Regierung über die Markgrafschaft. Im Frühjahr 1054 vermählte sich Beatrix in zweiter Ehe mit ihrem Cousin Herzog Gottfried III. dem Bärtigen von Oberlothringen, womit Kaiser Heinrich III. zunächst nicht einverstanden war, da der Herzog mehrfach gegen ihn rebelliert hatte. Nach der Aussöhnung mit dem Kaiser und seiner Wiedereinsetzung als Herzog in Lothringen wurde Gottfried der Bärtige zu einem der maßgeblichsten Fürsten in Italien, da er nun wieder über die Markgrafschaft Tuszien und die Güter seiner Gattin verfügen konnte. Noch vor seinem Tod im Dezember 1069 arrangierte er aus dynastischen Gründen die Heirat seiner Stieftochter Mathilde mit seinem Sohn aus erster Ehe. Offenbar brachte die junge Erbin ihrem Ehemann Herzog Gottfried IV. von Niederlothringen, genannt der Bucklige, von Anfang an nicht viel Zuneigung entgegen. Nach der Geburt einer Tochter im Sommer 1071, die bloß kurze Zeit lebte, verließ Mathilde ihren Gemahl und kehrte zu ihrer Mutter nach Italien zurück. Zu einer Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft war sie nicht mehr zu bewegen. Ihre zerrüttete Ehe endete wenige Jahre später, als Gottfried im Februar 1076 einem Mordanschlag zum Opfer fiel. Als zwei Monate danach Markgräfin Beatrix starb, konnte Mathilde nicht nur erstmals allein über das große Familienerbe verfügen, sondern auch im Widerspruch zu allen Lehnsgewohnheiten über die Markgrafschaft Tuszien regieren. Da ihre Mutter sie bereits an der Verwaltung und Rechtsprechung beteiligt hatte, ging der Regierungswechsel problemlos vonstatten.

      Überschattet wurde Mathildes Regierungszeit von dem Investiturstreit, der sich 1075 an der Besetzung des Mailänder Bischofsstuhls entzündet hatte. Vorrangig ging es bei der Auseinandersetzung um die Einsetzung von Bischöfen durch den König. Aus päpstlicher Sicht stand dem Herrscher dies als einfachem Laien nicht zu. Nach den Vorstellungen der Kirchenreformer hatte lediglich die Wahl durch das jeweilige Domkapitel und die anschließende Bestätigung durch den Papst als einzig legitime Form der Bischofserhebung zu gelten. Das königliche Investiturrecht stellte im Reichskirchensystem der Ottonen und Salier allerdings einen wesentlichen Bestandteil der Reichsverfassung dar, da es das geistliche Amt eng mit der Ausübung weltlicher Macht verknüpfte. In dem rasch eskalierenden Streit zwischen König Heinrich IV. und Papst Gregor VII. fiel der Markgräfin zunächst eine Vermittlerrolle zu, da sie einerseits eine Cousine zweiten Grades von Heinrich war, andererseits sich dem Reformpapst Gregor religiös tief verbunden fühlte, was sie später dem Verdacht der „unkeuschen Liebe“ aussetzte.

      Nachdem Heinrich IV. den Papst 1076 durch eine Synode in Worms hatte absetzen lassen, wurde er seinerseits von Gregor mit dem Kirchenbann belegt und für abgesetzt erklärt. In dieser kritischen Situation entschloss sich Heinrich, zur Rettung seines Königtums nach Italien zu gehen, um die Auflösung des Banns zu erreichen. Er zog zu der Burg Canossa im Apennin, dem Stammsitz von Mathildes Vorfahren, wohin sich Papst Gregor VII. zurückgezogen hatte. Als Büßer harrte Heinrich IV. vom 25. bis zum 27. Januar 1077 barfuß vor den Burgtoren im Schnee aus, bis er vor allem dank der Intervention der Markgräfin die Lösung vom Kirchenbann durch Gregor erlangte. Laut der Überlieferung von Mathildes Biograf Donizo hatte der König angeblich seine Verwandte sogar kniefällig um ihre Fürsprache gebeten: „Mächtige Cousine, geh, erwirke mir den Segen.“

      Die Versöhnung zwischen Heinrich IV. und Papst Gregor VII. erwies sich als kurzlebig. Als der Investiturstreit 1080 wieder aufflammte, griff Mathilde mit eigenen Streitkräften zugunsten des Papstes ein, den sie auch finanziell unterstützte. Wegen der großen Unzufriedenheit unter ihren Vasallen, den Bürgern und Teilen des Klerus ihrer Markgrafschaft mit ihrem autoritären Regierungsstil brach jedoch zeitweilig ihre Herrschaft in ihren Stammlanden zusammen. Da sie Heinrich den ihm als Lehnsherrn geschuldeten Beistand verweigerte, wurde sie im Juli 1081 des Hochverrats für schuldig befunden. Die Reichsacht wurde über sie verhängt, alle Reichslehnen wurden ihr abgesprochen. Mathilde konnte sich trotzdem in den folgenden Jahren gegen Heinrich behaupten, der sich 1084 von dem Gegenpapst Clemens III. zum Kaiser hatte krönen lassen.

      Mathilde stand auch den reformorientierten Nachfolgern Gregors VII. im Vatikan nahe. Auf Wunsch von Papst Urban II. heiratete sie 1088 oder 1089 den über 25 Jahre jüngeren Welf V., den ältesten Sohn des von Heinrich IV. geächteten Herzogs Welf IV. von Bayern. Laut dem Chronisten Bernold von St. Blasien war der Zweck dieser Ehe, dass man dadurch „um so männlicher der heiligen römischen Kirche gegen die Exkommunizierten beistehen konnte“. In der Tat verbanden sich auf diese Weise die wichtigsten oberitalienischen und süddeutschen Verbündeten des Papstes in bedrohlicher Weise für den Kaiser. Das ungleiche Ehepaar lebte meistens getrennt voneinander, weil es sich bei dieser Verbindung in Wahrheit um eine Scheinehe handelte. Dieses politische Zweckbündnis zerbrach wenige Jahre später wieder, sowie sich die Hoffnungen der Welfen auf einen Machtzuwachs in Italien zerschlagen hatten. Nicht nur hatte Mathilde schon früher ihr gesamtes Eigengut in Italien und Lothringen der römischen Kirche für den Fall ihres kinderlosen Ablebens vermacht, sie war auch generell nicht gewillt, ihrem Gemahl irgendwelche Herrschaftsrechte zu überlassen. Nachdem sich Welf V. im Sommer 1095 von Mathilde getrennt hatte, versöhnten sich die Welfen wieder mit Heinrich IV. und erhielten Bayern zurück.

      Als Heinrich V. die Politik seines verstorbenen Vaters Heinrich IV. gegenüber dem Papsttum erneut aufnahm, mischte sich Mathilde nicht mehr zugunsten von Papst Paschalis II. ein, zu dem sie offenbar ein distanziertes Verhältnis hatte. Während der Kaiser den Reichsbann gegen sie aufhob, setzte sie ihn 1111 zum Erben ihres Hausguts ein, das sie eigentlich bereits der Kurie geschenkt hatte. Um diese Mathildischen Güter gab es daher nach ihrem Tod einen langen Streit zwischen Kaiser und Papst, bis Kaiser Friedrich II. 1213 den endgültigen Verzicht darauf erklärte.

      In ihren letzten Lebensjahren widmete sich die Markgräfin vor allem der Frömmigkeit. Nach ihrem Lebensende am 24. Juli 1115 wurde sie zunächst in der Kirche des Klosters San Benedetto di Polirone beerdigt. Auf Anordnung von Papst Urban VIII. wurden ihre Gebeine 1634 in den Petersdom nach Rom übertragen. Sie war die erste Frau, der diese Ehre zuteil wurde. Ihr von Gian Lorenzo Bernini entworfenes Grabmonument verherrlicht Mathilde mit barockem Pathos als kämpferische Schirmherrin des Papsttums.

      Eleonore von Aquitanien

      * um 1122 in Poitiers

      † 1204 im Kloster Fontevrault

      Herzogin