Название | Gesammelte Werke |
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Автор произведения | Фридрих Вильгельм Ðицше |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Gesammelte Werke bei Null Papier |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962815295 |
»Höre endlich auf! rief Zarathustra, mich ekelt lange schon deiner Rede und deiner Art!
Warum wohntest du so lange am Sumpfe, dass du selber zum Frosch und zur Kröte werden musstest?
Fliesst dir nicht selber nun ein faulichtes schaumichtes Sumpf-Blut durch die Adern, dass du also quaken und lästern lerntest?
Warum giengst du nicht in den Wald? Oder pflügtest die Erde? Ist das Meer nicht voll von grünen Eilanden?
Ich verachte dein Verachten; und wenn du mich warntest, – warum warntest du dich nicht selber?
Aus der Liebe allein soll mir mein Verachten und mein warnender Vogel auffliegen: aber nicht aus dem Sumpfe! –
Man heisst dich meinen Affen, du schäumender Narr: aber ich heisse dich mein Grunze-Schwein, – durch Grunzen verdirbst du mir noch mein Lob der Narrheit.
Was war es denn, was dich zuerst grunzen machte? Dass Niemand dir genug geschmeichelt hat: – darum setztest du dich hin zu diesem Unrathe, dass du Grund hättest viel zu grunzen, –
– dass du Grund hättest zu vieler Rache! Rache nämlich, du eitler Narr, ist all dein Schäumen, ich errieth dich wohl!
Aber dein Narren-Wort thut mir Schaden, selbst, wo du Recht hast! Und wenn Zarathustra’s Wort sogar hundert Mal Recht hätte : du würdest mit meinem Wort immer – Unrecht thun!«
Also sprach Zarathustra; und er blickte die grosse Stadt an, seufzte und schwieg lange. Endlich redete er also:
Mich ekelt auch dieser grossen Stadt und nicht nur dieses Narren. Hier und dort ist Nichts zu bessern, Nichts zu bösern.
Wehe dieser grossen Stadt! – Und ich wollte, ich sähe schon die Feuersäule, in der sie verbrannt wird!
Denn solche Feuersäulen müssen dem grossen Mittage vorangehn. Doch diess hat seine Zeit und sein eigenes Schicksal. –
Diese Lehre aber gebe ich dir, du Narr, zum Abschiede: wo man nicht mehr lieben kann, da soll man – vorübergehn! –
Also sprach Zarathustra und gieng an dem Narren und der grossen Stadt vorüber.
Von den Abtrünnigen
1
Ach, liegt Alles schon welk und grau, was noch jüngst auf dieser Wiese grün und bunt stand? Und wie vielen Honig der Hoffnung trug ich von hier in meine Bienenkörbe!
Diese jungen Herzen sind alle schon alt geworden, – und nicht alt einmal! nur müde, gemein, bequem: – sie heissen es »Wir sind wieder fromm geworden.«
Noch jüngst sah ich sie in der Frühe auf tapferen Füssen hinauslaufen: aber ihre Füsse der Erkenntniss wurden müde, und nun verleumden sie auch noch ihre Morgen-Tapferkeit!
Wahrlich, Mancher von ihnen hob einst die Beine wie ein Tänzer, ihm winkte das Lachen in meiner Weisheit: – da besann er sich. Eben sah ich ihn krumm – zum Kreuze kriechen.
Um Licht und Freiheit flatterten sie einst gleich Mücken und jungen Dichtern. Ein Wenig älter, ein Wenig kälter: und schon sind sie Dunkler und Munkler und Ofenhocker.
Verzagte ihnen wohl das Herz darob, dass mich die Einsamkeit verschlang gleich einem Wallfische? Lauschte ihr Ohr wohl sehnsüchtig-lange umsonst nach mir und meinen Trompeten- und Herolds-Rufen?
– Ach! Immer sind ihrer nur Wenige, deren Herz einen langen Muth und Übermuth hat; und solchen bleibt auch der Geist geduldsam. Der Rest aber ist feige.
Der Rest: das sind immer die Allermeisten, der Alltag, der Überfluss, die Viel-zu-Vielen – diese alle sind feige! –
Wer meiner Art ist, dem werden auch die Erlebnisse meiner Art über den Weg laufen: also, dass seine ersten Gesellen Leichname und Possenreisser sein müssen.
Seine zweiten Gesellen aber – die werden sich seine Gläubigen heissen: ein lebendiger Schwarm, viel Liebe, viel Thorheit, viel unbärtige Verehrung.
An diese Gläubigen soll Der nicht sein Herz binden, wer meiner Art unter Menschen ist; an diese Lenze und bunte Wiesen soll Der nicht glauben, wer die flüchtig-feige Menschenart kennt!
Könnten sie anders, so würden sie auch anders wollen. Halb- und Halbe verderben alles Ganze. Dass Blätter welk werden, – was ist da zu klagen!
Lass sie fahren und fallen, oh Zarathustra, und klage nicht! Lieber noch blase mit raschelnden Winden unter sie, –
– blase unter diese Blätter, oh Zarathustra: dass alles Welke schneller noch von dir davonlaufen! –
2
»Wir sind wieder fromm geworden« – so bekennen diese Abtrünnigen; und Manche von ihnen sind noch zu feige, also zu bekennen.
Denen sehe ich in’s Auge, – denen sage ich es in’s Gesicht und in die Röthe ihrer Wangen: ihr seid Solche, welche wieder beten!
Es ist aber eine Schmach, zu beten! Nicht für Alle, aber für dich und mich und wer auch im Kopfe sein Gewissen hat. Für dich ist es eine Schmach, zu beten!
Du weisst es wohl: dein feiger Teufel in dir, der gerne Hände-falten und Hände-in-den-Schooss-legen und es bequemer haben möchte: – dieser feige Teufel redet dir zu »es giebt einen Gott!«
Damit aber gehörst du zur lichtscheuen Art, denen Licht nimmer Ruhe lässt; nun musst du täglich deinen Kopf tiefer in Nacht und Dunst stecken!
Und wahrlich, du wähltest die Stunde gut: denn eben wieder fliegen die Nachtvögel aus. Die Stunde kam allem lichtscheuen Volke, die Abend- und Feierstunde, wo es nicht – »feiert.«
Ich höre und rieche es: es kam ihre Stunde für Jagd und Umzug, nicht zwar für eine wilde Jagd, sondern für eine zahme lahme schnüffelnde Leisetreter- und Leisebeter-Jagd, –
– für eine Jagd auf seelenvolle Duckmäuser: alle Herzens- Mausefallen sind jetzt wieder aufgestellt! Und wo ich einen Vorhang aufhebe, da kommt ein Nachtfalterchen herausgestürzt.
Hockte es da wohl zusammen mit einem andern Nachtfalterchen? Denn überall rieche ich kleine verkrochne Gemeinden; und wo es Kämmerlein giebt, da giebt es neue Bet-Brüder drin und den Dunst von Bet-Brüdern.
Sie sitzen lange Abende bei einander und sprechen: lasset uns wieder werden wie die Kindlein und »lieber Gott« sagen!« – an Mund und Magen verdorben durch die frommen Zuckerbäcker.
Oder sie sehen lange Abende einer listigen lauernden Kreuzspinne