Название | Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht |
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Автор произведения | Anne Hahn |
Жанр | |
Серия | C.F. Müller Wirtschaftsrecht |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811447066 |
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Technisch ist jedoch zwischen Web-TV bzw. Internet-Fernsehen im allgemein zugänglichen world wide web und IPTV zu unterscheiden. Das Web-TV nutzt die Streaming-Technologie in Form von Live-Streams, die zeitgleich mit den über andere Verbreitungswege verbreiteten Programminhalten im Internet jedem Nutzer zur Verfügung gestellt werden (z.B. Zattoo, Waipu, Apps der Sendeunternehmen, etc.). Trotz des notwendigen Aufbaus einer entsprechenden Verbindung zwischen dem Nutzer und dem Server, über welchen der Live-Stream zur Verfügung gestellt wird, handelt es sich bei Live-Streams um linear verbreitete Rundfunkangebote, da sie ohne zeitliche Verzögerung an die Allgemeinheit „gesendet“ werden. Davon zu unterscheiden sind Programminhalte, die auf Servern zum individuellen zeitversetzten, nicht-linearen Abruf zur Verfügung gestellt werden (z.B. Abrufinhalte in Mediatheken, Netflix, Maxdome, etc.); diese Abrufangebote werden in der Regel rechtlich als Telemedien qualifiziert. Für die Bereitstellung von Abrufinhalten wurden unterschiedlichste Begrifflichkeiten entwickelt, die meist nicht trennscharf verwendet werden. Audiovisuelle Abrufinhalte fallen grundsätzlich unter den technischen Oberbegriff Video-On-Demand (VoD), wobei aus wirtschaftlicher Sicht unter VoD in erster Linie Programmplattformen verstanden werden, die Programminhalte zum kostenpflichtigen Abruf bereitstellen; entweder Bezahlung je Film (Transactional VoD) oder monatliche Abonnements für eine Filmbibliothek (Subscriptional VoD). Mit dem Begriff „Catch-Up TV“ werden hingegen Inhalte bezeichnet, die meist noch 7 Tage nach der linearen TV-Verbreitung auf Video-On-Demand-Plattformen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Noch kürzer verfügbar sind Programminhalte beim sog. Instant Re-Start bzw. Start-Over, da bei dieser Abruffunktionalität ein bereits laufendes lineares Rundfunkprogramm nochmals von Anfang an gestartet werden kann, so lange die Sendezeit des Programms noch nicht beendet ist. Als „Podcasts“ werden hingegen in der Regel audiovisuelle Inhalte bezeichnet, die ähnlich wie Catch-Up-TV zum kostenfreien Abruf bereitgestellt werden. Erfolgte die Nutzung der Abrufinhalte bislang meist am Computer, ermöglichen die VoD Plattformen von Kabelnetzbetreibern und DSL-Anbietern sowie hybride TV-Geräte, die einen Internetzugang über Funkverbindungen aufbauen, oder Zusatzdienste wie Google-TV eine Verschmelzung zwischen Fernsehen und Internet, so dass das TV-Gerät immer mehr zu einem Bilddarstellungsgerät wird, auf dem die unterschiedlichsten Inhalte linear oder nicht-linear genutzt werden können. Das Web-TV bzw. die Videonutzung im Internet gewann auch wegen der komfortablen Zugriffsmöglichkeit über Apps in den letzten Jahren großen Zuspruch. Insgesamt zeigt sich der Trend zur meist komplementären Nutzung von internetbasierten Rundfunk und Video-On-Demand-Inhalten auch in der stetig steigenden Anzahl von interaktiven TV-Geräten, die mit dem Internet verbunden sind (sog. iDTV), wobei auch Laptops, Spielkonsolen, Streamingboxen etc. immer stärker genutzt werden.[93] Dieser Wachstumstrend setzt sich beständig fort, insbesondere bei jüngeren Nutzergruppen.
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Von diesen Formen des „Internet-Fernsehens“ ist der speziellere Begriff „IPTV“ abzugrenzen, der jedoch ebenso wenig ein legal definierter Begriff ist. IPTV ist die Bezeichnung eines Übertragungsstandards, der die Rundfunkverbreitung unter Verwendung des Internet-Protokolls ermöglicht. In der Praxis wird unter IPTV jedoch meist die lineare Verbreitung von Rundfunkprogrammen unter Nutzung des Internetprotokolls über DSL-Netze verstanden.[94] Die Einschränkung des Begriffsverständnisses auf die Übertragung über DSL-Netze ist jedoch grundsätzlich nicht zutreffend, da die Rundfunkübertragung unter Verwendung des Internetprotokolls auch über alle klassischen Verbreitungswege realisiert werden kann, und angesichts der technischen Konvergenz ist es in Zukunft nicht fernliegend, dass sich dieser IP-basierte Übertragungsstandard auch in den herkömmlichen Infrastrukturen durchsetzen wird.
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Anders als beim Web-TV werden im Rahmen des IPTV einem zuvor registrierten Nutzerkreis Rundfunkprogramme zugeleitet, wobei der Empfang über einen an das DSL-Modem angeschlossenen speziellen Decoder erfolgt, der die Darstellung der Programme auf dem Fernsehgerät ermöglicht. Die Programme werden von den Telekommunikationsunternehmen innerhalb der eigenen Infrastruktur nur in den zur Rundfunkübertragung reservierten Übertragungskapazitäten verbreitet. Hierbei wird die IP-Multicast Funktionalität verwendet, mit Hilfe derer ein Inhalt nicht mehr jedem einzelnen Nutzer gesondert zugesendet wird (Unicast), sondern es werden mehrere Nutzer in eine Gruppe zusammengefasst, der Inhalt nur einmal an diese Gruppenadresse gesendet und erst im letzten Netzknotenpunkt im DSLAM für mehrere Empfänger vervielfacht.[95] Durch das IP-Multicast werden große Mengen an Übertragungsbandbreiten eingespart und somit eine wesentliche Voraussetzung zur Realisierung von IPTV geschaffen. Trotz der Verwendung des IP-Multicast werden noch immer hohe Bandbreiten für die IPTV-Verbreitung benötigt. Deshalb können IPTV-Angebote in der Regel nur in Netzen vermarktet werden, die entsprechend hohe Übertragungskapazitäten von meist über 16 Mbit/s bereitstellen und dadurch einen ausreichenden Qualitätsstandard gewährleisten.[96] Die Übertragung von bandbreitenintensiven HD-Programmen über IPTV-Netze erfolgt in der Regel erst bei verfügbaren Bandbreiten von ca. 50 Mbit/s.
4.2 Rechtliche Rahmenbedingungen
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Telekommunikationsunternehmen, die über ihre DSL-Netze IPTV anbieten, werden gem. § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV als Plattformbetreiber qualifiziert und unterliegen der Plattformregulierung nach §§ 52 ff. RStV.[97] Auch im Bereich des Urheberrechts hat eine Gleichstellung zwischen den traditionellen Kabelnetzbetreibern und den Betreibern von DSL-Netzen eingesetzt, so dass die oben gemachten Ausführungen zu der urheberrechtlichen Regulierung von Breitbandkabelnetzen auf die Betreiber von DSL-Netzen übertragen werden können.
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Anbieter von Web-TV Angeboten, die über das offene Internet (www) verbreitet werden (z.B. zattoo), werden nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 RStV zwar als Plattformbetreiber qualifiziert, dennoch ist die spezifische Plattformregulierung der §§ 52 ff. RStV in der Regel nicht auf diese Plattformen anwendbar, da diese mangels marktbeherrschender Stellung nicht der Plattformregulierung unterworfen werden, § 51 Abs. 1 S. 2 RStV.[98]
5.1 Übertragungstechnik
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Durch die verbesserten Möglichkeiten der digitalen Datenkompression und der gleichzeitigen Ausweitung der digitalen Übertragungsbandbreiten im Bereich der terrestrischen Übertragungsnetze (UMTS, LTE und zukünftig 5G) sowie die noch immer steigende Nutzung von mobilen Endgeräten wie Smartphones oder Tablet PCs, die sich in besonderer Weise für die Darstellung audiovisueller Inhalte eignen, entsteht derzeit ein neuer wachstumsstarker Markt für mobile Nutzung audiovisueller Inhalte, die insbesondere über entsprechende Applikationen (Apps) abgerufen bzw. angesteuert werden. In diesem Zusammenhang gewinnt nicht nur die mobile Internetnutzung, sondern auch das Mobilfernsehen an Bedeutung. Beispielsweise werden die Rechte zur Übertragung der Fußball-Bundesliga auf mobile Endgeräte (web/mobile streaming) durch die DFL als gesonderte Rechtekategorie (sog. OTT-Rechte) verwertet. Mobilfernsehen bedeutet in diesem Zusammenhang die terrestrische Übertragung audio-visueller Inhalte auf mobile Endgeräte. Es handelt sich somit bei strenger Kategorisierung der Verbreitungswege um eine weitere Entwicklungsstufe des klassischen terrestrischen Fernsehens, wobei zur Programmübertragung in der Regel IP-Protokolle verwendet werden. Die EU-Kommission knüpfte im Zusammenhang mit „Mobile-TV“ hohe Erwartungen an die Eröffnung neuer Geschäftsfelder und an einen hohen Nutzen für die Verbraucher.[99] „Mobile-TV“ gilt als Wahrzeichen der langjährig beschworenen Medienkonvergenz, da hierdurch in besonders anschaulicher Form in einem Endgerät die Verbindung von Massenkommunikation (Fernsehen) und Individualkommunikation (Telefonie) realisiert wird. Das iPhone war hierbei zwischenzeitlich die Ikone dieser Konvergenzentwicklung. Der erste Schritt in Richtung mobile TV-Nutzung war jedoch bereits der Einbau von DVB-T-Empfängern in Laptops, wodurch diese portablen Geräte den Programmempfang fernab stationärer Empfangsantennen ermöglichten – sogar beim Autofahren kann der Fernsehempfang über DVB-T unter Einschränkungen genutzt werden. Die konsequente Weiterentwicklung